Dienstag, 14. Januar 2025

200 Jahre Schwabentum im Banat.

Festlichkeiten in Temesvar.

Temesvar, 10. September

Dichtungen sind beseelte Naturerzeugnisse, die mit Notwendigkeit aus verschiedenen Faktoren hervorgehen: aus dem Zeitbewußtsein (den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zuständen), aus der Rasse, aus dem Volkstum, der Heimat, aus der häuslichen Umwelt und aus der Persönlichkeit des Dichters selbst, als der innersten bestimmenden Triebkraft. Dieses Wesen der Dichtung wird bei der Zweijahrhundertfeier des Schwabentums wach, als scharfer Charakterzug eines Volkes, das überall, wohin es seinen Fuß hinsetzt, die Natur beseelt, mit seiner inneren Triebkraft Blüte und Reichtum, Kultur erstehen läßt. Aus dem Boden im Banat, den der Schwabe sich gewählt, sind in den zweihundert Jahren rastloser Arbeit Naturschätze geborgen worden, entsprangen wirtschaftliche und geistige Werte, deren Umfang immer größer, deren Auswirkungen immer intensiver wurden.
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Festsitzung.
Ueber den Verlauf der Festlichkeiten berichten wir wie folgt: Auf zahlreichen Häusern wehte die Staatsfahne und auf denen der Volksgenossen auch die rotgoldgehaltene schwäbische Fahne. Die Festlichkeiten setzten Freitag abends mit einem Bekanntschaftsabend im Hotel „Krone“ ein, in deren Mittelpunkte der Hochschülerkommers stand, den der Med. cand. F. Klingler eröffnete. Dr. Graßel aus Jugoslavien übermittelte die Grüße der dortigen Deutschen, ein Student aus Württemberg die Grüße der alten Heimat. Anwesend waren auch die sächsischen Parlamentarier Rudolph Brandsch, Dr. Hans Otto Roth, ferner Emil Neugeboren, einige Professoren aus Szatmar und ein Balte. Der Hermannstädter Männergesangverein „Hermania“ war vollzählig erschienen und löste mit der herrlichen Wiedergabe der Gesänge Wies daheim war und des Müller=Guttenbrunnschen Schwabenliedes frenetischen Beifall aus.
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Hierauf sangen der Steierdörfer Bergmänner=Gesangverein, der Steierdörfer Männergesangverein, der Temesvarer Deutsche Gesangverein, sowie die Neupecser, Modoser und Mehalaer Männergesangvereine unter Leitung des Dirigenten Karl Reiter die Königshymne mit deutschem Text, die durch die Gäste stehend angehört wurde. Prälat Franz Blaskovits würdigte die Tugenden des schwäbischen Volkes, pries dessen Fleiß, Ordnungsliebe und Gesetzesachtung, dessen Treue zum Lande, in welchem es lebt, die ehrfurchtsvolle Treue und Anhänglichkeit des braven Schwabentums zum Thron und beantragte, Sr. Majestät dem König ein Huldigungstelegramm zu senden.
Die ganze Festversammlung erhob sich und brach in ein dreimaliges Hoch auf den König aus.
Die Gesangvereine brachten hierauf das Lied Das ist der Tag des Herrn zum Vortrag.
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Der Festzug.
Den Glanzpunkt des Schwabenfestes bildete der grandiose Festzug, der gestern vormittag durch die Straßen unserer Stadt zog.
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Fünfundzwanzigtausend Menschen waren im Festzug. Die meisten Gemeinden des rumänischen Banates, ungefähr 100 an der Zahl, waren mit großen Abordnungen vertreten. Dreißig Musikkapellen und zumindest ebensoviel Gesangvereine nahmen im Festzug teil, der allen, die ihn gesehen und bewundert haben, ein unverwischbares Erlebnis bleiben wird.
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Den Zug selbst eröffnete die Orzydorfer (Unterweger)=Musik, der 150 Reiter folgten mit der rot=goldenen Schärpe um die Schulter.
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Im historischen Teil des Zuges fand auch die Schwarzwäldergruppe besonderes Gefallen. […] Voran marschierte die Musik von Sackelhausen.
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Die gelungene Faschingsgruppe aus Sackelhausen mit der Musik aus Jahrmarkt löste Heiterkeit aus. Die Schnittergruppe aus Jahrmarkt war lebensecht, ebenso die Gemüsegruppe aus Lovrin.
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Lenauheim schickte einen Lenaufestwagen, Guttenbrunn einen Adam Müller=Guttenbrunn=Wagen, auf welchem das reisigumrahmte Bildnis des „Erzschwaben“ platziert war. Der Hermannstädter Gesangverein „Harmonia“ marschierte unter Führung des Prof. Dr. Konnerth, ferner der Steierdörfer Bergmänner=, der dortige Gesangverein, der Aninaer Arbeiter= Gesangverein mit ihren Fahnen unter klingendem Spiel im Zug, während die übrigen Männergesangvereine sich in den Gruppen ihrer Gemeinden eingegliedert hatten. 
In der Trachtengruppe der Gegenwart kamen erst Neusiedl a. d. Heide mit Musik, dann Neuarad, die Männer mit Silberknöpfen am Gewand. Die Lieblinger waren mit dem evangelischen Pfarrer Michael Wolf sehr zahlreich vertreten. Im farbigen Hochzeitszug ging die Braut allein voran, ihr folgten die Kranzelpaare, die Weiber, dann der Bräutigam und die Männer, zum Schluß eine lustige Gruppe. An der Spitze schritt die Musik. […] Die „Nächstenliebe“=Tischgesellschaft Temeswar kam mit Musik.
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Festmesse und Festpredigt am Domplatz.
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Der apost. Administrator las die Festmesse, wobei der Marienfelder Kirchenchor mit dem Orchester unter Leitung des Kantors Schlier den choralen Teil überaus schön sang.
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Zum Schluß stimmte der apost. Administrator ein klangvolles Tedeum laudamus an, das der Klerus und die Anwesenden mitsangen.
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Die Feier am Domplatz endete mit dem Heil dir mein Heimatland, das mit Orchesterbegleitung von den Priestern und den Deutschen weithallend gesungen wurde.
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Die weiteren Festlichkeiten.
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Sonntag abends veranstaltete die Sackelhausener Knabenkapelle mit dem Kapellmeister Loriß vor dem deutschen Hause einen Zapfenstreich. Hernach fand im Sommertheater unter Mitwirkung der Warjascher Jugend und des Marienfelder Kirchenchors eine Theatervorstellung statt.
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In der Reihe der Festlichkeiten sei noch das gestern nachmittag im Fabrikshof stattgefundene Wettsingen erwähnt, an welchem folgende Gesangvereine teilnahmen: aus Varjas (Dirigent Hora), Hodony (Dittrich), Neusiedl (Bosch), Lugos (Wallisch), Sarafalva (Leßl), Hermannstadt (Stubbe), Kleinjecsa (Eck), Gyertyamos (Ballauer), Arbeiter Gesangverein Anina (Dudl), Steierdorf (Babiak), Neupecs (Mathias), Mehala (Reiter), Schöndorf (Weber), Segenthau (Eisele), Marienfeld (Wittmann). Außerdem spielte die Orzyidorfer Unterweger‘sche Musik. Es sprachen Wilhelm Koppony und andere Führer des Schwabentums.

aus TEMESVARER ZEITUNG, Temesvar, 11 September 1923

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