Kapellmeister Peter Müller und
die Musikgeschichte seines Geburtsortes Kowatschi
Das kleine Dorf
Kowatschi kann einen großen, einmaligen Rekord in unserer schwäbischen
Musikgeschichte aufweisen: ein Kind des Dorfes, der spätere Kapellmeister
Peter Müller, geboren am 24. August 1892, bespielte rund 100
Grammophonplatten; auch die erste Langspielplatte mit fast ausschließlich
Banater Musik stammt von ihm.
Peter Müller
Bildquelle: Robert Rohr -
Unser
klingendes Erbe, Bd.1
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Wie sein Bruder
Michael und der bedeutende spätere Ortskapellmeister Matthias
Zornick
hatte der begabte Junge bei Johann Schütt ein Instrument gelernt,
wahrscheinlich dem ersten Kowatschier Kapellmeister. Peter Müller
durfte nach seiner Lehrzeit 1908 mit John Webers Knabenkapelle im
Sommergarten der Hamburger Willhelmshalle musizieren. 1909 kam er nach
Philadelphia und wurde hier mit seinen Geschwistern und anderen
Kowatschiern ansässig.
Der gelernte
Möbelanstreicher musizierte in Amerika eifrig und gründete bereits 1921 seine
Banater Kapelle, mit der er in der Zeit zwischen den beiden
Weltkriegen große Schallplatten-Erfolge erzielte. Viele seiner Musikanten kamen
aus dem Banat, und ein wesentlicher Teil des Repertoires stammte von hier.
Anfangs spielten sie Blas- und Streichmusik in Lokalen. Die erste Schallplatte
brachten sie schon im Gründungsjahr 1921 bei der Firma "Arion" heraus. Danach
folgten laufend Aufnahmen bei verschiedenen amerikanischen und englischen
Firmen, vor allem bei "Columbia" und "Odeon", die letzte 1936 bei "Standard
International". Interessant ist ferner, dass Müller seine Platten mit
Musik und Gesang produzierte, ein beachtlicher Teil sind eigentlich Humor- bzw.
Sprechplatten mit Musikuntermalung (Sprecher: Waldemar Alfredo,
Theaterdirektor in New York), wobei viel Banater Volksgut festgehalten wurde.
Als Arrangeur
fungierte der Temeswarer Arpad Peter Leblanc, der Posaune und Althorn
blies. Einige Platten umfassten Eigenkompositionen Peter Müllers, andere
Stücke von Johann Kneip, einem talentierten Kowatschier Musiker und
Komponisten, der in mehreren Ortschaften (Uihel, Warjasch) gewirkt haben soll.
Er war im ganzen Banat bekannt und unter den Kapellmeistern beliebt. Vielen
schwachen Kapellen soll er in kürzester Zeit wieder auf die Beine verholfen
haben. Kneip (geboren 1865) hatte das Flügelhorn zum Hauptinstrument. Er
beherrschte es ausgezeichnet, auch noch in der Zeit, als er keine Zähne mehr
hatte. Sein Lehrer war, wie bei Müller, Johann Schütt. Der arme
Bauernsohn wirkte lange Jahre in Militärkapellen, bildete sich dort fort,
erlernte mehrere Instrumente und brachte es zum stellvertretenden Kapellmeister.
Die bekanntesten und jetzt noch gespielten Stücke Kneips sind der Walzer
"Der Traum eines Kriegers", die "Alte-Zeiten-Polka" und "Ein gutes Herz". Sein
Stiefbruder Matthias Kneip war ein guter Klarinettist, ein Kusin, Sepp
Kneip, musizierte mehrere Jahre in Australien.
Der bekannteste
Orchesterleiter in Kowatschi war nach Schütt dessen Schüler Matthias
Zornick (geb. 1896), ein Kollege von Peter Müller in der
Knabenkapelle. Seine Hauptinstrumente waren Klarinette, Bassflügelhorn und
Violine. Die Kapelle in seinem Heimatdorf hatte er um 1915 übernommen - er war
auch Militärmusiker ("Szupas") und erneuerte ihr Repertoire. Er war gut
befreundet mit den Jahrmarkter Kapellmeistern Peter
und Martin Loris, mit denen er ständig
Notenmaterial austauschte. Seine stets 15 - 16 Mann starke Kapelle - um 1925
hatte er sich eine zweite Musikantengruppe herangebildet - spielte sowohl Blas-
als auch Streichmusik.
Luzian Geier
aus NEUE
BANATER ZEITUNG, Temeswar, 15. September 1978
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