Dienstag, 11. März 2014

Banater Klänge erfreuen Tausende Herzen

 Gastspielreise der Loris-Kapelle und des Schubert-Chors - ein einmaliges Erlebnis / Über 2000 Zuschauer bei vier Konzerten

Die fünftägige Siebenbürgen-Tournee (28.IV: - 2.V.) der Jahrmarkter Loris-Kapelle und des Temeswarer Schubert-Chors führte die 100 Banater Musikanten und Sänger durch vier stattliche Ortschaften des Kreises Sibiu: Großau, Neppendorf, Schellenberg und Großscheuern, wo die Gäste aufs herzlichste empfangen wurden. Den Vorstellungen wohnten über 2000 Zuschauer bei - Jung und Alt füllten die großen Säle und geizten nicht mit Beifall. Die Banater Gäste hatten für alle etwas bereit von der schmetternden Marschmusik über die einfühlsam vorgetragene Volksweise, vom Walzer und Polka bis zum amerikanischen Negro-Song. Die Blaskapelle spielte unter der Leitung ihres Dirigenten Prof. Matthias Loris nebst bekannten Walzern und Polkas anspruchsvolle Vortragsstücke. Sie eröffnete jeweils das Konzert mit dem Marsch Gruß aus Jahrmarkt, eine Komposition des Begründers der jetzt 70-jährigen Kapelle, Peter Loris.
Der Chor - der heute mit einem Festkonzert im Temeswarer Jugendhaus sein 10-jähriges Bestehen feiert - trug unter Dirigent Prof. Adrian Nucă- Bartzer sowohl Lieder aus dem klassischen Repertoire als auch Volks- und volkstümliche Weisen vor. Als Gegenstück zum Eröffnungslied Banater Land, Heimatland beschloss der Chor seine Darbietung mit Siebenbürgen, Land des Segens, ein musikalisches Geschenk für das Publikum, das immer wieder begeistert reagierte. Alle Anwesenden sangen - wie es hier Brauch ist - stehend die letzten Strophen mit. Besonders beeindruckten der Vortrag der Singgruppe des Schubert-Chors und die Solo-Einlagen von Walter Berberich und Erich Denes. Den Dritten Teil des dreistündigen Programms bestritten das Unterhaltungsorchester der Loris-Kapelle mit seinen Solisten Annemarie Loris, Erna Mathis, Eva und Matthias Stefan, Peter Pfeifer, Hans Eichinger und Niki Seibert
Einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Auftritte der Banater Laienkünstler hatte der unermüdliche Hans Kehrer, der durch seine einfühlsame, humorvolle Ansage immer wieder eine unmittelbare Verbindung zwischen Bühne und Saal herstellte. Der als Vetter Matz in Siebenbürgen ebenfalls bekannte Schauspieler und Schriftsteller bot auch eine Kostprobe banatschwäbischer Mundartlyrik: er trug das Gedicht die heed von Nikolaus Berwanger vor. Beim geselligen Zusammensein, das auf die Konzerte folgte, warteten dann die Gastgeber ihrerseits mit "Kostproben" auf - meist aus dem eigenen Keller. Und man muß Hans Kehrer zubilligen, der in einem Vergleich Jahrmarkt und die besuchten Ortschaften gegenüberstellte, wo es hier wie dort gute Musikanten und Handwerker gibt und wo man sich hier wie dort ebenso darauf versteht, einen guten Tropfen zu keltern. Es war eine Gelegenheit mehr, dem Zweck der Sache zu dienen und neue Bekanntschaften zu schließen, Freundschaften anzuknüpfen, Gedanken und Erfahrungen auszutauschen. Bestes Beispiel dafür war wohl das "Maianspielen" in Neppendorf, wo die Loris-Kapelle  mit der Ortskapelle am 1. Mai gemeinsam durch die Gassen zogen und manches Ständchen spielten. Nicht weniger erlebnisreich war der Abstecher der Chormitglieder nach Michelsberg, wo diese einfach aus Freude am Gesang auf der "Promenade" einige Lieder für Dorfbewohner und Ausflügler sangen - ein kleines Wunschkonzert mit dankbarem Publikum. Es hatte sich schnell herumgesprochen, wer die Sänger sind und bei der Abendveranstaltung in Neppendorf waren auch Michelsberger zugegen. Es blieb nicht bei einem Abstecher, der Wunsch, Land und Leute näher kennenzulernen, führte die Banater Gäste ins Kokeltal, wo sie Frauendorf, die Kirchenburg in Wurmloch und Schässburg besichtigten.
Die aus dem Banat mit seiner vielbesungenen Heide kommenden Gäste konnten einen Teil Siebenbürgens mit seinen Burgen, althergebrachten Sitten und Trachten kennenlernen. Und noch mehr: Sie kamen aus dem heuer besonders kühlen Banater Frühling (wie Hans Kehrer in der Ansage andeutete) in das sonnige Bergland, mitten in die Apfelblüte hinein. Und ebenso wie die Natur war auch die Gastfreundschaft - warmherzig und großzügig. So nimmt es nicht Wunder, dass beiderseits bei jeder Verabschiedung immer wieder der Wunsch ausgesprochen wurde, derartige Begegnungen auch in Zukunft nicht nur in Siebenbürgen sondern auch im Banat zu veranstalten - entsprechend dem Dichterwort: "Wo man singt, da lass dich ruhig nieder..."

