Dienstag, 8. Oktober 2024

Baron Béla Ambrózy †. (1)

 Temesvár, 18. Jänner
Ein thatenreiches, verdienstvolles Leben hat heute Nacht seinen Abschluß gefunden. Der Senior des Temeser Komitatsausschusses, der Gründer und langjährige verdienstvolle Präsident des Temeser landw. Vereins, der Begründer des ungarischen Imkervereines, der eifrigste Förderer des Rothe-Kreuz Vereines, der Direktionspräsident der Kommerzial= und landw. Bank, der langjährige Oberkurator des evangelischen Kirchendistriktes, der Temeser Großgrundbesitzer Baron Béla Ambrózy ist heute Nachts nach kurzem Leiden verschieden. Zum letzten Male tauchte seine markante Gestalt in Temesvár am 7. Jänner anläßlich des Balles des Rote=Kreuz=Vereines auf, an dessen Gelingen Baron Béla Ambrózy einen großen Antheil gehabt. Es scheint, dass der greise Gutsbesitzer sich damals den Keim des Todes geholt; eine Influenza fesselte ihn an‘s Bett, welches er nicht mehr verlassen sollte.
Was ich als schlichter, einfacher, mit dem Bauernstande fühlender Mann geleistet, war kein Verdienst, sondern nur meine Pflicht.“ In diesen Worten, mit denen Baron Béla Ambrózy vor drei Jahren der Gyarmathaer Gemeinderepräsentanz für seine damalige Wahl zum Ehrenbürger der Gemeinde gedankt hatte, prägt sich der ganze Charakter dieses echten Musterbildes des ungarischen Adels aus. Schlicht und einfach, leutselig in seinem Verkehre war Baron Béla Ambrózy Zeit seines langen Lebens der unermüdliche, rastlose Vertreter der Arbeit. Er liebte und ehrte die Arbeit in allen Formen und Bekundungen und haßte bloß den Müßiggang. Er achtete den Arbeiter, mochte er welchem Stande immer angehören und verachtete bloß die Faulenzer, mochten sie noch so hoch stehen. Durchdrungen vom lautersten Pflichtgefühl, forderte er von den Vertretern seines Standes und vor allem von seinen Familienangehörigen, denen er als Musterbild vorangeleuchtet, mit unerbittlicher Strenge, die Erfüllung ihrer Pflichten für Familie, Kommune und Vaterland.
Baron Béla Ambrózy gehörte zu den wenigen „Agrariern“, die sich auch der Bedeutung und des Werthes der übrigen Erwerbsstände bewußt sind. Mit ganzer Liebe und unendlicher Hingebung hing er an seinem Berufe, als Landwirth war er Zeit seines Lebens bestrebt, die Lage des südungarischen Landwirthestandes zu bessern und zu heben und zahlreiche landwirtschaftliche Initiativen verdanken seinen Bemühungen, daß sie zu Fleisch und Blut wurden. Wie hoch er aber auch den Handel als wichtigen, unentbehrlichen, wirthschaftlichen Faktor hochschätzte, beweist seine Thätigkeit in der Temesvárer Lloydgesellschaft und bei der Kommerzial= und Landw. Bank. Mit großer Liebe hing er auch an seiner Gemeinde Gyarmatha, deren Insassen Jung und Alt, Vornehm und Gering, mit inniger Liebe an dem Patriarchen, dem Vater der Gemeinde hingen.
Durchdrungen von der heißesten Vaterlandsliebe hat sich Baron Béla Ambrózy in früheren Jahren auch als Reichstagsabgeordneter am öffentlichen Leben Ungarns betheiligt. Der Politiker Ambrózy war eine unentwegte feste Stütze des Liberalismus, ein unentwegter Anhänger des genialen Werkes Franz Deáks: des Ausgleiches. Hierführ setzte er seine ganze Begabung, sein ganzes Wissen, seine umfassenden Erfahrungen ein. Dabei war er aber auch tolerant für jede abweichende Meinung.
Die Toleranz bildete überhaupt einen der schönsten Charakterzüge dieses Edelmannes. Der evangelischen Kirche als überzeugungstreuer, hingebungsvoller Sohn angehörend, war er der wirksame Förderer der seinem Patronate unterstehenden katholischen Kirchengemeinde Gyarmatha‘s, welche seiner opferwilligen Freigebigkeit gar manche Erfolge verdankt. Herablassend, gütig gegen seine Untergebenen, helfend und berathend gegenüber seinen Mitmenschen war Baron Béla Ambrózy stets das Musterbild des ungarischen Kavaliers, der sein ganzes Können dem öffentlichen Leben, der Förderung seines Komitates und seines Vaterlandes widmete.
Ein thatenreiches Leben hat nun seinen Abschluß gefunden. An der Bahre des im Alter von 73 Jahren verschiedenen Patriarchen trauert seine Gemeinde Gyarmatha, die Sozietät Temesvárs und des Temeser Komitates.
Die Erde sei ihm leicht!
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Der Lebenslauf Ambrózys.

[…]
Ambrózy und das evangel. Senoriat.
[…]
Ambrózy und die Temesvárer Vereine.
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Die letzten Stunden.
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Die Familienangehörigen.
[…]
Die Todesnachricht in Temesvár.
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Die Trauerkundgebungen.
[…]
Die Aufbahrung.

Der Leichnam des verewigten Barons wurde im großen Saale des Familienkastells in Temesgyarmatha […] aufgebahrt.

[…]
Baron Ambrózy wurde in der Uniform eines Hußaren-Rittmeisters in den Sarkophag gebettet.
[…]


Vorbereitungen zum Begräbnis.

[…] Vom Militär wird zum Begräbnisse ein Ehrenkondukt beigestellt. Es wird eine Kompagnie des 61. Infanterie-Regiments unter dem Kommando des Hauptmanns Abraham mit der Musikkapelle zu diesem Behufe nach Temesgyarmatha abgehen.
Das Testament.
[…]

aus TEMESVÁRER ZEITUNG, Temesvár, 19. Jänner 1911


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