Dienstag, 19. November 2024

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 204

 Herr bleibt Herr, bis ne die Leis fresse.

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Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)

Dienstag, 12. November 2024

Baron Béla Ambrózy †. (2)

 Temesvár, 19. Jänner.
Noch steht die Temesvárer Gesellschaft unter dem Eindrucke der Todesnachricht Baron Béla Ambrózy‘s, des hervorragenden Kämpen des Liberalismus im Temeser Komitate. Als Politiker, als reges Mitglied des Temeser Munizipalausschusses, als Förderer des wirthschaftlichen Lebens hatte Baron Béla Ambrózy bedeutende Erfolge aufzuweisen – die größten jedoch als Imker, da er unzweifelhaft der Begründer der ungarischen Bienenzucht gewesen, in deren Interesse er im Jahre 1896 sein epochales Werk A méh herausgab. Auch die letzten Monate seines Lebens widmete er dieser Lieblingsidee: der Zusammenstellung der dritten Auflage seines Werkes. Mit welcher Liebe er an der Idee der Bienenzucht hing, beweisen folgende Zitate aus seinem Werke.
In der ersten Auflage sagt er im Vorworte: „[…] Jawohl, ich schulde der kleinen Biene großen Dank und um einen kleinen Theil meines Dankes abzustatten, verkünde ich laut das Wort: haltet Bienen.“
Im Vorworte der zweiten Auflage: „[…] Meinen mit festem Willen gefaßten Entschluß, daß Ungarns Bienenzucht auf jene Höhe gehoben werde, von welcher keine Konkurrenz sie mehr verdrängen kann, suchte ich mit unerschütterlicher Ausdauer und zäher Arbeitslust zu verwirklichen.“
Im Vorworte der in Vorbereitung begriffenen dritten Auflage: „Ich habe mich neuerdings zu dem schweren Werke entschlossen, wenn auch meine 72 Jahre den Mangel der Elastizität der Jugendkraft verspüren. Aber auch jetzt empfehle ich mich der Huld des Allmächtigen, der mich auch bisher niemals verlassen. Ich greife daher mit Vertrauen zur Feder, weil eine geheime Stimme mir zuflüstert, daß es meine Pflicht ist.“
In diesen wenigen Zeilen schon spricht sich der ganze Ambrózy mit seinem festen Pflichtgefühl, mit seiner Arbeitslust und Arbeitsverehrung, mit seinem Bestreben, den Menschen nützlich zu sein, aus. 
* * *
Die Trauerkundgebung der Gemeinde Temes=Gyarmatha.

Die Gemeinde-Repräsentanz der Gemeinde Temes=Gyarmatha hat noch gestern über die Modalitäten der Theilnahme an der Leichenfeier beschlossen. 
Ueber Antrag des verdienstvollen Gemeindenotärs Johann Szánthó wurden die Verdienste des Verewigten im Protokolle verewigt, der trauernden Familie das Beileid ausgesprochen und wird an dem Begräbnis die Gemeinderepräsentanz korporativ theilnehmen.
Baron Béla Ambrózy war einer der eifrigsten Gemeinderepräsentanten (Virilist), und interessierte sich selbst für die kleinsten Angelegenheiten. Vor drei Jahren, gelegentlich seines 70. Geburtsfestes, wurde Baron Béla Ambrózy in Anbetracht seiner Verdienste überdies zum Ehrenbürger der Gemeinde erwählt.
Außer dem Gemeindekörper wird auch das Schützenkorps mit seiner Musikkapelle, sowie die Ortsfeuerwehr ebenfalls mit ihrer Musikkapelle korporativ an dem Begräbniß theilnehmen.
Die Bevölkerung der Gemeinde Temesgyarmatha bekundet übrigens im Allgemeinen eine rege Theilnahme. Den ganzen Tag über pilgern Männer und Frauen, jung und alt, zu der Bahre des Verewigten, um dort mit einem Gebete von dem Verklärten Abschied zu nehmen.
Kondolenzen.
[...]
Die Schleifen der bisher eingelangten Kränze tragen folgende Aufschriften: […], „Letzter Gruß – Leni“, […], „Die Offiziere und Militärbeamten der Garnison Temesvár – Ihrem sehr verehrten Kameraden“, […], „A mi jó elnökünknek – Temesgyarmathai takarék és hitelegylet“, „Jó kegyuramnak – Demele Ferencz“, „Tisztelt tagtársunknak – Temesgyarmathai gazdakör“, „Tiszteletbeli elnökünknek – Temesgyarmathei tüzoltóság“, „Tisztelet jeléül – Temesgyarmatha községe“, […].
Die Trauer des Rothe Kreuz=Vereines.
[…]
Die Beerdigung.
[...]

