Ein bemerkenswertes Leben: Erinnerungen an
Bischof Pacha
Franz
Kräuter. Erinnerungen an Bischof Pacha – Ein Stück Banater
Heimatgeschichte; ADZ Verlag, Bukarest, 1995; ISBN 973-96022-5-8; 254
S., 26,--DM; Bestellung: Landsmannschaft der Banater Schwaben.
„Biographie“
ist „die Darstellung eines durch Ideen, Taten, Charakter oder
Schicksal bemerkenswerten Menschenlebens; Zweig der
Geschichtsdarstellung u. eig. lit. Form.“ (Familienlexikon, 1993 by
Isis Verlag, AG, Chur/Schweiz). Ein solch bemerkenswertes
Menschenleben hat Dr. theol. Franz Kräuter (1920 – 1986) in
seinen Erinnerungen an Bischof Pacha für die Nachwelt
festgehalten.
Der
einer „donauschwäbischen Familie aus Moritzfeld (rumänisch
Măureni, ungarisch Móicföld)
im Banat „ entstammende Augustin Pacha wurde 1923, dem Jahr
des aufblühenden völkischen Selbstbewußtseins der Deutschen im
Westen Rumäniens, zum Apostolischen Administrator der Diözese
Tschanad – mit 154 Pfarreien in Rumänien, 64 in Jugoslawien und 32
in Ungarn – ernannt. Vier Jahre später wurde er Titularbischof von
Lebedo ( auf den Titel einer untergegangenen Diözese geweihter
Bischof) und am 16. Oktober 1930 Diözesanbischof der neugegründeten
Diözese Temeswar.
Natürlich
waren in einem südosteuropäischen Landstrich, in dem die
verschiedensten Nationalitäten sich argwöhnisch beäugten, Ideen zu
einem friedlichen Neben- oder auch Miteinander gefragt. Bischof Pacha
war überzeugt, daß unter der Kuppel der Kirche ein toleranter
Umgang möglich sei. Darum eignete er sich auch die wagemutige Idee
des Prälaten Dr. Clemens Scherer, dem Leiter des
Reichsverbandes für das katholische Deutschtum im Ausland (RKA), an
und besuchte am 22. Februar 1934 Adolf Hitler, um von ihm das
Einstellen der nationalsozialistischen „Schürereien“ gegen die
katholische Kirche im Banat einzufordern.
Diese
außergewöhnlich mutige Tat zeigt, daß der Mensch Pacha ein
Pragmatiker war, der jedwelche politischen Taktierereien
hintanstellte, wenn es um das Wohl seiner Gläubigen ging. Dr. h. c.
Augustin Pacha scheute auch nicht vor Interventionen bei den
jeweiligen rumänischen Machthabern zurück, um Unrecht von den
Christen seiner Diözese fernzuhalten oder deren Leid zu mildern.
Aber
seine nach der Rußlanddeportation der Deutschen erfolglos
gebliebenen Versuche, zwischen dem 15. August und 30. August 1945 bei
König Michael I., der Königin Mutter Helene und dem
kommunistischen Ministerpräsidenten Dr. Petru Groza Audienzen
zu erwirken, deuteten bereits auf seinen Schicksalsweg hin. Der
römisch-katholische Klerus wurde von den stalinistischen Machthabern
in Bukarest als Abschreckmittel gegen potentielle Gegner im Land
mißbraucht und in schändlichen Schauprozessen diffamiert. Auf „18
Jahre schweren Kerker und 10 Jahre Verlust der Bürgerrechte, 880.000
Lei Strafe und 306.000 Lei Schadenersatz zugunsten des rumänischen
Staates“ lautete das Urteil für Bischof Pacha.
Charakterstärke
und einen unerschütterlichen Glauben attestierten Mitinhaftierte dem
bereits 80-jährigen Hirten. 1954 wurde der völlig erblindete
Bischof begnadigt. Am 4. November 1954 ist er im Pfarrhaus der
Josefstadt in Temeswar gestorben.
Dr.
Franz Kräuter hat ein eindrucksvolles Bild der kirchlichen,
sozialen und politischen Umwälzungen, die das Banat von 1870, dem
Geburtsjahr Augustin Pachas, bis 1954 geprägt haben,
entworfen.
Die
„eigentlich literarische Form“ dieses Buches ist schon daher
schwer einzuordnen, da die vorliegende Endfassung eine stilistische
Überarbeitung des Kräuter-Manuskriptes von gleich drei Mitarbeitern
ist: Prof. Nikolaus Engelmann, Prof. Dr. theol. Gerhard
Stanke und Msgr. Martin Roos.
Sehr
ansprechend wirken auf den Leser die an einige Kapitel
angeschlossenen Anekdoten aus dem Leben des Bischofs. Sie skizzieren
ein unvoreingenommenes Bild von einem volksnah gebliebenen Hirten,
„der leitend, lehrend und leidend seinen Weg gegangen ist – für
sein Bistum und Volk, für die große weltweite katholische Kirche“.
(Bischof Sebastian Kräuter im Vorwort.)
Mark
Jahr
aus
DER DONAUSCHWABE, Aalen, 19. Oktober 1997
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