Banatschwäbisches Brauchtumsfest des Jahres zwischen Überlieferung und Erneuerung
Ob
Kerwei, Kirwei, Kirbai oder Kirwa, der größten und sicherlich
beliebtesten schwäbischen Brauchtumsfeier des Jahres, wird im Banat
, wie Anno 1800, so auch im Jahr 1985, die höchste Aufmerksamkeit
geschenkt. Kaum sind die letzten traditionellen Trachtenfeste,
Schwaben-, Schürzen-, Weiber-, Feuerwehr- oder Faschingsbälle der
kalten Jahreszeit ausgeklungen, so setzt im Wonnemonat Mai mit den
Festen von Schiria und Glogowatz der bunte Kerwei-Reigen im Banat
ein. Reihum wird die Kerwei „ausgegraben“ und „eingegraben“,
der geschmückte „Kerweibaam“ in der Dorfmitte aufgestellt, die
bunten Trachtenkleider aus Schubläden und Schränken hervorgeholt,
Vortänzer- und Nachtänzerpaar sowie Kerweivater und Kerweimutter
gekürt, eine Weinkostprobe veranstaltet, die gewünschte Blaskapelle
für das Fest gewonnen usw. - in den Großgemeinden Jahrmarkt,
Lowrin, Großjetscha wie in dem kleinen Hopsenitz, in den Städten
Großsanktnikolaus, Lippa, Hatzfeld wie in den Temeswarer
Stadtvierteln Fratelia oder Mehala – bis zu der letzten, aber nicht
minder festlichen Kerwei von Neukaransebesch, der die Einheimischen
humorvoll das Attribut „die letzti im Kalenda“ anhängen.
Was macht die Bedeutung dieses Festes, seine trotz der jahrhundertealten Tradition immerwährende Frische und seine Anziehungskraft für alle Generationen einer schwäbischen Dorfgemeinschaft aus? Ist‘s allein das Fest des Frohsinns, des Tanzvergnügens und Weins, das dem kollektiven Lebensrhythmus angepaßte Volksfest nach „sauren“ Wochen, nach Arbeit und Mühe? Oder ist‘s das typische schwäbische Familienfest, das Fest des Dorfes, bei dem jeder Generation nach althergebrachtem Brauch ihre Rolle zukommt und auf‘s neue die Geschlossenheit einer Gemeinschaft auf die Probe und zur Schau gestellt wird? Kerwei bedeutet den Banater Schwaben von alldem etwas und doch vielmehr: Ausdruck der Verbundenheit mit der Heimat, dem Elternhaus und den Landsleuten, Liebe zu den Bräuchen und Sitten der Urahnen, Pflege der alten bekannten Volksweisen und Volkstänze, die Schau der alten schwäbischen Volkstrachten.
Heuer mehr denn je wächst der Sinn und die Bedeutung des angestammten Kerwei-Rituals mit seinen Symbolen, Sprüchen und überlieferten Handlungen über seinen ursprünglichen Gehalt hinaus: Die Vorbereitung der Festtrachten, Faß und Kerweibaum mit Kranz oder mit Seidenbändern geschmückt, die traditionelle Einladungstour der Kerweigäste mit Sträußchen, Weinflasche und Blasmusik, der Aufmarsch des stattlichen Trachtenzugs, die Versteigerung des mit Bändern geschmückten Rosmareinstraußes, des Kerweihuts und -tüchleins, der beliebte Wettbewerb um Weinflaschen und Kerweibock (durch Kegeln oder Losentscheid), die unfehlbare Ansprache des ersten Geldherrn, der Tanzreigen um den Kerweibaum, die Blaskapellen, ob sie nun Schwowische Stadtmusikante, Hecke- und Heidemusikanten, Tornado oder schlicht Hans-Maly-Kapelle, Hans-Mayer-Kapelle oder Martin-Schütt-Kapelle genannt wird, treten wohl dem Lokalkolorit angepaßt, von Ortschaft zu Ortschaft etwas abgewandelt, nach altem oder neuem Brauch, als Erwachsenen-, Jugendlichen- oder gar Kinderkerwei, jedoch immer mit den invariablen Grundkomponenten, die den Brauch erhalten, in Erscheinung.