aus TEMESVÁRER ZEITUNG, Temesvár, 20. Jänner 1911


Dienstag, 5. November 2024

Orientierung nach rückwärts

Zum Artikel Waisenkinder in Rumänien leiden weiter in der Ausgabe vom 6. April:
Die dritte Säule (neben der Presse und der Justiz) einer wahren freiheitlichen Ordnung zeigt in Rumänien leider tiefe Risse. Einem sehr labilen parlamentarischen System mit zwei Kammern (Senat und Abgeordnetenkammer, die viele Reformansätze schon im Keim ersticken oder im besten Fall unnötig verzögern) ist es zuzuschreiben, dass Konzerne aus dem Ausland nach wie vor sehr zurückhaltend auf dem Investitionssektor agieren.
Die Alltagssorgen breiter Volksschichten lassen keinen Sensibilisierungsprozess für die Waisenkinder im eigenen Land gedeihen, und der Regierung, die jetzt mit einem von Premierminister Mugur Isărescu geleiteten Krisenstab zur Bewältigung des Waisenkinder-Problems auf das Drängen der EU reagiert hat, läuft die Zeit davon. Im Spätherbst soll das Volk wählen, und alles deutet zur Zeit auf eine verhängnisvolle Rückwärtsorientierung vieler Rumänen hin. Der Altkommunist Ion Iliescu führt seit Monaten mit seiner Partei der Sozialen Demokratie (PDSR) die Umfragelisten an.
Anton Potche

aus DONAUKURIER, Ingolstadt, 12. April 2000

Dienstag, 15. Oktober 2024

Dienstag, 8. Oktober 2024

Baron Béla Ambrózy †. (1)

 Temesvár, 18. Jänner
Ein thatenreiches, verdienstvolles Leben hat heute Nacht seinen Abschluß gefunden. Der Senior des Temeser Komitatsausschusses, der Gründer und langjährige verdienstvolle Präsident des Temeser landw. Vereins, der Begründer des ungarischen Imkervereines, der eifrigste Förderer des Rothe-Kreuz Vereines, der Direktionspräsident der Kommerzial= und landw. Bank, der langjährige Oberkurator des evangelischen Kirchendistriktes, der Temeser Großgrundbesitzer Baron Béla Ambrózy ist heute Nachts nach kurzem Leiden verschieden. Zum letzten Male tauchte seine markante Gestalt in Temesvár am 7. Jänner anläßlich des Balles des Rote=Kreuz=Vereines auf, an dessen Gelingen Baron Béla Ambrózy einen großen Antheil gehabt. Es scheint, dass der greise Gutsbesitzer sich damals den Keim des Todes geholt; eine Influenza fesselte ihn an‘s Bett, welches er nicht mehr verlassen sollte.
Was ich als schlichter, einfacher, mit dem Bauernstande fühlender Mann geleistet, war kein Verdienst, sondern nur meine Pflicht.“ In diesen Worten, mit denen Baron Béla Ambrózy vor drei Jahren der Gyarmathaer Gemeinderepräsentanz für seine damalige Wahl zum Ehrenbürger der Gemeinde gedankt hatte, prägt sich der ganze Charakter dieses echten Musterbildes des ungarischen Adels aus. Schlicht und einfach, leutselig in seinem Verkehre war Baron Béla Ambrózy Zeit seines langen Lebens der unermüdliche, rastlose Vertreter der Arbeit. Er liebte und ehrte die Arbeit in allen Formen und Bekundungen und haßte bloß den Müßiggang. Er achtete den Arbeiter, mochte er welchem Stande immer angehören und verachtete bloß die Faulenzer, mochten sie noch so hoch stehen. Durchdrungen vom lautersten Pflichtgefühl, forderte er von den Vertretern seines Standes und vor allem von seinen Familienangehörigen, denen er als Musterbild vorangeleuchtet, mit unerbittlicher Strenge, die Erfüllung ihrer Pflichten für Familie, Kommune und Vaterland.
Baron Béla Ambrózy gehörte zu den wenigen „Agrariern“, die sich auch der Bedeutung und des Werthes der übrigen Erwerbsstände bewußt sind. Mit ganzer Liebe und unendlicher Hingebung hing er an seinem Berufe, als Landwirth war er Zeit seines Lebens bestrebt, die Lage des südungarischen Landwirthestandes zu bessern und zu heben und zahlreiche landwirtschaftliche Initiativen verdanken seinen Bemühungen, daß sie zu Fleisch und Blut wurden. Wie hoch er aber auch den Handel als wichtigen, unentbehrlichen, wirthschaftlichen Faktor hochschätzte, beweist seine Thätigkeit in der Temesvárer Lloydgesellschaft und bei der Kommerzial= und Landw. Bank. Mit großer Liebe hing er auch an seiner Gemeinde Gyarmatha, deren Insassen Jung und Alt, Vornehm und Gering, mit inniger Liebe an dem Patriarchen, dem Vater der Gemeinde hingen.
Durchdrungen von der heißesten Vaterlandsliebe hat sich Baron Béla Ambrózy in früheren Jahren auch als Reichstagsabgeordneter am öffentlichen Leben Ungarns betheiligt. Der Politiker Ambrózy war eine unentwegte feste Stütze des Liberalismus, ein unentwegter Anhänger des genialen Werkes Franz Deáks: des Ausgleiches. Hierführ setzte er seine ganze Begabung, sein ganzes Wissen, seine umfassenden Erfahrungen ein. Dabei war er aber auch tolerant für jede abweichende Meinung.
Die Toleranz bildete überhaupt einen der schönsten Charakterzüge dieses Edelmannes. Der evangelischen Kirche als überzeugungstreuer, hingebungsvoller Sohn angehörend, war er der wirksame Förderer der seinem Patronate unterstehenden katholischen Kirchengemeinde Gyarmatha‘s, welche seiner opferwilligen Freigebigkeit gar manche Erfolge verdankt. Herablassend, gütig gegen seine Untergebenen, helfend und berathend gegenüber seinen Mitmenschen war Baron Béla Ambrózy stets das Musterbild des ungarischen Kavaliers, der sein ganzes Können dem öffentlichen Leben, der Förderung seines Komitates und seines Vaterlandes widmete.
Ein thatenreiches Leben hat nun seinen Abschluß gefunden. An der Bahre des im Alter von 73 Jahren verschiedenen Patriarchen trauert seine Gemeinde Gyarmatha, die Sozietät Temesvárs und des Temeser Komitates.
Die Erde sei ihm leicht!
* * *