   Stimmen aus dem Publikum

Wilhelm Stirner, 36, Musikprofessor am Pädagogischen Lyzeum Sibiu: "Das Repertoire der Blaskapelle und des Chors ist umfangreich, es enthält für jedes Alter etwas. Die Blaskapelle hat in Neppendorf die geeignetsten Blasmusikkenner gefunden und sich bewährt. Die Zusammenstellung der Liederfolge ist gut, vom klassischen bis zum Volkslied. Der Chor hat in letzter Zeit spürbare Fortschritte gemacht, er hat Kammerchor-Effekte."
Samuel Beer, 44, stellvertretender Direktor des Pädagogischen Lyzeums Sibiu: "Ich freue mich, zwei namhafte Banater Laiengruppen gehört zu haben. Hut ab vor Chor und Blaskapelle! Sie boten ein gediegenes Programm dar, beide sind starke Klangkörper. Die Mitglieder zeigen viel Begeisterung."
Maria Gierlich-Gräf, 48, Hausfrau, Großscheuern: "Das Konzert war einzig in seiner Art. Ich finde keine Worte, um die Leistung der Banater Gäste entsprechend zu würdigen. Der Chor brachte gepflegte Musik zu Gehör, vom jungen Dirigenten kann man viel erwarten.
Michael Guist, 29, Professor, Großscheuern: "Die beiden Laiengruppen sind bekannt, doch haben sie unsere Erwartungen weit übertroffen. Das Konzert bot Anlass zu einem Erfahrungsaustausch. Wir begrüßen die Initiative, solche Gastspielreisen zu veranstalten und hoffen, bald zum Gegenbesuch ins Banat zu kommen."
Michael Renten, 55, Vorstand der Großauer Blaskapelle; "Ich habe nur Lob für die Jahrmarkter Musikanten, ich war schon in der Banater Großgemeinde, kenne die Kapelle und trotzdem haben die Leute mich angenehm überrascht. Alles bis aufs Kleinste war ausgefeilt und sauber. Der Chor beeindruckte mich mit seinem Piano und Pianissimo."
Dipl.-Ing. Edda Schneider, 36, Sibiu, ehemaliges Schubert-Chor-Mitglied: "Wenn der Chor auch zahlenmäßig kleiner geworden ist, von der Qualität her ist er im Vergleich zu vor fünf Jahren merkbar gewachsen. Alles in allem ein ausgewogenes Programm, ein schönes Erlebnis."
Maria Schuller, 56, Prof. i. R., Großau: "Obzwar das Musikleben bei uns gut entwickelt ist, können wir uns mit dem, was geboten wurde, nicht vergleichen. Es war ein Ansporn für uns und wir möchten, dass solche Austausche mehr gefördert werden. Spiel und Gesang waren gleich gut und die Zuschauer sind begeistert mitgegangen. Das Repertoire umfaßt Bekanntes, aber auch viel weniger bekannte Stücke - ein Lob für beide Dirigenten."
Matthias Hubner, 38, Kapellmeister der Neppendorfer Blasmusik: "Ich möchte sagen: großartig - sauber, genau, und sehr gefühlvoll. Wir wußten einiges von der Jahrmarkter Loris-Kapelle und auch vom Schubert-Chor, und wollten sie hören. Was sie geboten haben, war einmalig. Wir begrüßen den Besuch  und würden ihn gerne erwidern."
Redaktion der Seite: Helmut Menning, Ludwig Klein; Fotos: Wilhelm Lörch

aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 8. Mai 1979

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