Die Musikanten hatten schon ihre Instrumente an den Lippen, da winkte der
Kapellmeister, mit einer halben Drehung zur Tanzfläche, wieder ab, und die
Bläser der Bayern-Kapelle waren ihrem Chef sichtlich dankbar, drang doch eine in
Text und Melodie unbekannte Volksweise zu ihnen auf die Bühne. In der Saalmitte
hatte sich während einer Tanzpause spontan ein Kreis von Männern und Frauen
gebildet, die sich Arm in Arm oder Arm um Schulter, eng beieinander, wie ein im
Winde wehender Kranz, ganz sachte, im getragenen Rhythmus des etwas wehmütig
klingenden Liedes hin- und herwiegten. Was die Musikanten der Bayern-Kapelle des
Hans Gabler an jenem Abend des 4. Juli 1992 so beeindruckte, waren uralte
Volksweisen aus Wolfsberg, die die einstigen Wolfsberger und heutigen
Traunreuter, Neutraublinger, Singener und Bürger anderer deutschen Städte auf
ihrem Sommernachtsfest in Barbing/Regensburg zum Besten gaben.
Dieser geschlossene Kreis aneinandergedrängter Leiber und die Schwere, die diese
gesungenen Melodien ausstrahlten, ließen die eher nüchtern empfindenden
Musikanten die Ergriffenheit verstehen, von der die singende Gemeinschaft - auch
viele von den an den Tischen Sitzenden sangen mit - erfaßt war. Hier gedachten
Menschen ihrer für immer verlassenen Heimat und, wie Johann Sutter - der
mit seiner Frau Marianne dieses Wolfsberger Sommernachtsfest organisiert
hatte - vermerkte, auch der etwa 15 deutschen Familien, die noch in Wolfsberg
ausharren und zu deren materiellen Unterstützung man bei diesem Treffen über
konkrete Maßnahmen sprach.
Sicher war es ein Fest wie alle Treffen unserer Landsleute, zu dem ein
Festgottesdienst - hier von Pfarrer Rabel aus Neutraubling zelebriert -
und Begrüßungsansprachen genauso gehörten wie die von Wiedersehensfreuden
geprägte Geselligkeit. Sollte es etwas anders gewesen sein, dann konnte es nur
das gegenseitige Verständnis zwischen bayerisch aufspielenden Musikanten und
Zeppelpolka tanzenden Menschen aus dem fernen, von uns allen so liebgewonnenen
Banater Bergland sein.
Anton Potche
aus BANATER
POST, München, 20. September 1992
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