Die Jahrmarkter Mundartdichterin
Maria Ebner konnte sich an ihrem 80. Geburtstag einer reichen
geistigen Fechsung erfreuen.
„Wu
Pipatsche im Feld drauß stehn, / ins Laab die Leit im Herbst noch
gehn, / wu mer sich freindlich grießt und lacht, / em Nochber
winscht a guti Nacht, / a gutes Wort eem jede saat, / dort is mei
Heimat, es Banat.“
Diese
Verse sind 1979 in der banatschwäbischen Blumenlese Fechsung
(Kriterion Verlag Bukarest) erschienen. Ihre Schöpferin erblickte
das Licht der Welt in der Pipatschzeit (5. Mai) des Jahres 1920 und
darf sich im Herbst ihres Lebens der reichen und vielfältigen
Fechsung ihres stets kreativen Geistes erfreuen. Wie fast alle
Jahrmarkter war auch sie in der Banater Heckengemeinde leichter mit
Hilfe ihres Spitznamens Kaschper Marian ausfindig zu machen.
Die Kinder des Dorfes rezitierten ihre Hochzeitssprüche mit
größerer oder mäßigerer Begeisterung, und so mancher Vortänzer
trug einen von ihr verfassten Kerweihspruch hoch zu Fass vor. Auch
die Moderatoren der berühmten Jahrmarkter Musikantenbälle griffen
auf ihre dichterischen Kreationen zurück. Zu Weihnachten und
Dreikönig war sie stets mit dem Christkind und den Königen aus dem
Morgenland unterwegs.
Über
die Dorfgrenzen hinaus wurde die Mundartdichterin unter ihrem
bürgerlichen Namen Maria Ebner bekannt. Die PIPATSCH, die
BANATER POST, DER DONAUSCHWABE und das DONAUTAL-MAGAZIN standen und
stehen ihr als Veröffentlichungsforen zur Verfügung. Laut Dr.
Anton Peter Petri in Deutsche Mundartautoren aus dem
Banat erschien ihr erstes Mundartgedicht 1970 in der
NBZ-Beilage PIPATSCH. Bereits 1979 konnte man aus berufener Feder
erfahren: „Eine Vertreterin der Spruchdichtung ist die Jahrmarkter
Bäuerin Maria Ebner. Die Zahl ihrer Gelegenheitsdichtungen ist eine
dreistellige, wenn nicht sogar schon vierstellige; schätzungsweise
allerdings, da vieles nur in einem einzigen handschriftlichen
Exemplar existiert hat und nach dem Vortrag verlegt, verloren und
vergessen wurde.“ (Ludwig Schwarz im Vorwort zur Fechsung).
Maria Ebner alias Kaschper Marian |
Ein
Werkverzeichnis mit Maria Ebners veröffentlichten und
unveröffentlichten literarischen Schöpfungen gibt es nicht.
Erwähnenswert wären auf jeden Fall ihre drei Einakter Domplatz,
De stottriche Sepp und Die Tratschweiwer.
Beim
Heimattag der Banater Schwaben in Ulm 1994 erklangen die von ihr
verfassten Glocken der Heimat (Musik: Lorenz Speck,
Jahrmarkt / USA): „Sie läuten, die Glocken, in Freud und in
Schmerz, / Sie rufen, sie locken das sehnende Herz. / Oh Glocken der
Heimat, ihr bleibt mir im Sinn, / Wo immer im Leben mich ziehet‘s
auch hin.“ So mancher, der ihnen einst bewusst gelauscht hat, wird
diese in Verse gegossene Gefühlswallung nachempfinden können.
Maria
Ebner wurde im heuer besonders schönen Wonnemonat Mai 80 Jahre
alt. Es ist ein Alter, das ihr hoffentlich die Kraft verleiht, noch
das eine und andere Mundartpflänzchen sprießen zu lassen. Mögen
die in ihrem Geiste so wach gebliebenen Glocken der Heimat
(erschienen in Jahrmarkt im Banat, 1983)
ihr auch weiterhin die dazu nötige Eingebung schenken.
Anton Potche
aus BANATER POST, München, 20. Juni 2000
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