Namen, Jahreszahlen und Ereignisse
in der 70jährigen Geschichte der
Loris-Kapelle
von Prof. Hans Speck
Wer kennt
sie nicht, die Jahrmarkter Musikanten? In vielen Banater Ortschaften spielte
schon mindestens eine der zwei Kapellen, die heute in der Großgemeinde der
Banater Hecke, vor den Toren der Temescher Metropole, ihre musikalische
Tätigkeit entfalten. Musik ist hier Tradition. Schon 1874 war eine 22 Mann
starke Kapelle dokumentarisch bestätigt.
Wenn in
diesem Jahr die größte, älteste und bekannteste der Jahrmarkter
"Blechmusiken", die Loris-Kapelle,
ihr 70jähriges Jubiläum begeht, darf mit Fug und Recht der Verse erinnert
werden: "Himmel und Erde mögen vergehn / aber die musica - aber die musica
/ bleibt bestehn."
Die
Geburtsstunde der heute 70jährigen Kapelle war am 8. August 1908. Damals
unterzeichneten 31 Musikanten und Kapellmeister Peter
Loris vor dem Notar Sandor Janos
und dem Zeugen Mathias Bild den
Gründungsakt. Die Geschichte einer Musikkapelle, die den Stürmen der
Jahrzehnte, gesellschaftlichen Umwälzungen, Weltkriegen und inneren Wirrungen
standhalten sollte, hatte begonnen.
Der am 23.
Dezember 1876 als Handwerkersohn in Jahrmarkt geborene Peter
Loris kam nach Beendigung der Volksschule früh zur Musik. Schon als
15jähriger fesselte der überragend musikalisch begabte Junge die
Aufmerksamkeit der Dorfgemeinschaft. Es war bei einer Konzertveranstaltung der
damaligen Kasznel-Kapelle im
Wirtshaus "Zum scharfen Eck" im Winter des Jahres 1891. Im
Konzertstück "Heimat" hatte Peter Loris
das Solo für Flügelhorn zu blasen. Die Solopartie löste helle Begeisterung
aus. Der stürmische Beifall wollte kein Ende nehmen und das ganze Konzertstück
musste wiederholt werden. Niemand ahnte damals, dass der Solobläser Peter
Loris einmal Gründer einer eigenen Kapelle sein wird.
Die Musik
der Wiener Klassiker und Kompositionen vieler österreichischer Kleinmeister auf
der einen, die deutsche Volksmusik und das heimatlich-bäuerliche Musiziergut
auf der anderen Seite - damit sind zwei Pole bezeichnet, zwischen denen die
musikalische Erfahrungswelt lag, in die der junge Loris
hineinwuchs und innerhalb deren sich auch seine ganze weitere künstlerische
Entwicklung vollzog. Die Fortschritte, die der junge Bläser in der Musik
machte, waren so eindeutig, dass sein Vater Mathias
Loris an dessen weitere musikalische Ausbildung denken musste. Nach
vier Jahren Musikunterricht wurde 1897 die Stadt Szegedin für über ein
Jahrzehnt Stätte seiner musikalischen Tätigkeit. Obzwar im späteren XIX.
Jahrhundert in Europas Musikmetropolen die Musik des Volkes und jene der großen
Komponisten sich als einander ausschließende, durch eine tiefe Kluft
geschiedene Gegensätze gegenüber standen, blieb das Musikleben der damaligen
Provinzstadt Szegedin davon unberührt.
aus NEUE
BANATER ZEITUNG, Temeswar, 3. August 1978
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