(NW Nr. 6822)
"Musik", diese lyrische Poesie, die zwar nicht die Realität selber, aber ihre Wirkung auf den Komponisten in Tönen wiedergibt und die eine unendliche Skala menschlicher Gefühle imstande ist auszudrücken, wirkt tief, veredelnd auf den Menschen ein. Dieses erkannte bereits der griechische Philosoph Platon (427 - 347 v.u.Z.), der in der großen Ausstrahlungskraft der Musik ein wirksames Erziehungsmittel erblickte.
Der positive Einfluss dieser vielleicht höchsten und besten aller Künste müsste sich wohl in erster Linie auf den auswirken, der selber Musik ausübt bzw. musiziert. Und das ist der Musikant, wenn auch nur der einer einfachen Blaskapelle.
Das höchste Wesen der Musik ist die Kunst der Harmonie! Wie ließe sich dieses mit den Bläsern aus Jahrmarkt (doch sicherlich bloß einigen unter ihnen) in Zusammenhang bringen? Warum schweigt sich der Briefschreiber über die Hintergründe und Ursachen des "Musikantenkrieges" aus? Beim Lesen des Artikels war ich innerlich empört über so viel Unvernunft! Haben diese das höchste Wesen der Musik erfasst? Sind sie imstande, einer Kunst leidenschaftlich zu dienen? Können solche asoziale Elemente Harmonie (in doppeltem Sinne zu verstehen) verbreiten, wenn ihr Tun und Lassen genau das Gegenteil beweist?
Meine Meinung: War die Kunst der Musik neben den erzieherischen Bestrebungen eines guten Kapellmeisters in der musikalischen Aktivität einzelner nicht imstande, ihr Denken und Handeln günstig zu beeinflussen, so mögen sie vom gesamten Kollektiv aufgefordert werden, ihre rückständigen Ansichten einer gründlichen Revision zu unterziehen und gutzumachen, was sie verschuldet haben. Sollte auch das erfolglos sein, so muss ihnen nahegelegt werden, das Instrument niederzulegen, da sie eine akute Gefahr für die Harmonie des gesamten Kollektivs - in diesem Falle sogar für die ganze Ortschaft - sind, (Goethe: "... böse Menschen haben keine Lieder!"), denn sie zerstören leicht und rasch, was der Kapellmeister in schwerer Arbeit aufzubauen versuchte...
Zweimal 50 Mitglieder? Warum? Lieber weniger, aber echte Musikanten, und das in jeder Hinsicht! Wir Musiklehrer sollen nicht nur "zur Musik" sondern auch "durch Musik" erziehen!
Misch Zerbes, Musikprofessor in Honigberg
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In Bezug auf die Zuschrift "Musikantenkrieg in Jahrmarkt" aus dem NEUEN WEG Nr. 6822 vom 14. April 1971 will ich als Jahrmarkter Bürger und Unparteischer auch meine Meinung sagen.
Als einzige Lösung dieses "Krieges", der eine große Schande für unsere Gemeinde ist, wäre das eine, dass zum bevorstehenden Kirweifest (am 30. Mai) als Strafe keine Kirweipaare aufmarschieren dürfen und zur Tanzunterhaltung eine Kapelle aus einer Nachbargemeinde aufspielen soll. Dadurch sollen nicht nur die Musikanten und die Kapellmeister, die sich im Grunde genommen verstehen, bestraft werden, sondern vor allem die hartnäckigen Drucker beider Seiten.
Ein NW-Leser aus Jahrmarkt
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Zustände werden einem da vor Augen geführt, die der gesunde Menschenverstand nicht begreifen kann. Wie kann ein Zwist zweier Blaskapellen ein solches Ausmaß an Gehässigkeit erreichen? Wie kam es überhaupt dazu? Haben die beiden Formationen nicht genug Platz, um sich zu entfalten? In einer Gemeinde wie Jahrmarkt müsste das doch möglich sein. Es gibt viele Ortschaften mit zwei Blaskapellen, die gut miteinander auskommen.
Hier müsste etwas unternommen werden, um die Leute zur Besinnung zu bringen. Gibt es keine Körperschaft, die dafür zuständig wäre? Eine Art Schlichtungskommission, die in solchen Fällen Frieden stiftet!
Elfriede Lang, Rotbach
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Nachdem ein angeblich neutraler Briefschreiber der Loris-Kapelle einige Liebenswürdigkeiten an den Kopf geworfen hat, die für uns ja schon konventionelle Phrasen (Lügen!?) sind, möchte ich, ohne aber der mimosenhaften Empfindlichkeit beschuldigt zu werden, im Namen der Musikkapelle meine Meinung sagen.
Das Faktum steht fest, dass durch die maßlos übertriebene, verworrene Schilderung, ohne uns dabei eigene Konzessionen zu machen, bei den Außenstehenden eine abfällige Meinung hervorgerufen wurde. Zur teilweisen Klärung des Tatbestandes sei folgendes gesagt: Die Loris-Kapelle wurde im Jahre 1908 von meinem Großvater Peter Loris gegründet. Der Dirigentenstab blieb also über vier Generationen in der Familie (Peter und Martin Loris, Ignatz L., Mathias L. sen., Mathias L. jun.) In der Zeit des 63jährigen Bestehens gab es auch natürlich einige Spaltungen (siehe: NBZ Nr. 1869, 17. Nov. 1968).
Die letzte Spaltung fand im Jahre 1957 statt. Johann Kaszner, ein langjähriges Mitglied der Loris-Kapelle, gelang es, einige Musikanten von seiner Theorie der Selbständigkeit und der Möglichkeit des Mehrverdienens (bedingt von der kleinen Anzahl) zu überzeugen, und der eigentlich schon im Jahre 1894 begonnene Musikstreit hatte wieder neuen Nährboden.
Die Schilderung des neutralen Briefschreibers, der Exzesse nicht nur verallgemeinert, sondern auch noch im entgegengesetzten Sinne des wahren Sachverhaltes wiedergibt, erkläre ich im Namen der 83 Bläser und anderen Aktiven der Loris-Kapelle als falsche Angaben (schon die Anführung von nur 49 Mitgliedern spricht für die einseitig verfolgte Tendenz des Briefschreibers).
Das Urteil betreffs Können und musikalische Tätigkeit beider Kapellen möchte ich fachkundigen Personen überlassen (die der Fanatiker sind genügend vorhanden), da Eigenlob nicht überzeugend wirkt.
Der goldene Weg zur Beseitigung der bedauernswerten "Affäre" wäre die Vereinigung. Diesbezüglich unseren Standpunkt: Ein jeder war und ist in unserer Mitte gerne gesehen. Wir haben keinen ausgeschlossen und wer wieder den Anschluss finden will, ist als gleichgestellter Zunftgenosse gerne willkommen. Wir spielen frei und uneingenommen von materiellem Gewinn, die Liebe zur Musik und die Pflichten im Bereich der Kulturtätigkeit sind Hauptantrieb unserer musikalischen Tätigkeit. Wir bewahren eine Tradition, die auch Zukunft hat.
Mathias Loris sen., Kapellmeister
aus NEUER WEG, Bukarest, 28. April 1971
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