Montag, 23. Dezember 2019

Eine erschütternde Begegnung

Roman über eine Banater Schwäbin


Gerda von Kries: Verena Enderlin, Wanderschaft und Heimkehr; Roman, Herausgegeben von der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Kreisverband München, 1996, 320 S., DM 28,--; Bestellung: Kreisverband München der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Sendlinger Straße 46/I, 80331 München

Soeben ist ein Mensch in mein Leben getreten, der mich wohl noch lange begleiten wird. Eine Frauengestalt offenbart sich mir, die in ihrer Einfachheit und unverfälschten Gefühlswelt in der Literatur ihresgleichen sucht. Verena Enderlin erhebt sich aus einer Zeit, als die Menschen noch weniger als heute wußten, wie ihnen geschieht. Sie konnten die politischen Entscheidungen der Mächtigen nicht nachvollziehen und kannten kein Mitbestimmung einforderndes Aufbegehren. Ihre einzige Hoffnung lag in ihrem unerschütterlichen Gottvertrauen, aus dem sie die Kraft für Schicksalsschläge schöpften, denen wir „moderne“ Menschen heute kaum noch gewachsen wären.
Man sucht nach dem Lesen des Romans Verena Enderlin von Gerda von Kries unwillkürlich nach vergleichbaren Romanfiguren, deren gescheiterte Entwurzelungsversuche aus der heimatlichen Scholle schon immer als Begleiterscheinung geschichtlicher Umwälzungen in Erscheinung traten, und stößt dabei auf Namen wie Grigori Melechow aus Michael Scholochows Der stille Don, Wang Lang aus Pearl S. Bucks (Nobelpreis 1938) Die gute Erde oder auf Achim Moromete aus Marin Predas Delirul (Delirium). Nun hängt es aber wesentlich davon ab, ob der nach Vergleichen Suchende aus rein literarischem und / oder geschichtlichem Interesse Bücherregale durchstöbert, oder ob er bereits zu irgendeinem der Gestalten ganz unbewußt eine emotionale Beziehung aufgebaut hat. Wenn ihm dies widerfahren ist, wird er von dem Schicksal seines Helden so erschüttert sein, daß jeder angestrebte – womöglich auch noch objektive – Vergleich zum Scheitern verurteilt ist. In den Vordergrund rückt die Einzigartigkeit der vom Leser verinnerlichten Romanfigur, die man liebt oder haßt, mit der man leidet und sich freut …
Sich freut? Mit Verena Enderlin kann man sich wenig freuen. Ihr Leben war eine Passion und die unergründbarsten Tiefen ihres Leidens sind eine Kurzfassung unseres donauschwäbischen Werdens und Vergehens. Die Frau aus dem malerischen Schwarzwald an der Schweizer Grenze ist mit Mann und Kindern zur Zeit Maria Theresias ins ferne Banat aufgebrochen, um ein menschenwürdigeres, vom Bettelstab unabhängiges und von der Arbeit der eigenen Hände gestaltetes Leben zu führen. Sie ist gescheitert.
„Umsonst?“ lautet die Überschrift des 21. Kapitels. Nein, können wir heute sagen, denn wir sind. Aber Freude empfinden wir ebenso wenig wie Verena Enderlin. Das materielle Werk unserer Väter ist bereits mit einer anderen Farbe übertüncht und ihr geistiges Erbe erleichtert lediglich unser augenblickliches Identitätsempfinden, das unschwer im 22sten, und letzten, Kapitel dieses Romans nachzuvollziehen ist: „Die Heimkehr“.
Da sind die Augen längst feucht. Und was sich dann entlädt, kann nur Heimweh sein, das so hartnäckig in uns wurzelnde und nur oberflächlich verdrängbare Gefühl. Aber das ist ja nur ein Roman, tröstet man sich zum Schluß, um dann im Nachwort erschüttert zu erfahren, daß Gerda von Kries (1901 – 1973) Dichtung und Wahrheit sehr eng miteinander verknüpft hat.
Nun lege ich den Bleistift hin, ohne die bereits im Ansatz zum Mißraten verurteilte Rezension überhaupt richtig begonnen zu haben. Was müßte denn da drin stehen? Vielleicht etwas von Sentimentalität, von zum Glück nur wenigen Sätzen, die in ein Geschichtsbuch gehören, vom bedauerlichen Fehlen einer ISBN-Nummer, von … Alles verblassende Nebensächlichkeiten neben der heroischen Frau aus dem Hotzenwald, die, dank dem mit offenen Augen und Ohren immer wieder durch die deutschen Lande reisenden Banater Schwabe Franz Andor, dem Vergessen entrissen und unserem Gemüt zugeführt wurde.
Mark Jahr

aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 22. Juni 1997

Donnerstag, 19. Dezember 2019

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 133

Dreimol gewannert is so vill wie oomol abgebrennt.

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Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)

Dienstag, 10. Dezember 2019

Preisträger des Festivals


m.v. Temeswar. - Das Temescher Zentrum für die Anleitung des Volkskunstschaffens gab Montag die Preisträger der dritten Ausgabe des Landesfestivals Cîntarea Românieibekannt. Hervorzuheben wäre dabei die Tatsache, dass gleich zwei Jahrmarkter Kapellen ausgezeichnet wurden. Einen ersten Preis erhielt die Jugendblaskapelle unter Leitung von Prof. Hans Kaszner, und ebenfalls ein erster Preis ging an das Unterhaltungsmusikorchester unter Prof. Mathias Loris. Die Loris-Kapelle wurde desgleichen mit einem zweiten Preis beim Wettbewerb für Blasmusik ausgezeichnet. Beim Landeswettbewerb der Chöre wurde dem Franz Schubert-Chor des Temeswarer Jugenhauses unter Dirigent Adrian Nucă-Bartzer ein zweiter Preis zuerkannt. Beim Wettbewerb für literarisches Schaffen wurde NW-Redakteur Franz Engelmann für sein 1980 im Facla Verlag erschienener Band Subjektive Berichte ein erster Preis verliehen.

