Donnerstag, 9. Januar 2020

Das waren die Beliebtesten

Konzert der besten fünf Banater Blaskapellen in der Olimpia-Halle
Beim alten Bill in Oklahoma“, „Wenn alle Brünnlein fließen“

wj. Temeswar. - Daß man Blasmusik im Banat immer wieder oder noch immer sehr gerne hört – und das nicht nur auf dem Land, sondern auch in Temeswar , davon konnte man sich am vergangenen Samstag abend in der Olimpia-Halle der Stadt erneut überzeugen. Das Konzert, mit dem die NEUE BANATER ZEITUNG eine ihrer, was die Massenbeteiligung anbelangt, erfolgreichsten Aktionen abschloss und das die fünf Kapellen präsentierte, die die meisten Stimmen auf sich vereinigt hatten, fand in einer ausverkauften Temeswarer Sporthalle statt, und es hätten ganz ruhig doppelt soviel Plätze sein können als die knapp 2000, wieviel die Halle fast – es wären noch immer zuwenig gewesen.
17 Wochen dauerte der Wettbewerb, und in dieser Zeitspanne wurden insgesamt 182.000 Stimmen abgegeben, die die Kapelle ihrer Wahl zum Gewinn oder zu einem der ersten fünf Plätze führen sollten. Auf mehr als 60 Kapellen wurde gesetzt. All diese Ziffern beweisen besser als jedwelche andere Feststellung, daß es Blasmusik nicht nur (noch) gibt, sondern, daß sie auch ihre Anhänger hat, die – wie man beim Publikum in der Halle sah – größtenteils jung sind. Andererseits haben sich aber auch die Formationen der Jugend angepaßt. Sie blasen Schlager, wenn das auch nicht immer gut klingt, aber was sollʼs.
Doch zurück zum Konzert. Wie in einer live erlebten Hitparade wurden die Orchester in umgekehrter Reihenfolge der Gewinnliste präsentiert. Es begann mit der Kapelle Rudi Hellner aus Maschlok, die den fünften Rang der Wettbewerbstabelle belegt hatte. Nach dem die Blas-Tradition wahrenden Anfang mit der Musikantenpolka schaltete die Kapelle auf jene Melodien, die bei jung und alt als bekannte Schlager gleichgut ankommen: Beim alten Bill in Oklahoma, Santa Maria, Kreuzberger Nächte und so weiter. Dabei sangen auch Rudi Hellner sowie Erwin und Rudi Altenbach.
Eigentlich schade, dass die junge, aber aus gut geschulten Musikern (die langjährige Kulturarbeit in der Gemeinde wirkt nach) bestehende Peter-Pohl-Kapelle aus Neupetsch nur den vierten Platz (wenn man von „nur“ sprechen kann) belegte. Im Konzert von Samstag abend in der Temeswarer Olimpia-Halle vertraten sie wohl am besten und am gekonntesten die langjährige und auch reichhaltige Blasmusiktradition im Banat durch das Repertoire (Abschiedspolka, Sehnsuchtswalzer, Wenn der Tag erwacht, Slawonicka, Svatebni Cesta – also Walzer und Polkas) und durch den Interpretationsstil. Es fehlte jede Effekthascherei, jedwelches Streben, auf anderen Wegen als auf dem der Blasmusik dem Publikum zu gefallen.
Die Anni-Hann-Kapelle, dritter Platz,bestätigte ihre bekannte Beliebtheit beim Publikum. Dazu trägt bestimmt auch die „spielerische“ Leistung der Orchestermitglieder bei, aber auch der Geschmack, den man bei der Auswahl der Schlager beweist, die von der Orchesterchefin (die einzige Frau, die eine Banater Blaskapelle leitet) und von anderen Mitgliedern der Formation gesungen werden.
Höhepunkt des Abends waren dann doch die beiden Jahrmarkter Kapellen unter Prof. Matthias Loris (zweiter Platz) und Prof. Hans Kaszner. Die jeweils mehr als 40 Mann fassenden Kapellen mit mehreren Instrumentalsolisten brachten ein umfassendes Repertoire zu Gehör: Es gab da nicht nur das, was man ganz allgemein als „echte Blasmusik“ bezeichnet, es gab da auch Konzertstücke (Kaszner: Die Teufelszunge, eine Konzertpolka, die vom jungen Helmuth Kaszner hervorragend gespielt wurde), es gab Ouvertüren (Loris: Fedora von Tschaikowski), und erstmals am Abend hörte man auch deutsche Volksweisen, als die Loris‘sche Kapelle Wenn alle Brünnlein fließen anstimmte. Und natürlich ging beim Radetzky-Marsch, den die Loris-Kapelle spielte, der ganze Saal mit. In der Unterhaltungsmusik, die sogar bis zum Dixieland reichte, erwies sich die Kaszner-Kapelle als die beste des Abends.
Das Ansager-Paar des Konzerts, das in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Staatstheater Temeswar veranstaltet worden war, war Ida Jarczek-Zamfirescu und Peter Schuch.

aus NEUER WEG, Bukarest, 5. November 1981


                                                     

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