Dritte Folge des Schager
Heimatboten
Franziska
Graf (Redaktion):
Die Temesch – Schager Heimatbote Nr. 3; Herausgeber:
Heimatortsgemeinschaft Schag, Dez. 1998
Konsequenz
heißt vor allem, sich und seinen Vorsätzen treu zu bleiben.
Franziska Graf hat sich vor sechs Jahren vorgenommen, ihren
Schager Landsleuten einen Boten, also einen Nachrichtenüberbringer,
im Zweijahresrhythmus zu schicken; zumindest so lange, als dies
finanziell noch verantwortbar ist. Ihr gestecktes Ziel konsequent
verfolgend, hat sie auch dem dritten Heimatboten der Schager
(Erscheinungsdatum: Dezember 1998) Leben eingeflößt.
Auf
144 Seiten präsentiert die Broschüre in klarer Gliederung Berichte
über Schager Ereignisse im Banat und in Deutschland und stellt
herausragende Lebensmomente sowie Errungenschaften einiger Landsleute
vor. Die Kurzbiographie des (erst) mit 39 Jahren zum Priester
geweihten Pfarrers Horst Tritz ist ebenso bemerkenswert wie
der wirtschaftliche Erfolg der Eheleute Anna (geb. Taugner)
und Thomas Weiter, den Gründern des „Marienfelderhofs“ in
der Pfalz.
Fünf
Reproduktionen von Aquarellen und weitere zwei von Zeichnungen des
1885 in Schag geborenen Lehrers und Kantors Josef Schweininger
führen uns auf die Spur eines Künstlers, der es bestimmt verdient,
der Anonymität entrissen zu werden. Zu seiner Person erfahren wir
höchst interessante und, bezogen auf die damalige Zeit,
überraschende und vor allem erfreuliche Einzelheiten.
Als
1996 der gebürtige Schager Nikolaus Mayer in Die
Temesch Nr. 2 seine Kindheitserinnerungen so vortrefflich zu
Papier brachte, daß der damalige Rezensent des Heftes ihn vor lauter
Begeisterung mit Caragiale statt mit Creangă
(wie bei lustigen Kindheitserinnerungen natürlich angebracht)
verglich, konnte er nicht ahnen, daß auch andere Zeitgenossen von
dem Stoff so angetan sein werden und eine Landsmännin dem Autor
sogar eine Biographie in Mundart und Versen widmen wird. Katharina
Ochsenfeld ist die Autorin dieses bestimmt nicht alltäglichen
und vor allem lesenswerten Geschenkes „Zum Geburtstag“.
Nikolaus
Mayer selbst kommt auch in der jetzigen Ausgabe des Schager
Heimatboten mit den Erinnerungsschilderungen Die Flucht und
Die Auswanderer zu Wort. Trotz seiner munteren Erzählweise
verliert der erste Text nichts von seinem tragischen Tiefgang –
besonders jetzt, im Fernsehangesicht der Kosovo-Ereignisse. Umso
reizender, mit scharfer Beobachtungsgabe und der weisen Ironie des
Lebensalters niedergeschrieben, offenbart sich uns im zweiten Text
eine Welt, die auch heute, mehr als 30 Jahre nach ihrem
Aus-dem-Boden-Stampfen, noch fremde Besucher begeistert: die
Donauschwabensiedlung „Entre Rios“ in Brasilien.
Wie
aufrichtig Nikolaus Mayers wahrhaft jugendlich gebliebene
Begeisterung für dieses unendliche Land ist, können wir vielleicht
am besten begreifen, wenn wir uns eine Notiz des Ingolstädter
DONAUKURIER vom 13. Dezember des letzten Jahres vor Augen führen:
„Hans Metzger, CSU-Stadtrat und Vorsitzender der Banater Schwaben,
hat Verbindungen zu seinen donauschwäbischen Landsleuten in
Brasilien geknüpft. Im Rahmen eines Arbeitsaufenthaltes bei Audi in
Curitiba besuchte Metzger die Siedlung Entre Rios, >um zu sehen,
wie unsere Donauschwaben es wieder geschafft haben, sich eine neue
Heimat und Existenz aufzubauen<. Der Ingolstädter war bei einer
Familie zu Gast, die nicht weniger als 3500 Hektar Land
bewirtschaftet.“ Wer Metzger nach dessen Rückkehr aus
Brasilien von Entre Rios erzählen hörte, spürte etwas von dem
Feuer, das der Blick in die Weite der kultivierten Steppenlandschaft
auch in ihm angefacht hat.
Ebenso
wie bei Nikolaus Mayer schwang etwas von Heidestimmung mit,
und man hat nach der Lektüre des vorliegenden Mayer-Textes den
Eindruck, daß sich zufällig (oder schicksalhaft?) Phantasiekreise
schließen. Die gleichen Wurzeln können über Generationen und ganz
verschiedene Lebensläufe hinweg ähnliche Gefühlsströme auslösen.
Nikolaus Mayer kann solche Ströme sehr anschaulich
wiedergeben, und Franziska Graf hat es nicht versäumt, seinen
Brasilienerinnerungen durch Fotos auch einen dokumentarischen Wert zu
verleihen.
Nachdem
Dr. Gerhardt Hochstrasser geschichtliche Fakten zum Thema
Temesch und Schag in gewohnt präziser und sachkundiger Manier
präsentiert, mündet Die Temesch, einige
Gedicht-Inseln von Katharina Mallinger-Ochsenfeld,
Eugen Philips,
Lotte Wilhelm,
Adam Müller-Guttenbrunn
und Hans Slavik
umspülend, in ein Bildermeer, das bei den Betrachtern bestimmt so
manche Gefühlswellen an den Erinnerungsgestaden brechen wird.
Anton Potche
aus BANATER POST, München, 10. Juli 1999
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