aus NEUER WEG, Bukarest, 3. November 1981

Dienstag, 3. Dezember 2019

„Eurosound“ spielt moderne und volkstümliche Tanzmusik

Die Rationalisierungswelle in der Wirtschaft hat längst schon andere Bereiche unseres Gesellschaftslebens infiziert. Restrukturierungsmaßnahmen wirbeln auch die Besetzungen der Tanzkapellen gehörig durcheinander.
Im September vergangenen Jahres spielte Sepp Werner mit seinen sieben Mann und eine Frau starken Lustigen Musikanten bei der Kerweih der Banater Schwaben in Ingolstadt. Heute leitet der aus Baumgarten stammende und seit 1973 als Profimusiker durch die deutschen Lande ziehende Landsmann ein Tanzmusikquartett. Werner spielt Trompete, Saxophon, Posaune und Gitarre. Mit seinem Lieblingsinstrument, dem Akkordeon, hat er schon in Bukarest einen Solistenwettbewerb gewonnen. Mit Hochachtung und Dankbarkeit erzählt Werner heute noch von seinem Saderlacher Musiklehrer Hans Pinkhardt.
FotoQuelle: BANATER POST
Seine neuen Musikpartner sind Michael Reinholz (geb. in Sanktanna, spielt Klarinette, Saxophon und singt), Georg Werner Hermann (Schäßburg – Geige, Trompete, Panflöte – als Musiklehrer laut Werner für die Band sehr wichtig), und der in Paris geborene Musiklehrer Michael Wiechtert (Gitarre, Gesang).
Als erfahrener Mann im Showgeschäft weiß Sepp Werner sehr wohl, was gerade „in“ ist. Darum steht Eurosound auch oft mit Mara Kayser, der nach wie vor berühmtesten „Saarländerin“, die sogar live gut singen kann – was in der volkstümlichen Unterhaltungsbranche nicht unbedingt die Regel ist -, auf der Bühne.
Wer Eurosound hören will, sollte nicht lange zögern und die Band verpflichten, denn die Kurzlebigkeit feiert auch in den von unseren Landsleuten dominierten Tanzkapellen fröhliche Urstände.
Anton Potche

aus BANATER POST, München, 5. Juni 1997

Dienstag, 19. November 2019

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 132

Do sitzt a Rosestock zwische zwaa Misthaufe.

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Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)

Dienstag, 12. November 2019

Galakonzert der „Pipatsch“-Kür

Rund 2000 schwäbische Blasmusikfans trafen sich bei der von der NEUEN BANATER ZEITUNG veranlassten Großveranstaltung in der Temeswarer Olympiahalle / Diplome für die bestplatzierten Kapellen 

ES – Temeswar. Zu einem der attraktivsten Banater schwäbischen Blasmusikkonzerte der letzten Jahre hatten sich am Samstag rund 2000 Zuschauer aus allen Ecken und Enden der Heide und Hecke eingefunden. Die Temeswarer Olympiahalle konnte sie beinahe nicht alle fassen, die da gekommen waren, zu hören und zu sehen. Das ist weiter nicht verwunderlich, durften sie doch erwarten, daß ihnen in dieser Galavorstellung nach der NBZ-“Pipatsch“-Kür der beliebtesten Banater Kapellen und Orchester das beste in Sachen Blas- und Unterhaltungsmusik geboten werden wird. Und sie wurden auch nicht enttäuscht. Den Liebhabern des Genres wurde in vieler Hinsicht ein wahrer Ohrenschmaus geboten. Die Begeisterung der Leute hing aber auch mit der Vorgeschichte und der Veranlassung des Konzerts zusammen, hatten doch viele der Anwesenden sich selbst an der großen Pipatsch-Kür beteiligt, für die über 182.000 Kupons eingeschickt worden waren.
Den Auftakt des Konzertes bildete der Auftritt der an fünfter Stelle platzierten Rudi-Hellner-Kapelle aus Maschlok, in deren Schlagerprogramm Rudi Hellner, Erwin Altenbach und Reinhard Altenbach als Gesangsolisten mitwirkten. Auf volkstümliche Weisen, Walzer und Polkas ausgerichtet war die Darbietung der Peter-Pohl-Kapelle aus Neupetsch (IV. Platz); nach ihrem Auftritt überreichten fünf schmucke Mädchen in schwäbischer Ortstracht einen großen Blumenkorb – rote Nelken – und erhielten vom Publikum einen Extrabeifall. Als Solisten der Kapelle traten Orchesterleiter Pohl und Richard Anheuer auf. Die Temeswarer Anni-Hann-Kapelle (III. Platz) spielte einschmeichelnde Schlager, wobei neben Anni Hann, Matthias Konnerth, Nikolaus Sauer und Alfred Hann als Sänger mitwirkten. Der II. Teil des Konzerts wurde von der Jahrmarkter Loris-Kapelle eröffnet, die unter Leitung ihres Dirigenten Prof. Matthias Loris ihrem Programm mit stilvollen Bearbeitungen von Tschaikowskis Fedora-Ouvertüre und deutschen Volksliedern, von Walzern, Polkas und Märschen Glanz verlieh. Die von ihren Fans auf den ersten Platz gebrachte, ebenfalls aus Jahrmarkt kommende Hans-Kaszner-Kapelle hatte in ihrem auf gediegene Unterhaltung ausgerichteten Repertoire u. a. die Konzert-Polka Die Teufelszunge mit Helmuth Kaszner als Trompetensolist, ein Walzerlied, wobei sich als Gesangssolisten, neben Kapellmeister Kaszner, Annemarie Schneider, Eva Picklor und Josef Stritt hören ließen, und das Dixieland-Stück Register Show.
Ein Moment der Spannung entstand im Saal, ehe man zur Preisverleihung schritt. Welche Bürde wurde da in vier großen Nylonsäcken angeschleppt? Bald stellte es sich heraus – es handelte sich um die Riesenmenge der Kür-Zettel, die von Fans an die NBZ eingeschickt worden waren. Die Kupons wurden vor den Zuschauern ausgebreitet und man ging zur Ziehung über, die NBZ-Redakteur Mirko Srimpl, alias Simpl Mischko, vornahm, der Mann, der bei der Zeitung die große Kür-Aktion durchgeführt hatte. Folgende Gewinner – die fünf Kapellmeister erhielten je eine Preis-Urkunde und einen Blumenkorb seitens der NBZ – wurden aus den Reihen der Kür-Teilnehmer ausgelost: Erna Jost, (Jahrmarkt, Nr. 148), Melitta Mathis (Jahrmarkt, 171), Renate Klein (Paratz 285) erhielten je eine Kassette mit schwäbischer Volksmusik; Willi Bild (Jahrmarkt 111), Edith Schulz (Gottlob 369), Harald Steigerwald (Schag 2) bekamen je ein Abo für die DSTT-Premieren der Spielzeit 1981/82 und mögen beim Theater ihrer Preise wegen vorsprechen; Heinrich Eckert (Jahrmarkt 1012), Marie Teubert (Jahrmarkt 596), Regina Mickl (Petroasa Mare 30), Maria Raitar (Temeswar), Johann Nix (Jahrmarkt 136), Mariechen Wolf (Morawitza 362), Claudia Kilzer (Temeswar), Erika Andree (Deutschbentschek 156), Theresianne Schönauer (Reschitza), Erich Seibert (Wojteg 128) Freikarten, mit denen sie an sämtlichen Konzerten der fünf Gewinner-Kapellen teilnehmen können; die nicht behobenen Gewinne liegen beim Deutschen Staatstheater vor. Außerdem wurden an Vertreter des Publikums sieben Buchpreise vergeben.
Durch das stimmungsvolle Programm führten uns die Schauspieler Ildiko Jarcsek-Zamfirescu und Peter Schuch, wobei u. a. auch Einblicke in die Geschichte der einzelnen, am Konzert beteiligten Kapellen gewährt und anlässlich der Kür eingelaufene Fan-Zuschriften verlesen wurden. Das ansprechende Bühnenbild mit einer Pipatsch im Scheinwerferlicht gestaltete Ferenc Kovacs.
Des großen Andrangs wegen wird diese vom Temescher Kreisrat der deutschen Bevölkerung, von der NBZ und dem Deutschen Staatstheater Temeswar organisierte Veranstaltung am 7. November in der Olympiahalle wiederholt und für die Bukarester deutsche TV-Sendung auch gefilmt.

aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 3. November 1981

Dienstag, 5. November 2019

Ein verdienstvoller Landsmann

Franz Hoch feierte den 75.
Ingolstadt. – „Ich kenne alli Schwowine do in Pforzheim, d han ich kenne gelernt do in dr Kirich, im Alteklub, dart war Kaffee-Nomitaa“, hat die Traunauerin Theresia Andree 1991 dem Heimatkundler Walther Konschitzky erzählt.
Wer unter die Leute geht, erlebt ein ganz anderes Daseinsempfinden als ein Stubenhocker. Er entwickelt durch seine Kontakte zu anderen Menschen unbewußt Abwehrkräfte gegen eigene Schicksalsschläge und schafft immer wieder einen Neuanfang, der seinem Leben einen Sinn gibt.
Traunau war anscheinend ein guter Boden für diesen selbstbewußten Menschenschlag, denn Franz Hoch ist ein Traunauer, der sein Lebtag gerne unter die Leute ging. Er könnte die Aussage seiner Landsmännin mit gutem Gewissen auch für sich in Anspruch nehmen: Ich kenn fast alli Schwowine und Schwowe do in Ingolstadt. Bei Franz Hoch klingt dieser Anspruch aber, seinem frohen Naturell entsprechend, so: „Des ganzi Geld, wu unser Ingolstädter Schwoweverein in seiner Kassa hat, is dorch mei Hänn dort nin kumm.“
Recht hat er, denn seit 1974 sitzt der „Hochs Vetter Franz“ mit jeweils einem seiner „Kassakollegen“ an den Türen der Säle, in denen die Ingolstädter Banater Schwaben ihre Veranstaltungen abhalten, um die „Unkostenbeiträge“ einzusammeln. Er kann darum nicht nur fix und schnell rechnen, sondern er kann auch gut erzählen; und Klagetöne sind dabei nur selten zu vernehmen.
Am 22. Januar 1922, noch vor dem ersten Hahnenschrei – er behauptet, es ganz genau zu wissen -, um 0:30 Uhr erblickte Franz Hoch in Traunau im rumänischen Banat das (Kerzen)Licht der Welt. Er war der erste Sohn des Wagnermeisters Franz Hoch und dessen Gemahlin Katharina, geb. Stroh.
Nach dem Besuch der Volksschule in Traunau erlernte Franz Hoch in Arad das Schneiderhandwerk. Ebenda arbeitete er bis zu seiner Einberufung zum rumänischen Militär (1943) als Schneidergeselle. Die Ausübung dieses Berufes brachte ihn in Berührung mit Menschen verschiedener Nationalitäten.
Im Juni 1943 wurde Franz Hoch in die deutsche Nordlanddivision eingereiht. Er hatte Glück und überlebte Fronteinsätze in Serbien und Rußland. Am 9. Mai 1945 geriet er im Umland von Prag in russische Gefangenschaft. „Wie mei Kumrade un ich vun om Kontrollgang zrick kumm sin, war nimand meh do“, erinnert er sich an jene Augenblicke des gleichzeitigen Endes und Neubeginns.
Die Russen waren plötzlich überall und Franz Hoch landete schließlich in einem Kriegsgefangenenlager im ungarischen Baja. Und siehe da, der Franz wurde erkannt. Kein Geringerer als der Lagerarzt war einer jener Ungarn, mit denen der junge Schneidergeselle Hoch in Arad Bekanntschaft geschlossen hatte. Das folgende Geschehen gehört in die in jener Zeit schon fast vergessene Charaktersparte Edelmut. Der Kriegsgefangene Franz Hoch war plötzlich schwer krank und wurde nicht in einen Rußlandtransport gedrängt, sondern nach Rumänien entlassen.
In Traunau folgte erst mal das damals für viele Kriegsheimkehrer übliche Versteckspiel vor der rumänischen Gendarmarie. Dieser anfänglichen Unsicherheit nach dem Krieg ist es auch zuzuschreiben, daß Franz Hoch nicht mehr seinen Schneiderberuf weiter in Arad ausübte, sondern auf den Feldern Traunaus sein Aus- und Einkommen suchte.
Im Jahre 1949 heiratete er die Traunauerin Anna Plantsche. 1962 gelang dem Ehepaar die Ausreise nach Österreich zu Franz Hochs Bruder, und von dort die Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland. Ingolstadt wurde ihre zweite Heimat.
Franz Hoch fand schnell eine Anstellung in der Hausdruckerei der Firma Auto Union (heute Audi AG). „Ich han alle große Herre in der Firma gekennt un han forr so manche Landsleit e gutes Wort ingeleet“, erzählt der im direkten Umfeld der damaligen Vorstandschaft als eine Art „Unterlagenkopierer“ arbeitende Traunauer.
1981 ging Franz Hoch in Rente. Vier Jahre später starb seine Frau. Ein schwerer Schlag, aber der nun aus familiärer Sicht Alleinstehende hatte einen intakten Verwandtschafts- und Bekanntschaftskreis. Er ist Gründungsmitglied der Vereinigung der Banater Schwaben e. V. und ist heute noch als „Kassamann“ und Fahnenträger aktiv. Auch das Kegeln mit Landsleuten erleichterte ihm das häusliche Alleinsein.
Seit 1987 ist Franz Hoch mit der aus Jahrmarkt stammenden Elisabeth Loris verheiratet, eine Frau, die die ehrenamtlichen Tätigkeiten ihres Gatten voll unterstützt.
Die Ingolstädter Schwowe winsche em Hochs Vetter Franz zu seinem 75. Geburtstag vill Gsundheit un weiterhin vill Ausdauer, wann des ah bedeit, daß se an der Kassa ehre Brieftasche ufmache misse.“

Mark Jahr

aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 11. Mai 1997

Dienstag, 29. Oktober 2019

Dienstag, 22. Oktober 2019

„Pipatsch“-Konzert in der Olympiahalle

HS – Temeswar. Die NEUE BANATER ZEITUNG und der Temescher Kreisrat der Werktätigen deutscher Nationalität veranstalten in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Staatstheater Temeswar am 31. Oktober, 19 Uhr, in der Temeswarer Olympiahalle das „Pipatsch“-Galakonzert. Das großangelegte Blas- und Unterhaltungsmusikkonzert, das von einem Team des Rumänischen Fernsehens für die deutsche TV-Sendung aufgezeichnet wird, bestreiten folgende fünf Orchester des Banats, die nach einer NBZ-Umfrage (182.000 Stimmen) als beliebteste hervorgingen: die Kapellen unter der Leitung von Hans Kaszner und von Matthias Loris (beide Jahrmarkt), Anni Hann (Temeswar), Peter Pohl (Neupetsch) und Rudi Hellner (Maschlok). Die Regie des Abends hat Josef Jochum vom Temeswarer Deutschen Staatstheater übernommen. Ansager sind Ildiko Jarcsek-Zamfirescu und Peter Schuch. Die Eintrittskarten (zu 20, 16 und 13 Lei) werden am 22. Oktober l. J. bei der Theateragentur (Unterführung) in Verkauf gesetzt. Die Kasse ist Wochentags, von 10 bis 13 und von 17 bis 19 Uhr, geöffnet.




aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 
Oktober 1981

Dienstag, 15. Oktober 2019

Zwischen den Diktaturen

Ein wegweisendes Buch über Leben und Werk 
Sr. Hildegardis Wullfs
Schwester Hildegardis – Weg, Werk und Vermächtnis – vom Wirken einer deutschen Ordensfrau im Banat. Herausgegeben von der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Landesverband Bayern, 1996; DM 16,- plus Versandkosten.

Wohl wissend, daß von einem aus der Diaspora ins Mutterland heimgekehrten Volksstamm langfristig nur die in Büchern, Zeitungen, Filmen, Lp-CD-MCs, CD-Roms und anderen neuen, noch nicht geborenen Datenträgern gespeicherten Daten unserer Nachwelt übermittelt werden können, bemühen sich alle Landsmannschaften bereits seit den 50er Jahren, ihr kulturelles und zivilisatorisches Schaffen außerhalb des heutigen deutschen Sprachraums zu konservieren. Biographien bedeutender Frauen und Männer spielen in der langen Veröffentlichungsreihe eine bedeutende Rolle, befördern doch gerade sie oft Hintergrundwissen, das den Erlebnisgenerationen weitgehend vorenthalten wurde und heute den noch Interessierten oder schon ihren Nachkommen ganz neue Blickwinkel zugänglich macht.