Was ist die Kerwei nun, 1985, nach zahlreichen sozialen Umwandlungen im Banater Dorf, wie z.B. die steigende Angleichung des Dorfes der Banater Heide und Hecke an den Status einer städtischen Gemeinschaft und anderen bedeutenden Mutationen im Leben der schwäbischen Bevölkerung? Vor allem einer der wichtigsten Faktoren der Überlieferung und Erneuerung ethnischen Bewußtseins, des Kulturerbes, der Tradition, des Brauchtums und der Sitten. Der Lebensweise, der Kultur, dem Brauchtum der Banater Schwaben ist in den Kunstwerken eines Stefan Jäger oder in den literarischen Werken eines Adam Müller-Guttenbrunn und Ludwig Schwarz ein getreues künstlerisches Denkmal gesetzt. Dazu gehören die in den letzten Jahren gegründeten Kulturstätten, vor allem das schwäbische Heimatmuseum in Lenauheim, das nun schon seit 17 Jahren besteht und unter anderen volkskundlich wertvollen Exponaten auch 50 Trachtenpuppenpaare aus ebenso vielen Banater Ortschaften mit der alten Arbeits- und Festkleidung der schwäbischen Bevölkerung beherbergt. Die Kerwei jedoch erscheint, von Jahreszyklus zu Jahreszyklus dieselbe und doch neu, als die unmittelbarste und lebendigste Botschaft über Vergangenheit und Da-Sein der Banater Schwaben.
Was macht die Bedeutung dieses Festes, seine trotz der jahrhundertealten Tradition immerwährende Frische und seine Anziehungskraft für alle Generationen einer schwäbischen Dorfgemeinschaft aus? Ist‘s allein das Fest des Frohsinns, des Tanzvergnügens und Weins, das dem kollektiven Lebensrhythmus angepaßte Volksfest nach „sauren“ Wochen, nach Arbeit und Mühe? Oder ist‘s das typische schwäbische Familienfest, das Fest des Dorfes, bei dem jeder Generation nach althergebrachtem Brauch ihre Rolle zukommt und auf‘s neue die Geschlossenheit einer Gemeinschaft auf die Probe und zur Schau gestellt wird? Kerwei bedeutet den Banater Schwaben von alldem etwas und doch vielmehr: Ausdruck der Verbundenheit mit der Heimat, dem Elternhaus und den Landsleuten, Liebe zu den Bräuchen und Sitten der Urahnen, Pflege der alten bekannten Volksweisen und Volkstänze, die Schau der alten schwäbischen Volkstrachten.
Heuer mehr denn je wächst der Sinn und die Bedeutung des angestammten Kerwei-Rituals mit seinen Symbolen, Sprüchen und überlieferten Handlungen über seinen ursprünglichen Gehalt hinaus: Die Vorbereitung der Festtrachten, Faß und Kerweibaum mit Kranz oder mit Seidenbändern geschmückt, die traditionelle Einladungstour der Kerweigäste mit Sträußchen, Weinflasche und Blasmusik, der Aufmarsch des stattlichen Trachtenzugs, die Versteigerung des mit Bändern geschmückten Rosmareinstraußes, des Kerweihuts und -tüchleins, der beliebte Wettbewerb um Weinflaschen und Kerweibock (durch Kegeln oder Losentscheid), die unfehlbare Ansprache des ersten Geldherrn, der Tanzreigen um den Kerweibaum, die Blaskapellen, ob sie nun Schwowische Stadtmusikante, Hecke- und Heidemusikanten, Tornado oder schlicht Hans-Maly-Kapelle, Hans-Mayer-Kapelle oder Martin-Schütt-Kapelle genannt wird, treten wohl dem Lokalkolorit angepaßt, von Ortschaft zu Ortschaft etwas abgewandelt, nach altem oder neuem Brauch, als Erwachsenen-, Jugendlichen- oder gar Kinderkerwei, jedoch immer mit den invariablen Grundkomponenten, die den Brauch erhalten, in Erscheinung.
Was ist die Kerwei nun, 1985, nach zahlreichen sozialen Umwandlungen im Banater Dorf, wie z.B. die steigende Angleichung des Dorfes der Banater Heide und Hecke an den Status einer städtischen Gemeinschaft und anderen bedeutenden Mutationen im Leben der schwäbischen Bevölkerung? Vor allem einer der wichtigsten Faktoren der Überlieferung und Erneuerung ethnischen Bewußtseins, des Kulturerbes, der Tradition, des Brauchtums und der Sitten. Der Lebensweise, der Kultur, dem Brauchtum der Banater Schwaben ist in den Kunstwerken eines Stefan Jäger oder in den literarischen Werken eines Adam Müller-Guttenbrunn und Ludwig Schwarz ein getreues künstlerisches Denkmal gesetzt. Dazu gehören die in den letzten Jahren gegründeten Kulturstätten, vor allem das schwäbische Heimatmuseum in Lenauheim, das nun schon seit 17 Jahren besteht und unter anderen volkskundlich wertvollen Exponaten auch 50 Trachtenpuppenpaare aus ebenso vielen Banater Ortschaften mit der alten Arbeits- und Festkleidung der schwäbischen Bevölkerung beherbergt. Die Kerwei jedoch erscheint, von Jahreszyklus zu Jahreszyklus dieselbe und doch neu, als die unmittelbarste und lebendigste Botschaft über Vergangenheit und Da-Sein der Banater Schwaben.
Balthasar
Waitz
aus VOLK UND KULTUR, Bukarest, Oktober 1985
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