Dienstag, 14. Juli 2020

Geschichtsdarstellung

Ein bemerkenswertes Leben: Erinnerungen an 
Bischof Pacha
Franz Kräuter. Erinnerungen an Bischof Pacha – Ein Stück Banater Heimatgeschichte; ADZ Verlag, Bukarest, 1995; ISBN 973-96022-5-8; 254 S., 26,--DM; Bestellung: Landsmannschaft der Banater Schwaben.
Biographie“ ist „die Darstellung eines durch Ideen, Taten, Charakter oder Schicksal bemerkenswerten Menschenlebens; Zweig der Geschichtsdarstellung u. eig. lit. Form.“ (Familienlexikon, 1993 by Isis Verlag, AG, Chur/Schweiz). Ein solch bemerkenswertes Menschenleben hat Dr. theol. Franz Kräuter (1920 – 1986) in seinen Erinnerungen an Bischof Pacha für die Nachwelt festgehalten.
Der einer „donauschwäbischen Familie aus Moritzfeld (rumänisch Măureni, ungarisch Móicföld) im Banat „ entstammende Augustin Pacha wurde 1923, dem Jahr des aufblühenden völkischen Selbstbewußtseins der Deutschen im Westen Rumäniens, zum Apostolischen Administrator der Diözese Tschanad – mit 154 Pfarreien in Rumänien, 64 in Jugoslawien und 32 in Ungarn – ernannt. Vier Jahre später wurde er Titularbischof von Lebedo ( auf den Titel einer untergegangenen Diözese geweihter Bischof) und am 16. Oktober 1930 Diözesanbischof der neugegründeten Diözese Temeswar. 
Natürlich waren in einem südosteuropäischen Landstrich, in dem die verschiedensten Nationalitäten sich argwöhnisch beäugten, Ideen zu einem friedlichen Neben- oder auch Miteinander gefragt. Bischof Pacha war überzeugt, daß unter der Kuppel der Kirche ein toleranter Umgang möglich sei. Darum eignete er sich auch die wagemutige Idee des Prälaten Dr. Clemens Scherer, dem Leiter des Reichsverbandes für das katholische Deutschtum im Ausland (RKA), an und besuchte am 22. Februar 1934 Adolf Hitler, um von ihm das Einstellen der nationalsozialistischen „Schürereien“ gegen die katholische Kirche im Banat einzufordern. 
Diese außergewöhnlich mutige Tat zeigt, daß der Mensch Pacha ein Pragmatiker war, der jedwelche politischen Taktierereien hintanstellte, wenn es um das Wohl seiner Gläubigen ging. Dr. h. c. Augustin Pacha scheute auch nicht vor Interventionen bei den jeweiligen rumänischen Machthabern zurück, um Unrecht von den Christen seiner Diözese fernzuhalten oder deren Leid zu mildern. 
Aber seine nach der Rußlanddeportation der Deutschen erfolglos gebliebenen Versuche, zwischen dem 15. August und 30. August 1945 bei König Michael I., der Königin Mutter Helene und dem kommunistischen Ministerpräsidenten Dr. Petru Groza Audienzen zu erwirken, deuteten bereits auf seinen Schicksalsweg hin. Der römisch-katholische Klerus wurde von den stalinistischen Machthabern in Bukarest als Abschreckmittel gegen potentielle Gegner im Land mißbraucht und in schändlichen Schauprozessen diffamiert. Auf „18 Jahre schweren Kerker und 10 Jahre Verlust der Bürgerrechte, 880.000 Lei Strafe und 306.000 Lei Schadenersatz zugunsten des rumänischen Staates“ lautete das Urteil für Bischof Pacha
Charakterstärke und einen unerschütterlichen Glauben attestierten Mitinhaftierte dem bereits 80-jährigen Hirten. 1954 wurde der völlig erblindete Bischof begnadigt. Am 4. November 1954 ist er im Pfarrhaus der Josefstadt in Temeswar gestorben. 
Dr. Franz Kräuter hat ein eindrucksvolles Bild der kirchlichen, sozialen und politischen Umwälzungen, die das Banat von 1870, dem Geburtsjahr Augustin Pachas, bis 1954 geprägt haben, entworfen. 
Die „eigentlich literarische Form“ dieses Buches ist schon daher schwer einzuordnen, da die vorliegende Endfassung eine stilistische Überarbeitung des Kräuter-Manuskriptes von gleich drei Mitarbeitern ist: Prof. Nikolaus Engelmann, Prof. Dr. theol. Gerhard Stanke und Msgr. Martin Roos
Sehr ansprechend wirken auf den Leser die an einige Kapitel angeschlossenen Anekdoten aus dem Leben des Bischofs. Sie skizzieren ein unvoreingenommenes Bild von einem volksnah gebliebenen Hirten, „der leitend, lehrend und leidend seinen Weg gegangen ist – für sein Bistum und Volk, für die große weltweite katholische Kirche“. (Bischof Sebastian Kräuter im Vorwort.)

Mark Jahr

aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 19. Oktober 1997

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