Der Landesverband Bayern der Landsmannschaft der Banater Schwaben hat jetzt einen Band über Die Liobaschwester dr. Hildegardis Wulff veröffentlicht, der in diesem Kontext etwas Licht in eine Zeit bringt, die lange von rumänischer Seite durch gezielte staatliche Desinformation oder verordnetes Totschweigen verschleiert wurde, aber wegen einer gewissen Scheu der Landsmannschaft vor schmerzlicher Vergangenheitsbewältigung auch hierzulande weitgehend im Dunkel schlummerte. Dabei gibt es doch besonders bei der mittleren Aussiedlergeneration der Banater Schwaben einen großen Nachholbedarf an Informationen über die Situation ihres Volksstammes in der Zwischenkriegszeit. Was die heute 40- bis 50-Jährigen aus Geschichtsschulbüchern erfuhren, war oft die reinste Volksverdummung.
Das vorgelegte Buch, ein Hardcover mit 220 Seiten, reich bebildert, mit Zeittafel sowie Personen- und Ortsnamensverzeichnis versehen, ist aber keine Lebensbeschreibung im herkömmlichen Sinn, sondern eher eine Sammlung von Vorträgen, biographischen Skizzen, Zeitdokumenten, Erinnerungen und Briefen. Sie alle bilden jedoch nur eine Informationshülle, in die der „Canadische Brief“ von den Redakteuren Nikolaus Engelmann, Franziska Graf, Peter Krier und Eduard Schneider eingebettet wurde.
Diesen autobiographischen Brief schickte die einstige Priorin des Klosters der Kongregation der Benediktinerinnen von der heiligen Lioba in Temeswar, Sr. Dr. Hildegardis Wulff, im Jahre 1960 aus Kanada an ihre Mitschwestern im Mutterkloster der Benediktinerinnen v. d. hl. Lioba in Freiburg. Das erschütternde Dokument vermittelt nicht nur Weg, Werk und Vermächtnis einer deutschen Ordensfrau im Banat, sondern es öffnet den Vorhang vor einer Epoche, in der sich das endgültige Schicksal der Banater Schwaben zu besiegeln begann.
Sr. Dr. Hildegardis Wulff (*1896 in Mannheim, †1961 in Freiburg) kam 1927 ins Banat, aber nicht um zu belehren und zu bekehren, sondern um Mädchen und Frauen so zu erziehen, damit sie „ganz volksverbunden, dem angestammten, altehrbaren Bauerntum nahe aufwachsen“.
Was die engagierte Schwester im Banat vorfand, ließ ihre literarische Ader noch 33 Jahre später heftig pulsieren: „Die Dörfer haben nichts von der malerischen Schönheit altfränkischer oder der Dörfer in Tirol oder im Schwarzwald. Aber, wie sie so breit dahingestreckt und weit ausgebreitet in der fruchtbaren Ebene lagen, hatten sie teil an dem ungemeinen Reiz dieser sehr starken südöstlichen Landschaft: dem unendlichen Himmel, der im Sommer wolkenlos, dunkelblau von Weltanfang bis zum Weltende reichte, so daß man, auf der breiten, geraden Dorfstraße stehend, die ins Land hinausführte, denken konnte, der breite Weg führe direkt in den Himmel, da sich ganz fern Horizont und Erde begegneten.“
Das religiöse und moralische Rückgrat einiger deutscher Bevölkerungsschichten vor Ort konnte die vielseitig gebildete und vorausschauende Klosterfrau aber nur beunruhigen: „Als ich später, einer Einladung folgend, zwei Bauernhäuser in Billed besichtigte, fand ich großen Wohlstand und Sauberkeit, prächtiges Vieh, schöne Möbel, aber weder eine Bibel noch ein Gesang- oder Gebetbuch in den Häusern. […] Eine große Zahl Priester, welche ich 1927 traf, stand noch ganz unter dem Eindruck vergangener Zeiten, in welchen die katholische Geistlichkeit, von der Habsburgischen Krone in Ungarn reichst dotiert, sich als die ersten Diener Ungarns betrachteten und eine geistige Vasallität zwischen dem Ungarntum und dem Klerus mit Gewalt auch jetzt noch aufrecht zu erhalten trachteten, als das Banat und Siebenbürgen längst durch den Vertrag von Versaille und die kluge Politik Titulescu’s an Rumänien gekommen waren. […] Die >deutschen Ärzte< des Banates waren ebenfalls in eine recht traurige Sackgasse geraten; krassester Materialismus und die Sucht nach immer besserem Leben, prunkvolleren Häusern und noblem Auftreten der Familie war bei recht vielen unter ihnen höchst bedauerlich.“
Die eher deprimierende Situation hat die volksnahe Ordensfrau zu schier übernatürlichen Leistungen auf dem Gebiet der sozialen Fürsorge und der geistigen Wegweisung im Sinne der christlichen Lehre motiviert. „Kein Bazill verbreitet sich so schnell, so hemmungslos wie die Ansteckungsstoffe geistiger Epidemien.“
Was dem nationalsozialistischen „Bazill“ nicht gelang, - „Mir drohte man ernstlich mit der Verbringung ins Lager nach Dachau.“ – vollbrachte der kommunistische. Um die mit außergewöhnlicher Rhetorik begnadete und von den Banater Schwaben überaus geschätzte und geliebte Priorin mundtot zu machen, zerstörten die rumänischen Stalin-Handlanger ein durch seine kurze Entstehungszeit bis dahin beispielloses Aufbauwerk eines katholischen Ordens in Südosteuropa. Sr. Dr. Hildegardis Wulff mußte neun Jahre lang für ihr selbstloses Wirken im Zuchthaus büßen.
Die längst zur rumänischen Staatsbürgerin gewordene Priorin war nach 1944 den kommunistischen Machthabern weniger durch die staatseigene atheistische Doktrin, als vielmehr wegen ihrem außerklösterlichen Einsatz für die über Nacht zu Staatsfeinden deklarierten Banater Schwaben ein Dorn im Auge. Dr. Hildegardis Wulff scheute selbst vor verwegenen, ja abenteuerlichen Aktionen nicht zurück, um Menschen vor dem Zugriff der kommunistischen Klauen zu retten. Sie hat nach 1945 einen Bekanntheitsgrad erreicht, der bis weit in die Siedlungsgebiete der Donauschwaben in Jugoslawien und Ungarn reichte. Menschen in den ausweglosesten Situationen ehoben ihre flehenden Blicke zu einer Lichtgestalt, die in den verängstigten Herzen längst die Grenzen des Sinnlichen gesprengt hatte. Der Brief eines durch die Kriegswirrnisse in den Westen gelangten Donauschwaben an seine zwei, von einem rumänischen Bauer aus einem serbischen Kinderlager geretteten Buben spricht Bände: „Geht in der Nacht aus dem Lager weg, marschiert in den Sommernächten, versteckt euch am Tag in einem Gebüsch und schlaft. Wenn euch ein böser Hund begegnet, gebt ihm ein Stück Brot und setzt euch, und er wird euch nichts tun. Mit den Leuten sprecht serbisch oder ungarisch, zeigt nicht, daß ihr Deutsche seid; geht immer nach Osten, Sonnenaufgang, und in Rumänien fragt nach dem Weib Hildegard, die soll euch helfen, daß ihr wieder zu mir kommt. Die hat schon vielen geholfen.“
Dieser an Evangeliumsworte erinnernde Aufruf verleitet aber auch allzu leicht zum Trugschluß, daß die Klosterschwester Hildegardis mit übernatürlichen Fähigkeiten für ihre Mission ausgestattet war. Wie zutiefst menschlich, aber auch ungewöhnlich glaubensstark diese außergewöhnliche Frau fühlte – aus einigen ihrer Schilderungen spricht auch Strenge, deren Nachvollzug uns heute wohl Schwierigkeiten bereiten würde –, zeigen ihre absichtlich kurzgehaltenen Gedanken zu ihrem Zwangsaufenthalt in einem kleinen Teil der 15 Gefängnisse, hinter deren Mauern sie von 1950 bis 1959 leiden mußte. „Man ist wie ein gefangener Vogel, welcher wild im Käfig umherflattert und sich den Kopf sinnlos an den Stäben und Gittern einrennt.“
Und trotzdem bildet das Bemühen um Verstehen und Verzeihen das Herzstück des Vermächtnisses, das Sr. Dr. Hildegardis Wulff den Adressaten ihres „Canadischen Briefes“ hinterläßt: „Mir war mit der Zeit die feste Gewißheit zuteil geworden, daß der Herr ein Strafgericht, ein großes Reinigungsverfahren an uns vollziehen wollte, zuerst an mir selber, dann an einzelnen Zweigen der hl. Kirche, aber auch an der ganzen bürgerlich- kapitalistischen und nationalistischen Klasse. […] Freilich, wir mußten gegen die falsche und sündhafte Weltanschauung des Kommunismus kämpfen.“
29 Jahre nach dem Tode von Sr. Dr. Hildegardis Wulff ist der Kommunismus an seiner menschenverachtenden Ideologie gescheitert und den Volksstamm, dessen christliche Prägung die Ordensfrau sich zum Lebensziel gesetzt hatte, gibt es als geschlossene, in der Diaspora lebende Gemeinschaft nicht mehr. Ihr damals segensreiches Wirken bleibt durch das nun vorliegende Buch auch nachfolgenden Generationen zugänglich.

Mark Jahr

aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 11. Mai 1997


Dienstag, 8. Oktober 2019

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 130

Do misse Stasse-Kloos-Männer kumme.

☻     ۩     ☺
Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)

Dienstag, 1. Oktober 2019

Banater Kulturspiegel, Juli 1980 - Juni 1981

Juli
Im  Park des Banater Kurortes Busiasch wird das V. Landesfestival der Bläserkapellen abgehalten, bei dem die Blaskapelle des Kulturheimes von Jahrmarkt unter Leitung ihres Dirigenten Prof. Matthias Loris sich besonderen Anklangs erfreute.
[…]
März
Die Jahrmarkter Loris-Kapelle gibt in der Temeswarer Olympia-Halle unter Leitung ihres Dirigenten Prof. Matthias Loris ein Konzert „Blasmusik macht Laune“, dem rund 2000 Zuhörer beiwohnen.
[…]
Mai
[…]
Der Temeswarer Schubertchor (Dirigent Adrian Nucă-Bartzer ) und die Jahrmarkter Loris-Kapelle (Dirigent Matthias Loris) unternehmen Gastspielfahrten in die Kreise Sibiu und Brașov.
[…]






aus VOLKSKALENDER ’82, 
Temeswar, September 1981

Dienstag, 24. September 2019

Friedrich Schilha sucht „Das Geheimnis der Irma Vep“ am Theater Ingolstadt

Die Leute standen nach der Aufführung in kleinen Gruppen zusammen. Ich schlenderte gemütlich um die Schlangen vor dem Garderobentresen und vernahm dabei merkwürdige Fragen. Es ging immer darum, wer soeben wen dargestellt hat, und ich gestehe, daß ich wieder an den Ort des Geschehens zurückkehren müßte, um mich ein zweites Mal zu vergewissern, daß es auch wirklich so ist, wie ich es entschlüsselt habe.
Der Ort der Handlung ist „Mandacrest, der Stammsitz der Familie Hillcrest in der Nähe von Hampstead Heath“ und das Geschehen selbst ist ein Verschleierungsprozeß, der Das Geheimnis der Irma Vep zu einem schwer entschlüsselbaren,  „Eingroschengrusel“ macht. Der Amerikaner Charles Ludlam (1943 bis 1987) hat dieses Verwechslungsschauspiel geschrieben und der Regisseur Helm Bindseil hat es in der Werkstattbühne des Theaters Ingolstadt so (gut!) inszeniert, daß viele Zuschauer nach wohl jeder Aufführung ratlos die Besetzung dieses Stückes studierten.
Lord Edgar Hillcrest, Lady Enid Hillcrest, der Schweinehüter Nicodemus Underwood, die Haushälterin Jane Twisden, ein Eindringling, der Mumiensucher Alcazar und die Geister Pev Amri und Irma Vep – beide Namen sind Anagramme des Wortes Vampire – erleben auf Mandacrest und in Ägypten die selbst für Gruselfans ungewöhnlichsten Dinge. Wenn Werwölfe Vampire anfallen, ist zwar für Gänsehaut gesorgt, aber von Durchblick in die verwirrte Geschichte gewinnen, kann noch lange nicht die Rede sein. Und gar versuchen, sie nachzuerzählen, würde in ein langes Entwirrungsverfahren mit zweifelhaftem Ausgang münden, denn in dieser Inszenierung schlüpft jeder in das Wesen des anderen, so daß die acht von der Übersinnlichkeit beherrschten Gestalten eigentlich nur zwei sind.
Natürlich ging bei so manchem Zuschauer nach zweistündigem Rätselraten erst beim Anziehen an der Garderobe der Knopf auf: Da waren vielleicht nur zwei statt acht Schauspieler am Werk?!
Friedrich Schilha (li.) und
Thomas Schneider
FotoQuelle: DONAUKURIER
Wie wahr! Diese Aufführung war erstklassig. Auch mir ging erst auf dem Heimweg ein Licht auf: Es waren doch nie mehr als zwei Personen auf der Bühne! Aber die anderen sechs Namen der Schauspieler/innen aus dem Programmheft? Die sind weder auf der Gehalts- noch auf der Gastschauspielerliste des Theaters Ingolstadt auffindbar. Umso bekannter sind aber die Namen der zwei in eigenem Fleisch und Blut, doch jeweils in der Gestalt von gleich mehreren bisher nur in der menschlichen Phantasie aufgestöberten Blutrünstern aufgetretenen Schauspieler: Friedrich Schilha und Thomas Schneider.
Nun ist dieses Stück unverkennbar eine Satire auf den Aberglauben, aber man windet sich keineswegs vor Lachen, selbst dann nicht, wenn die Tragikomik des Stückes ihren Höhepunkt erreicht und man endlich erkennt, daß keiner der acht Protagonisten- die eigentlich nur zwei sind – von dem Geisterspuk auf Mandacrest verschont bleibt. Es ist nicht die in einigen Lustspielen übliche Derbheit der Sprache oder der in anderen Theaterstücken anzutreffende gescheite Witz in den feinsinnigen Dialogen, die hier als Waffe gegen immer wiederkehrende Vampirromantik eingesetzt werden. Lediglich das Verwechslungsspiel der Figuren, ihre inhaltlich unproblematische Austauschbarkeit ermöglichen ein Katz-und Maus-Spiel mit dem Zuschauer, das irgendwann auch den fanatischsten Vampir- oder Werwolf an den eigenen Überzeugungen zweifeln läßt.
Was ein Regisseur braucht, um ein solch grandioses Verwechslungsspiel in Szene zu setzen, sind vor allem zwei hervorragende Schauspieler/innen. Schilha und Schneider spielen mit viel Authentizität, und die vom Autor gezielt formal kreierte Bühnensprache mit ihrer unnatürlichen Überbetonung kommt fast zu kurz. Die zwei Haupt- und Nebendarsteller sind mit viel Lust bei der Sache. Da ist die Leichtigkeit des Seins, des Schauspielens mit allen sicht- und unsichtbaren Fasern des eigenen Ichs, sprich des jeweils angeborenen Talents, zu spüren. Während Schilhas Spiel eher im Dienste der hohen Kunst anzusiedeln ist, also durch Text- und Mimiktreue glänzt, so begibt Schneider sich gerne auf die gefährliche Gratwanderung eingeflochtener Geistesblitze. Inwieweit diese Textabweichungen vom Publikum honoriert werden, ist wahrscheinlich von Vorstellung zu Vorstellung verschieden.
Wenn aber Schilha in diesem Stück seinem Partner auf dem Weg der Rezitativfreiheit folgt, dann tut er es dort, wo er vermutet, nicht ertappt zu werden. Es ist auch unwahrscheinlich, daß in jeder Aufführung irgend ein Zuschauer aus dem sprudelnden „transilvanischen“ Vampirkauderwelsch ein dann doch ziemlich klares „Dracu să-l ia pe Vlad Țepeș“ heraushört und auch etwas damit anfangen kann. Schilha hat seinen Spaß an diesen Einwürfen, wo eben in diesem Stück alles erlaubt zu sein scheint, wenn es nur dem Grundsatz „unkonventionell“ dient.
Der Mensch Schilha nimmt so klammheimlich, nur für sich allein, ein Stück eigener Vergangenheit mit auf seinen Arbeitsplatz. Es sind nur Sprachfetzen – vielleicht an jedem Abend andere –, aber sie deuten auf die Verinnerlichung einer Sprache hin, die auf die Spur seiner geographischen Abstammung führt.
Friedrich Schilha wurde am 14. August 1943 in Reschitza geboren. Nach einem Germanistikstudium besuchte er die Schauspielhochschule in Bukarest. Von 1974 bis 1979 spielte und inszenierte er am Deutschen Staatstheater Temeswar. Nach seiner Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland spielte Friedrich Schilha sechs Jahre lang an der Städtischen Bühne in Münster. 1985 wechselte er ans Pfalztheater in Kaiserslautern. Seit 1993 arbeitet er nun am Theater Ingolstadt.
Friedrich Schilha ist in erster Reihe ein Charakterdarsteller. Die ernsten Rollen liegen seiner Stimme und auch seinem Theaterverständnis am besten. Dementsprechend klingt auch die Namensliste der von ihm verkörperten Personen, die von Sophoklesʼ Ödipus über den Biff in Arthur Millers Tod eines Handlungsreisenden bis zu dem Juden Schlomo Herzl in George Taboris Mein Kampf reicht.
In der laufenden Spielzeit ist Friedrich Schilha in Ingolstadt noch als d’Annunzio in Clara S. von Elfriede Jelinek und in der sehr anspruchsvollen Rolle des Herrn de Sade in Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats von Peter Weiss zu sehen.
Anton Potche