Der Lebenslauf Ambrózys.

[…]
Ambrózy und das evangel. Senoriat.
[…]
Ambrózy und die Temesvárer Vereine.
[…]
Die letzten Stunden.
[…]
Die Familienangehörigen.
[…]
Die Todesnachricht in Temesvár.
[…]
Die Trauerkundgebungen.
[…]
Die Aufbahrung.

Der Leichnam des verewigten Barons wurde im großen Saale des Familienkastells in Temesgyarmatha […] aufgebahrt.

[…]
Baron Ambrózy wurde in der Uniform eines Hußaren-Rittmeisters in den Sarkophag gebettet.
[…]


Vorbereitungen zum Begräbnis.

[…] Vom Militär wird zum Begräbnisse ein Ehrenkondukt beigestellt. Es wird eine Kompagnie des 61. Infanterie-Regiments unter dem Kommando des Hauptmanns Abraham mit der Musikkapelle zu diesem Behufe nach Temesgyarmatha abgehen.
Das Testament.
[…]

aus TEMESVÁRER ZEITUNG, Temesvár, 19. Jänner 1911


Dienstag, 1. Oktober 2024

Mit Musik durch ein halbes Jahrhundert

 Der Jahrmarkter Michael Tritz spielt seit 50 Jahren Flügelhorn und Trompete

Fragt man nach den wohl bekanntesten Jahrmarkter Familiennamen aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, so wird man mit großer Wahrscheinlichkeit die Namen der Musikerfamilien Kaszner und Loris hören. Im Zusammenhang mit diesen zwei Namen fällt aber in Gesprächen von gebürtigen Jahrmarktern auch oft der Name Tritz.
Umso erstaunter war ich, dass dieser Name in keiner der acht NBZ-Folgen Gruß aus Jahrmarkt – Namen, Jahreszahlen und Ereignisse in der 70-jährigen Geschichte der Loris-Kapelle von Prof. Hans Speck aus dem Jahre 1978 zu finden ist. Das könnte daran liegen, dass Michael Tritz zu keinem der Jahrgangsschübe junger Burschen gehörte, die in Jahrmarkt immer wieder die Reihen der Blaskapellen verjüngten.
Konzertmeister Michael Tritz (vorne)
und die Loris-Kapelle
Am 24. Februar 1950 meldete sich ein 12-jähriger Junge beim damals immerhin schon 74 Jahre alten Kapellmeister Peter Loris. Flügelhorn wollte er lernen. Ein wohl gelungener Start in ein ereignis- und erfolgreiches Musikantenleben, kann man heute mit Fug und Recht behaupten. Michael Tritz war wohl der letzte Schüler des Jahrmarkter Musikkapellen-Gründers Peter Loris (verstorben 1952), entwickelte sich aber schnell zum ersten Flügelhornisten der Loris-Kapelle. Dass die Besetzung dieses ersten Pultes ( so eine Art Konzertmeisterpult) schon von besonderen Bläserqualitäten abhängen musste, wird klar, wenn man sich einige Stücke aus dem Repertoire dieser Blaskapelle ansieht: Die Nachtschwärmer von Carl Michael Ziehrer, Crai nou von Ciprian Porumbescu, Semper Fidelis von John Philip Sousa u. v. a.
In einem bewegten Banater Musikantenleben gibt es natürlich eine Reihe von Stationen. Bei Michael Tritz liest sich diese Reihenfolge so: Loris-Kapelle (1950 bis 1957), Kaszner-Kapelle (1957 bis 1959), Loris-Kapelle (1959 bis 1979), Guban-Jazz-Band in Temeswar (1964 bis 1970), Original Donauschwaben in München (1979 bis 1989) und ab 1989 Original Jahrmarkter Musikanten in München. Dazu gesellt sich natürlich eine lange Liste von Aushilfsgeschäften in vielen Banater Dorfkapellen.
