Dienstag, 5. November 2019

Ein verdienstvoller Landsmann

Franz Hoch feierte den 75.
Ingolstadt. – „Ich kenne alli Schwowine do in Pforzheim, d han ich kenne gelernt do in dr Kirich, im Alteklub, dart war Kaffee-Nomitaa“, hat die Traunauerin Theresia Andree 1991 dem Heimatkundler Walther Konschitzky erzählt.
Wer unter die Leute geht, erlebt ein ganz anderes Daseinsempfinden als ein Stubenhocker. Er entwickelt durch seine Kontakte zu anderen Menschen unbewußt Abwehrkräfte gegen eigene Schicksalsschläge und schafft immer wieder einen Neuanfang, der seinem Leben einen Sinn gibt.
Traunau war anscheinend ein guter Boden für diesen selbstbewußten Menschenschlag, denn Franz Hoch ist ein Traunauer, der sein Lebtag gerne unter die Leute ging. Er könnte die Aussage seiner Landsmännin mit gutem Gewissen auch für sich in Anspruch nehmen: Ich kenn fast alli Schwowine und Schwowe do in Ingolstadt. Bei Franz Hoch klingt dieser Anspruch aber, seinem frohen Naturell entsprechend, so: „Des ganzi Geld, wu unser Ingolstädter Schwoweverein in seiner Kassa hat, is dorch mei Hänn dort nin kumm.“
Recht hat er, denn seit 1974 sitzt der „Hochs Vetter Franz“ mit jeweils einem seiner „Kassakollegen“ an den Türen der Säle, in denen die Ingolstädter Banater Schwaben ihre Veranstaltungen abhalten, um die „Unkostenbeiträge“ einzusammeln. Er kann darum nicht nur fix und schnell rechnen, sondern er kann auch gut erzählen; und Klagetöne sind dabei nur selten zu vernehmen.
Am 22. Januar 1922, noch vor dem ersten Hahnenschrei – er behauptet, es ganz genau zu wissen -, um 0:30 Uhr erblickte Franz Hoch in Traunau im rumänischen Banat das (Kerzen)Licht der Welt. Er war der erste Sohn des Wagnermeisters Franz Hoch und dessen Gemahlin Katharina, geb. Stroh.
Nach dem Besuch der Volksschule in Traunau erlernte Franz Hoch in Arad das Schneiderhandwerk. Ebenda arbeitete er bis zu seiner Einberufung zum rumänischen Militär (1943) als Schneidergeselle. Die Ausübung dieses Berufes brachte ihn in Berührung mit Menschen verschiedener Nationalitäten.
Im Juni 1943 wurde Franz Hoch in die deutsche Nordlanddivision eingereiht. Er hatte Glück und überlebte Fronteinsätze in Serbien und Rußland. Am 9. Mai 1945 geriet er im Umland von Prag in russische Gefangenschaft. „Wie mei Kumrade un ich vun om Kontrollgang zrick kumm sin, war nimand meh do“, erinnert er sich an jene Augenblicke des gleichzeitigen Endes und Neubeginns.
Die Russen waren plötzlich überall und Franz Hoch landete schließlich in einem Kriegsgefangenenlager im ungarischen Baja. Und siehe da, der Franz wurde erkannt. Kein Geringerer als der Lagerarzt war einer jener Ungarn, mit denen der junge Schneidergeselle Hoch in Arad Bekanntschaft geschlossen hatte. Das folgende Geschehen gehört in die in jener Zeit schon fast vergessene Charaktersparte Edelmut. Der Kriegsgefangene Franz Hoch war plötzlich schwer krank und wurde nicht in einen Rußlandtransport gedrängt, sondern nach Rumänien entlassen.
In Traunau folgte erst mal das damals für viele Kriegsheimkehrer übliche Versteckspiel vor der rumänischen Gendarmarie. Dieser anfänglichen Unsicherheit nach dem Krieg ist es auch zuzuschreiben, daß Franz Hoch nicht mehr seinen Schneiderberuf weiter in Arad ausübte, sondern auf den Feldern Traunaus sein Aus- und Einkommen suchte.
Im Jahre 1949 heiratete er die Traunauerin Anna Plantsche. 1962 gelang dem Ehepaar die Ausreise nach Österreich zu Franz Hochs Bruder, und von dort die Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland. Ingolstadt wurde ihre zweite Heimat.
Franz Hoch fand schnell eine Anstellung in der Hausdruckerei der Firma Auto Union (heute Audi AG). „Ich han alle große Herre in der Firma gekennt un han forr so manche Landsleit e gutes Wort ingeleet“, erzählt der im direkten Umfeld der damaligen Vorstandschaft als eine Art „Unterlagenkopierer“ arbeitende Traunauer.
1981 ging Franz Hoch in Rente. Vier Jahre später starb seine Frau. Ein schwerer Schlag, aber der nun aus familiärer Sicht Alleinstehende hatte einen intakten Verwandtschafts- und Bekanntschaftskreis. Er ist Gründungsmitglied der Vereinigung der Banater Schwaben e. V. und ist heute noch als „Kassamann“ und Fahnenträger aktiv. Auch das Kegeln mit Landsleuten erleichterte ihm das häusliche Alleinsein.
Seit 1987 ist Franz Hoch mit der aus Jahrmarkt stammenden Elisabeth Loris verheiratet, eine Frau, die die ehrenamtlichen Tätigkeiten ihres Gatten voll unterstützt.
Die Ingolstädter Schwowe winsche em Hochs Vetter Franz zu seinem 75. Geburtstag vill Gsundheit un weiterhin vill Ausdauer, wann des ah bedeit, daß se an der Kassa ehre Brieftasche ufmache misse.“

Mark Jahr

aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 11. Mai 1997

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