aus BANATER POST, 20. April 1997

Dienstag, 17. September 2019

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 129

Do laaft am's Wasser im Maul zamm.

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Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)

Dienstag, 10. September 2019

Un gen artistic de largă popularitate

Notații pe marginea celei de-a VI-a ediții a Festivalului fanfarelor
Desfășurat de curînd în frumoasa stațiune timișeană, cea de-a VI-a ediție a festivalului interjudețean al fanfarelor, Buziaș ’81, a reunit formații fruntașe ale genului și un numeros public, doritor să retrăiască atmosfera unei reuniuni muzicale de popularitate. Festivalul și-a propus atît stimularea și dezvoltarea fanfarelor de amatori, reînnoirea unor tradiții legate de existența acestora, cît și reîmprospătarea, diversificarea repertoriilor, îmbogățirea acestora cu lucrări reprezentative din creația românească actuală.
Festivalul a marcat o creștere simțitoare a calității înterpretării, instrumentiștilor, o multitudine de stiluri interpretative, remarcîndu-se precizia în execuții, curajul majorității concurenților de a aborda și piese mai dificile. Armonia unor ansambluri, încrederea în virtuțile acestei arte atît de frumoase, de accesibile și gustate de marele public au fost tot atîtea fațete care au conferit atractivitate manifestării timișene. S-au impus, din partea formațiilor-gazdă, fanfarele căminelor culturale din Iecea Mare și Grabați, formația Clubului C.F.R., mica, dar inimoasa formație din Pietroasa Mare ai cărei membri sînt preocupați în prezentarea unui repertoriu variat, întonat cu acuratețe. Fanfara Clubului I.T. Lugoj și dirijorul ei, Ioan Malița, s-au remarcat și de astădată, prin interpretatrea de ținută a unor piese de largă respirație. Cunoscuta formație din Giarmata, condusă de Matei Loris, a încîntat publicul prin piese de mare originalitate redate cu o exemplară seriozitate și sensibilitate.
Dincolo de evenimentele pe care le-a prilejuit, festivalul a avut darul să evidențieze și neîmplinirile din munca formațiilor care abordează genul; acestea s-au conturat în cadrul rodnicului schimb de opinii la care au luat parte dirijorii formațiilor, membrii juriului, președintele acestuia, compozitorul și dirijorul Iosif Klein. Care au fost principalele scăderi relevate cu acest prilej? Mai întîi insuficienta diversificare a repertoriilor; eterogenitatea în alcătuirea unor formații impune, s-a subliniat în discuții, adaptarea pieselor la structura acestora, perfecționarea dirijorilor, un sprijin permanent de specialitate.
profesor Ladislau Czizmarik

din DRAPELUL ROȘU, Timișoara, 
31 septembrie 1981

Dienstag, 3. September 2019

Demokratisierung mit neuer Qualität

Zum Bericht Gesamte Polizeispitze in Rumänien abgesetzt vom 1./2. März:
In nachrevolutionären Zeiten erscheinen überall Personen auf der politischen Bühne, die mit dem revolutionären Geist der Massen nichts zu tun haben. Während durch den deutschen Vereinigungsprozeß Namen wie Modrow, de Maiziére, Diestel und andere schnell wieder verschwanden, konnten sich solche Leute in Rumänien sechs Jahre lang behaupten.
Die von Journalisten als Sensation gewertete Absetzung hochrangiger Offiziere aus den Militär- und Polizeistäben ist eher ein Routinewechsel, der sich nach dem im November 1996 erfolgten Machtwechsel vollzog – ein Prozeß, der auch in anderen Bereichen stattfindet.
Viel wichtiger ist für die rumänische Gesellschaft, daß in den letzten Wochen Figuren wie Adrian Păunescu (einstiger Hofpoet Ceaușescus und bis vor kurzem stellvertretender Vorsitzender der rumänischen KP-Nachfolgepartei SPA) und Gheorghe Funar (Politiker mit antisemitischer, besonders antiungarischer Prägung, wurde seines Vorsitzendenamts im Parteipräsidium der Nationalen Union der Rumänen enthoben) von der politischen Bühne verschwunden sind. Diese Entwicklung deutet auf eine neue Qualität des bisher sehr schleppenden Demokratisierungsprozesses in Rumänien hin.
Anton Potche
aus DONAUKURIER, Ingolstadt, 11. März 1997

Dienstag, 27. August 2019

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 128

Do kriet merr e Kopp wie e Veertl.