Der gelernte Elektriker arbeitete bei UTT (Uzinele Textile Timișoara) und war immer bestrebt, sich in seiner Freizeit weiterzubilden. Von 1962 bis 1964 besuchte er die Școala de Artă Populară in Temeswar und lernte viel von seinen Lehrern Bruckner und Covăsala. Das brachte ihm sogar ein Angebot der Kronstädter Philharmonie ein.
Wer nun glaubt, ein ereignisreiches Musikantenleben wäre nach fünfzig Jahren Blas- und Unterhaltungsmusik (Michael Tritz war in Jahrmarkt auch ein beliebter Sänger) beendet, der irrt sich gewaltig. Der seit zwei Jahren in Dachau im Rentnerstand lebende Michael Tritz denkt überhaupt nicht daran, Flügelhorn und Trompete an den sprichwörtlichen Nagel zu hängen. Die Ammertaler, Harer, Forstenrieder, Erdinger und Siebenbürger Musikanten werden sich über diese Unermüdlichkeit bestimmt freuen.
Was würde Michael Tritz auf die Frage nach seinem bemerkenswertesten Musikanten-Erlebnis wohl antworten? Vielleicht dieses oder jenes Konzert (in Jahrmarkt waren das die berühmten Musikantenbälle in der Faschingszeit), eine Hochzeit, eine Doppelkerweih (Johrmarker Spezialität) erwähnen? Oder war es gar das Feuer-Blasen, als 1958 die Dorfmühle brannte und der Feuerwehr-Alarm-Hornist Michael Tritz hieß? Er wird es wissen und sich in diesen Tagen – bestimmt auch mit Wehmut – an so manche Stunde mehr oder weniger erbaulichen Musizierens erinnern.

Anton Potche

aus BANATER POST, München, 5. März 2000

Dienstag, 24. September 2024

Johrmarker Sprich un Sprichelcher - 202

 Heirat ist kein Ochsenkauf, Esel mach die Augen auf.

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Gsammelt vum Frombach Franz alias Gerwer Franz  (1929 - 1999)

Dienstag, 10. September 2024

Lehrerversammlung in T.-Gyarmatha

Die Temesvárer Filiale des Südungarischen Lehrervereines hielt am 14. Mai l. J., in Gyarmatha eine Großversammlung ab, welche mit verschiedenen Feierlichkeiten verbunden war. Zu der Großversammlung waren sämtliche Lehrer von Temesvár, dem Stuhlbezirke, ferner die Lehrer von Csákova, Rékás und Józseffalva vollzählig in Gyarmatha erschienen. Die Gäste trafen am Samstag Vormittags um 10 Uhr hier ein und wurden am Bahnhofe durch die Gemeindevorstehung und den Lehrkörper feierlichst empfangen. Sodann folgte der Einzug der Gäste unter Musikklängen zur Schule, wo Frl. Aranka Bratanow einen praktischen Unterrichtsvortrag abhielt. Hierauf eröffnete der Präses des Filialvereines Herr Schuldirektor Sailer die Sitzung, wonach Se. Hochgeboren Herr Baron Béla Ambrózy die Gäste im Namen der Gemeinde, Se. Hochwürden Domherr Mathias Gózsy im Namen des Schulstuhles begrüßte. Es folgten hierauf Vorträge der Temesvárer Lehrer Alois Schwarz und Daniel Mezö über das Schulwesen. Nach der Wahl der Funktionäre erreichte die Sitzung ihr Ende. Mittags fand im Zentralgasthause ein Festbankett statt, an welchem nahezu 200 Personen theilnahmen. Um das Arrangement der Festlichkeiten machte sich der Gyarmathaer Lehrkörper, insbesonders aber Herr Lehrer Josef Ritter verdient.

aus TEMESVÁRER ZEITUNG, 18. Mai 1904