Dienstag, 1. Juli 2025

Literarisches Sammelsurium

Stefan Teppert (Hrsg.): Die Erinnerung bleibt – Donauschwäbische Literatur seit 1945 – Eine Anthologie; Band 2, E – G; Hartmann Verlag, Sersheim, 2000; ISBN 3-925921-25-7; 68 DM.
Nein, das ist keine Blumenlese, dieser zweite Band der Veröffentlichungsreihe Donauschwäbische Literatur seit 1945. Das 1600 Gramm schwere und 22,5 x 155 x 4,5 cm große, in Leinen gebundene Buch trägt den Titel Die Erinnerung bleibt. Und es sind wahrlich nicht nur literarische Blumen, die in diesem donauschwäbischen Garten des Geistes wachsen. Alles andere würde auch dem Titel einer solchen Sammlung von Gedichten, Erzählungen und Essays nicht gerecht werden.
Was Stefan Teppert hier zusammengetragen und im Hartmann Verlag herausgebracht hat, darf nicht als Auslese nach literarischen (also immer auch subjektiven) Kriterien betrachtet werden. Wir haben es mit einer Bestandsaufnahme von Schriftstücken zu tun, die durch ihren Inhalt oder die Abstammung ihrer Verfasser dem donauschwäbischen Raum (Jugoslawien, Rumänien, Ungarn) zugeordnet werden können. Der Herausgeber blieb also seinem im ersten Band (1995) eingeschlagenen Weg treu. Warum er das tat, wird von ihm selbst im Vorwort überzeugend erläutert.
Wie auf einem von Gärtnerhand unberührten Eiland kam ich mir beim Lesen dieses Buches vor. Gestrüpp, ziemlich dicht, auch Dornen. Nicht selten beschleicht einen auch ein Gefühl des Im-Kreis-Herumirrens. Immer wieder dieselben Themen. Erinnerungsliteratur eben. Mit Herzblut geschmiedete Verse. Erzählgedichte, die bedrückende Botschaften transportieren und verkrampft im Reim eine Genrebestätigung suchen. 
Da kann von leichter Lektüre keine Rede sein, wie man sie gelegentlich von schnell zur Urlaubsentspannung gekauften Anthologien gewohnt ist, aber auch nicht von sprachästhetischen Superlativen gleich einzelner im Buchhandel ab und zu auftauchender Sammelbände. Wer sich in das Gestrüpp gewagt hat, muss vorwärts drängen. Das lohnt sich. Immer wieder sprießen zarte Blümlein und ab und zu sogar wunderschöne Blütensträucher. Der Überraschungseffekt beim Lesen dieses Buches sollte auf keinen Fall unterschätzt werden, sind doch auch die Autoren vertreten, deren Werke auch einer strengen, nach allen Regeln des gängigen Literaturbetriebes vorgenommenen Blumen[aus]lese standgehalten hätten. Andererseits entdeckt man Autoren, von deren Wirken man gar nichts wusste oder deren Namen bisher nur im Zusammenhang mit anderen gesellschaftlichen oder beruflichen Betätigungen bekannt waren. Dabei darf anfängliches Staunen gelegentlich sogar in aufrichtiger Bewunderung gipfeln.
Der informative Teil dieses Mammutwerkes sollte natürlich nicht unterschätzt werden. Jeder Autor wird mit Foto und Kurzbiografie vorgestellt. Für Literaturliebhaber und selbst für Wissenschaftler ist der aufschlussreiche Anhang von Bedeutung. Er enthält das Verzeichnis der Autoren mit ihren Texten, deren Entstehungsjahre oder Quellen und Lizenzgeber, Veröffentlichungen der Autoren, Anthologien und Sekundärliteratur.
Der Hartmann Verlag hat das auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier gedruckte Buch zu einem für 1021 Seiten immerhin akzeptablen Preis herausgebracht. Die Vitae und Werke füllen in alphabetischer Reihenfolge der Autoren die schneeweißen Seiten und können jedem Leser, ob süchtig nach schöngeistiger Literatur oder nur an Erlebnisberichten interessiert, ein stellenweise wirklich geistiges Erlebnis bieten: Maria Ebner, Leopld Egger, Gretl Eipert, Manfred Engelmann, Nikolaus Engelmann, Uwe Erwin Engelmann, Adam Englert, Heinrich Erk, Helmut Erwert, Walter Färber, Wendelin Faltum, Horst Fassel, Georg Fath, Gerlinde Fickinger, Wilma Filip, Jakob Filippi, Hans Fink, Ludwig Fischer, Gustav Flander, Elisabeth Flassak, Eva Frach-Fischler, Johann Franz, Nikolaus Franzen, Helmuth Frauendorfer, Heinrich Freihoffer, Georg Friedrich, Franz Frombach, Joseph Fuchs, Johann Josef Gabriel, Peter Gaenger, Erich Georg Gagesch, Alfred Garoescu, Franz Gaubatz, Adalbert Karl Gauß, Karl-Markus Gauß, Josef Geiser, Konrad Gerescher, Gerd Gerhardt, Horst Gerhardt, Robert Glatt, Heinrich Göttel, Karl Götz, Josef Goschy, Franziska Graf, Jakob Graß, Otto Greffner, Luise Gregetz, Gertrud Gregor, Karl-Hans Gross, Catherina Grosskopf, Peter Grosz, Ferdinand Ernst Gruber, Wendelin Gruber, Margarete Grün, Klaus Günther, Elisabeth Gutwein-Metschar.
Anton Potche

aus BANATER POST, München, 5. Oktober 2000

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