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Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)

Dienstag, 13. August 2019

Bunter Trachtenreigen in Banater Ortschaften


Mehala/Temeswar, Großjetscha, Schimand und Wiesenhaid feierten am Wochenende Kerwei / Schlußtanzkränzchen in Jimbolia 
Zu wahren Volksfesten gestalteten sich auch an diesem Wochenende die traditionellen Brauchtumsfeste, die Kerwei in vier Banater Ortschaften sowie der Abschluß der „Tanzschule“ im Heidestädtchen Jimbolia. Nicht nur die Mitwirkenden, sondern auch die zahlreichen Gäste von nah und fern hatten wieder einmal etwas zu sehen. Überall herrschte Frohsinn und gute Laune.
Mehala. An der diesjährigen Kerwei beteiligten sich 32 Trachtenpaare, davon neun Kinderpaare. Am Samstag wurde der von Margarete Murariu geschmückte Kerweibaum aufgestellt. Am Sonntag marschierte dann der Zug unter den Klängen der Hans-Kaszner-Kapelle durch die Hauptstraße, allen voran das Geldherrenpaar Dietmar Groß und Carmen Wasche. Den Strauß, der ebenfalls von Margarete Murariu geputzt wurde, gewann Erich Renner für Brigitte Martin. Auch erhielten die Nachtänzerpaare Walter Flickinger mit Erika Flickinger und Walter Wirth mit Monika Schlauch je einen Ministrauß. Der Hut ging durch Losentscheid an Eduard Schortje und das Tuch an Marlene Vogel. Etwa 300 Personen, unter ihnen viele Gäste aus Sackelhausen, Freidorf, Kischoda, Girok und dem Ausland unterhielten sich bis zum frühen Morgen bei Musik und Tanz. (HN)
[...]

aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, September 1981

Dienstag, 6. August 2019

Musikalische Botschaft für wohltätige Zwecke

Wenn erfolgreiche Künstler und Sportler sich treffen, unterhalten sie sich naturgemäß über ihre Betätigungsfelder und die sich daraus ergebenden Erlebnisse. Manchmal können aber aus solchen Gesprächen erfreulicherweise auch Engagements für Menschen, die auf der Schattenseite des Lebens stehen, resultieren.
Vor zwei Jahren lernten sich zufällig der Dozent am Richard-Strauss-Konservatorium, Bernd Maltry – sein Vater, Hans Maltry, wurde in Jahrmarkt geboren und verbrachte dort seine Kindheit -, und der brasilianische Fußballstar Jorginho (Weltmeister 1994) kennen. Sie sprachen über Gott und die Welt, und dazu gehört nun mal auch die himmelschreiende Armut in Brasilien. Aus diesem ersten Gespräch ergaben sich weitere Kontakte, die zu einer Brasilientournee des Akkordeon-Landesjugendorchesters Baden-Württemberg mit Benefizkonzerten zugunsten der Straßenkinder in  Brasilien führte.
FotoQuelle: https://www.neusob.de/brasilienhilfe/aktuell.htm
Bernd Maltry, bundesweit als Gastdirigent von Akkordeonorchestern begehrt, lernte während der Planungszeit dieser Gastspielreise den seit 20 Jahren in Brasilien tätigen Missionar, Salesianerpater Hubert Leeb, kennen. Dieser Bekanntschaft war es dann zuzuschreiben, daß Maltry und seine 25 Musiker/innen – allesamt Musikstudenten und Preisträger von Musikwettbewerben – ihre Tournee (25. Juli bis 15. August 1996) nicht gleich in einer der Metropolen Rio de Janeiro, São Paulo oder Brasilia begannen, sondern daß sie ihr erstes Konzert am 27. Juli in Aracaju, der Hauptstadt des kleinsten und wohl auch ärmsten Bundesstaates Sergipe bestritten. Unweit dieser Stadt betreut Pater Leeb auf der 200 km² großen Dünenhalbinsel im Nordosten Brasiliens, Porto do Mato, das weltweit oft als Musterbeispiel für die Entwicklungsprojekte „Hilfe zur Selbsthilfe“ genannte sozial-pastorale Zentrum „Esperanca de Deus“.
Der geborene Österreicher Pater Hubert Leeb zitiert in einem Rundbrief der Hilfsorganisation „Brasilienhilfe P. Leeb e. V.“ vom September 1996 Bernd Maltry mit folgender Aussage: „Ich weiß durch meine vorherigen Brasilienaufenthalte, daß Musik für viele Menschen dieses Landes Hoffnung und Freude, aber auch Wehmut bedeutet“. Diesem Wissen entsprechend gestaltete Maltry auch das Repertoire für sein Orchester: eine Mischung aus deutscher Klassik (Schubert, Fischer), südosteuropäischer Melodik (Semjonow) und Klangbilder der Moderne mit Anlehnungen an südamerikanische Rhythmusempfindungen (Barber, Albéniz, Piazzola, Kalke, Cramer).
Die Kritiken der sehr gut besuchten Konzerte fielen zum Teil mit südländischem Überschwang aus. Anderson Ribeiro, ein in Sergipe bekannter Dichter, schrieb in einer Konzertbesprechung : „Diese europäischen >Götter< wissen wie niemand, ihrem Publikum eine erstklassige Vorstellung zu bieten und verdienen, wo immer sie sich vorstellen, rauschenden Beifall. Sie sind aus Deutschland und haben die Manie, eine >runde Sache< zu liefern.“
Aber auch eher sachbezogene, nüchtern niedergeschriebene Kritiken sind voll des Lobes für das Akkordeon-Orchester aus Baden-Württemberg und seinen Dirigenten. In der BRASIL-POST Nr. 2380, 30. August 1996, heißt es: „Nachdem wir uns durch die Schubert-Interpretationen schnell in die ungewohnte Klangwelt des Orchesters eingelebt hatten, bereiteten uns auch die folgenden Darbietungen Hörgenuß und Vergnügen. […] Dem ausgezeichneten Orchesterleiter B. Maltry, der das ganze Programm auswendig dirigierte, den jungen Künstlern aus Baden-Württemberg und den Veranstaltern ein herzliches Dankeschön.“
Die Reinerlöse solcher Benefizkonzerte sind freilich nur Tröpfchen auf einen heißen Stein. Aber stetiges Tropfen durchlöchert auch den härtesten Felsen. Bernd Maltry weiß um dieses Sprichwort und hat bereits eine weitere Tournee nach Brasilien ins Auge gefaßt. Im Juli dieses Jahres soll er als Gastdirigent mit dem Ersten Kölner Akkordeon-Orchester als musikalischer Botschafter europäischer und internationaler Kunst den Ozean wieder überqueren, um einen kleinen aber lebensnotwendigen Beitrag zu einer „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu leisten.

Anton Potche

aus BANATER POST, München, 5. März 1997