Temeswar und Deutschlands diplomatische Vertretung
Die BANATER ZEITUNG,
Beilage der ALLGEMEINEN DEUTSCHEN ZEITUNG FÜR RUMÄNIEN, veröffentlichte zum
Jahreswechsel '94/95 die Antworten einiger im Banat bekannter Persönlichkeiten,
unter ihnen auch die des Leiters der Außenstelle Temeswar der Botschaft der
Bundesrepublik Deutschland in Rumänien, Konsul Uwe Zorn. Herr Zorns
Antwort auf die Frage nach dem Wie des vergangenen Jahres klang nicht gerade
nach Friede, Freude, Eierkuchen: "Ich habe mich im ganzen Jahr hier sehr wohl
gefühlt in Temeswar und ich genieße es immer noch, auch wenn die äußeren
Umstände vielleicht dagegen sprechen." Eine wahrlich diplomatische Aussage,
nimmt man diese "äußeren Umstände" genauer unter die Lupe.
In Temeswar tobt nun schon
seit drei Jahren ein Streit um ein Gebäude auf dem Loga-Boulevard, in dem das
deutsche Konsulat die Geschäftsräume für seine Außenstelle einrichten will. Wie
wichtig eine Konsulatsaußenstelle für Temeswar ist, scheint zwar Herr Zorn
zu wissen, nicht aber auch die Funktionäre des Temescher
Generalschulinspektorats, das in diesem Haus den Kindergarten Nr. 16 unterhält.
Die Zeitung TIMIŞOARA INTERNAŢIONAL hat im Februar 1994
den Standpunkt des deutschen Politikers veröffentlicht: "In einem adäquaten
Gebäude könnten wir neue Schalter, Wirtschafts- und Kulturabteilungen eröffnen.
Wir könnten unsere Aktivitäten viel mannigfaltiger gestalten und könnten viel
mehr für diese Region tun."
Angesichts der 50.000
Menschen, die nur 1993 in Temeswar in der provisorischen Außenstelle der
deutschen Botschaft wegen Visumproblemen vorsprachen, ist der Wunsch des Leiters
dieser diplomatischen Niederlassung nach entsprechenden Räumlichkeiten
verständlich. Verständnis darf man wegen den wirtschaftlichen, sozialen und
kulturellen Impulsen, die von einem funktionierenden Konsulat ausgehen, auch von
allen am Konflikt beteiligten Institutionen erwarten. Bloß ... als der Stadtrat
Temeswars Einsicht zeigte und per Stadtratsbeschluß dem Konsulat das Gebäude
zuteilte, legte sich das Generalschulinspektorat quer und klagte. Während jetzt
sogar die Bestätigung der Rechtmäßigkeit des Stadtratsbeschlusses von bereits
zwei Instanzen vorliegt, schalten die Schulfunktionäre auf Stur und wollen durch
einen neuen Prozeß die Räumung des Gebäudes verhindern. "Culmea culmilor" (als
Spitze der Unvernunft zu verstehen) wird der kopfschüttelnde Rumäne sagen, der
diesen Widerstand des Generalschulinspektorats wohl nicht nur darum für
unverständlich halten wird, weil es in einer Großstadt wie Temeswar doch nicht
unmöglich sein dürfte, einen Kindergarten in einem anderen Gebäude
unterzubringen, sondern weil der unnachgiebige Leiter des
Generalschulinspektorats kein anderer als Professor (in Rumänien kein Titel,
sondern eine Berufsbezeichnung für den Lehrer) Ludwig Holzinger ist, also
ein Deutscher. Als das Demokratische Forum der Deutschen im Banat am 31. Januar
1990 den Geschichtelehrer Ludwig Holzinger zum "Schulinspektor für die
Belange der Deutschen" vorschlug, hatte es anscheinend nicht die glücklichste
Hand. Der damals frischgebackene Inspektor - heute bereits Leiter des
Generalschulinspektorats des Kreises Temesch - meldete sich dann auch bald
(NBZ vom 23. März 1990) in einer Sprache zu Wort, die den ideologischen Unterbau
ähnlicher Stellungnahmen in der rumäniendeutschen Presse der 1970er Jahre noch
erkennbar beinhaltete: "Die Bundesrepublik ist ein Rechtsstaat, sie schiebt
keine Deutschen ab, sie muß sie alle anerkennen, wenn dort auch auf die vielen
Zusiedler geschimpft wird, wenn diese auch als 'Ausländer deutscher Abstammung'
angesehen werden. Das ist schwer zu verschmerzen. Ich könnte es nicht."
Da geht anscheinend in
Temeswar eine Neuauflage der in der Geschichte schon öfter erwähnten deutschen
Zwietracht über die Bühne, ein wahrlich unrühmliches Stück, auch wenn es sich
hier um keine Angelegenheit von wirklich nationaler Bedeutung handelt. Aber man
wird den Eindruck einfach nicht los, daß einer der Akteure sich ins verkehrte
Stück verirrt hat. Wer wird wohl Recht behalten? Generalschulinspektor Ludwig
Holzinger (Februar 1994): "Wir können dieses Gebäude nicht abtreten, weil
wir es unbedingt benötigen. Ich widersetze mich dieser Lösung (des Stadtrates)
und übernehme dafür die volle Verantwortung." Konsul Uwe Zorn (Dezember
1994): "Ich bin trotz allem optimistisch, daß wir es hoffentlich 1995 schaffen,
den Mietvertrag mit der Stadt abzuschließen, um dann mit den Umbauarbeiten dort
im neuen Gebäude für die Außenstelle zu beginnen."
Ob so oder so, einen faden
Beigeschmack wird der Sekt bei der Eröffnung einer neuen Außenstelle der
Botschaft der Bundesrepublik Deutschland im Westen Rumäniens haben, unabhängig
davon, ob das in der Begastadt oder in der Maroschstadt Arad, aus der bereits
ein Angbot vorliegt, sein wird.
Mark Jahr
aus
DER DONAUSCHWABE, Aalen,
4./11. Juni 1995
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