Dienstag, 20. Juli 2021

Band zwischen Träumen und Aufbäumen

Ingolstadt (e) Musikunterricht der feineren und für viele anwesende Schüler wahrscheinlich auch der gefälligeren Art war das Konzert der Apian-Big-Band im großen Musiksaal des Schulzentrums Südwest. Das zu Gehör gebrachte Programm bot einen abwechslungsreichen Querschnitt durch verschiedene Musikepochen dieses Jahrhunderts. 
Jazzhits des Altmeisters der amerikanischen Musical-, Revue- und Filmmusik Irving Berlin wurden ebenso schwung- und gefühlvoll vorgetragen wie Kompositionen Duke Ellingtons mit ihren impressionistischen Klangfarben und überraschenden Akkordalterationen. Berd Kaempferts Strangers In The Night, Mabel Waynes Ramona und Melodien in den Tanzrhythmen Rumba-Cafioca, Foxtrott, Cha-Cha-Cha u. a. verdeutlichen die weite Bandbreite eines gut ausgewählten Big-Band-Repertoires. 
Und doch sind es immer wieder altbekannte und beliebte Ohrwürmer, die nach einem gelungenen Konzert in den Gemütern der Zuhörer nachschwingen. So auch nach diesem Sommerkonzert der Big-Band des Apian-Gymnasiums. Maurice Jarres Schiwago-Melodie und der Swing In The Mood – mit dem Glenn Miller zwar berühmt wurde, den aber Joe Garland komponiert hat – werden in ihrer Nachwirkung bei dem einen oder anderen die gebotenen Zugaben überlebt haben. 
Walter Kindl
Was bei den Auftritten dieses mit professioneller Gelassenheit agierenden und meist auch professionell klingenden Klangkörpers beeindruckt, ist seine akademische Darbietungsweise. Der in klassischem Konzertstil dirigierende Musiklehrer Walter Kindl strebt dadurch höchstmögliche Partiturtreue an und erzielt gleichzeitig dynamische Effekte, die in den lyrischen Stellen wohltuend und in den Tutti-Bläsersätzen auch schon mal herausfordernd stringent klingen. 
Träumen und Aufbäumen liegen so, dem geschichtlichen Ethos dieser Musik entsprechend, sehr nahe beieinander. Die Soloparts spielen bei der Nähe dieser Gegensätze eine wichtige Rolle in den Big-Band-Kompositionen, und es war klar erkennbar, daß das 14 Mann/Frau starke Apian-Ensemble großen Wert auf die Abstimmung zwischen Orchester und Solist legte. 
Die erzieherische Wirkung dieser außerschulischen Kulturarbeit am Apian-Gymnasium liegt nicht nur in der Stimulanz, Neugierde, Interesse und schließlich Verständnis für verschiedene – in diesem Fall musikalische – Kulturformen zu wecken, sondern auch in der Ausgestaltung des heute oft angemahnten Teamgeistes durch das im wahrsten Sinne des Wortes harmonische Zusammenspiel zwischen Lehrkräften und Schülern. 
Eine Lehrerin und drei Lehrer üben nicht nur eine Vorbildfunktion durch ihr Mitspiel in dem Orchester aus, sondern sind auch eine wichtige Bestandsgarantie desselben, ist doch die natürliche Personalfluktuation in Schulorchestern auch für diese Schul-Big-Band eine dauernde Bedrohung. Wenn Lehrer aber das nötige außerschulische Engagement zeigen, wird Kulturarbeit an unseren Schulen auch weiterhin fruchtbar bleiben.

Anton Potche

aus DONAUKURIER, Ingolstadt, 

3. Juli 1998

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