Dienstag, 10. Dezember 2024

Baron Béla Ambrózy †. (3)

Gyarmatha, 20. Jänner. 
Vivos voco, mortuos plango.
Dumpf, klagend erdröhnt die Glocke des Gyarmathaer Kirchenturms, die ihres Vaters beraubte verwaiste Gemeinde zur düsteren Leichenfeier einladend.
Vivos voco! Sie ruft die Ueberlebenden, die in tiefem Schmerz trostlos Zurückgebliebenen herbeizueilen, daß sie dem schlichten und doch so großen Sohne der Gemeinde das letzte Geleite geben, wenn sein müder, gebrochener Körper wieder dem Schoße der Muttererde zurückgegeben wird.
Mortuos plango! Sie beweint den Verstorbenen, der nach einem so thatenreichen, an Erfolgen so glänzenden Leben die Stätte seiner Arbeitsamkeit zurücklassen mußte, bevor sein Lebenswerk noch ganz beendet war.
Vivos voco! Sie mahnt die an der Grabstätte versammelten Lebenden, bei der Rückkehr zum Alltagsleben eingedenk zu sein der Tugenden, welche sie jetzt pietätsvoll anerkennen und sich den Lebenslauf des Verblichenen zum Muster zu nehmen.
Mortuos plango! Sie klagen an der Grabstätte des Verblichenen, daß es das Schicksal so gefügt, daß er seine Gemeinde, seine Kinder verlassen mußte für ewige Zeiten.
Und aus allen Hütten und Wohnungen Temesgyarmathas hat sich die Klage der schlichten Insassen mit den wimmernden, jammernden Tönen der Kirchenglocke vermengt.
Baron Béla Ambrózy
im Jahr 1905
[…] 
Tausende sind in dem alten Herrenhause versammelt, tausende geleiten den prunkvollen Todtenwagen nach der Familiengruft, deren Thore sich dumpf dröhnend hinter dem neuen Insassen schließen.
Baron Béla Ambrózy ist zu seinen Vätern heimgekehrt!
Er ruhe sanft!


Die Kondolenzen.

[…]
Die Trauergäste.
Die Trauergäste trafen zum Theil schon gestern ein. Das Gros derselben traf jedoch heute Vormittag mit dem fahrplanmäßigen und einem Extrazuge ein. […]. Es gelang uns von der großen Anzahl der Erschienenen folgende Personen zu notiren:
Geheimrath Graf Andreas Csekonics, Ministerialrath Georg v. Radisich des Ackerbauministeriums, Reichstagsabgeordneter Karl Hußár und Gemahlin geb. Baronesse Georgina Ambrózy, Baron Julius Ambrózy, […], bischöfl. Sekretär Augustin Pacha, Dechantpfarrer Franz Demele (Gyarmatha), […].

Die Trauerzeremonie.

Als die Trauergäste im herrschaftlichen Kastell angelangt waren – es war mittlerweile ½ 11 Uhr geworden - und die Führer der Deputationen sowie einzelne Persönlichkeiten dem Sohne des Verstorbenen, Baron Andor Ambrózy, kondoliert hatten, nahm Senior Béla Kramár die Einsegnung der Leiche vor.
[…]
Nachdem der Priester seine Rede mit einem Gebete beendet hatte, verabschiedete sich Namens des Temeser Komitates Vizegespan Alexander Ferenczy von dem Verstorbenen.
[…]

Der Leichenzug.

Nachdem die Worte des Vizegespans verklungen waren, wurde der Sarkophag auf den vierspännigen Leichenwagen der Gemeinde Gyarmatha gehoben und der vom Geschäftsführer Béla Sebes der Emerich Varga‘schen Leichenbestattungsunternehmung „Szent=Margit“ arrangirte schier endlose Trauerzug setzte sich in Bewegung.
An der Tête marschirte die Musikkapelle des 61. IR, die den Beethoven‘schen Trauermarsch intonierte, sodann folgte ein Zug der Ehrenkompagnie des 61. Infanterie-Regiments unter dem Kommando des Hauptmanns Abraham. Anschließend marschirte die Temesvárer und Temesgyarmathaer Feuerwehr mit der Musikkapelle der letzteren, weiters eine Abteilung des Temesgyarmathaer Schützenkorps mit der Musikkapelle. Zwischen einer Spalier von Schützen und der Vertreter der Gemeinderepräsentanz unter Führung des Gemeindenotärs Johann Szánthó kamen der mit Kränze beladene Blumenwagen und der Leichenwagen. Dem Sarge voran wurden auf zwei Samtpölstern die zahlreichen Orden und Medaillen Ambrózys getragen. An den Außenfronten zu beiden Seiten des Leichenzuges schritten Hausoffiziere der Entreprise mit brennenden Flambeaus und den Wappenschildern des Verewigten. 
Dem Sarge folgten sodann die Familienangehörigen und die erschienenen Notabilitäten, während als Abschluß des Konduktes der zweite Zug der Ehrenkompagnie des 61. Infanterie-Regimentes schritt.
Natürlich gab die Bevölkerung Gyarmathas dem verstorbenen Grundherrn fast vollzählig das letzte Geleite.
Während der Trauerzug sich dem Gottesacker näherte, erdröhnten aus der Ferne dumpfe Böllerschüsse zum letzten Abschied von der Heimathsgemeinde Temesgyarmatha.
Vor der Familiengruft machte der Zug Halt und Seelsorger Franz Bohns segnete hier nochmals die irdischen Ueberreste ein. Ein kurzes ergreifendes Gebet, ein Salutschuß der Truppe und die Thorflügel der Familiengruft schlossen sich für immer hinter weil. Béla Ambrózy.

Die Trauergäste verließen noch mit dem Mittagszuge den Ort.

aus TEMESVÀRER ZEITUNG, Temesvár, 21. Jänner 1911


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen