Zum Tode des Mundartdichters Franz Frombach
Der
Jahrmarkter Mundartdichter Franz Frombach ist mit dem
Sonnenuntergang des 19. April im Alter von 69 Jahren gestorben. Er
war ein Mann des Wortes, vor allem des zur Verinnerlichung gedachten,
des geschriebenen Wortes. Wie hätte es auch anders sein können in
einem Dorf, in dem die Töne des Blechs schon immer schriller als
jene der sanften Sprache klangen?
Ein
Spätberufener? Oder nur ein Mensch, der die instanzenhaften Wege
durch Verlagskorridore scheute? Immerhin, Franz Frombach war
schon 60 Jahre alt, als Die Phingstnägelcher aus‘m Banat –
in Jahrmarkter Mundart angenehm duftend in unseren
Buchregalen auftauchten.
Und
da schwangen plötzlich Saiten einer Dichterseele durch den
Blütenzauber, der alle, die sich seinem Duft hingaben, sonderbar
berührte. „Stellt eier Rose mit der Kristallvase in die Stub, eier
schene, dicke Bicher stellt a dort uf. … Des Bichelche gheert net
dorthin. Stellt die Phingstnägelcher ruhich in die Kich un des
Bichelche do leet newedron“, schreibt Franz Frombach. Er
bildete sich nichts ein mit seinen Sprichelcher, aber seine
Lyrik und Prosa bilden aus; sie vermitteln gefühl- und kunstvoll
(soweit unser betuliches „Schwowisch“ das ermöglicht) Bilder aus
dem Leben einer deutschen Gemeinschaft im Südosten Europas.
Ausdrucksstarke Bilder: Menschen, Landschaften, Stimmungen,
zwischenmenschliche Beziehungen (auch ethnische) und vor allem viele
besinnliche und oft sehr fein pointierte Augenblicke unseres
Gewesen-Seins im Banat.
Sich
mitzuteilen ist gleichsam Künstlerbedürfnis wie auch -tugend. Franz
Frombach hat sich seinen Landsleuten nie verschlossen. Er schrieb
nicht nur über, sondern auch für die Banater Schwaben.
1979,
fünf Jahre nach seiner Ankunft in der Bundesrepublik, vermerkte die
BANATER POST anläßlich des ersten Landestrachtenfestes Saar: „Nach
der Vorstellung der verschiedenen Trachtengruppen wurden die
Volkstänze sowie Heimatlieder von der Familie Frombach / Jahrmarkt
vorgetragen.“ Diese Information deutet auf ein familiäres Umfeld
des nun im saarländischen Bexbach-Frankenholz beheimateten Franz
Frombach hin, das seine künstlerischen Neigungen nicht nur zu
würdigen, sondern vor allem auch zu unterstützen wußte. Besonders
seiner Frau Eva kommt da ein menschlich überaus hoch
einzuschätzendes Verdienst zu. Nichts harmonierte mit Franz
Frombachs Drang nach Reim und Rhythmus besser als das
hervorragende Akkordeonspiel seiner Frau und ihr gemeinsamer Gesang.
1996
bekam der Jahrmarkter Mundartautor den Ehrenbrief unserer
Landsmannschaft. 14 Gedichte und Epigramme sowie zwei bemerkenswerte
Essays (Es alt Gebetbuch, BANATER POST vom 20. März 1998,
dürfte sogar der einzige banatschwäbische Text dieser literarischen
Gattung sein) erschienen in den letzten Jahren in der BANATER POST.
Seine Verse bereichern auch das 1984 erschienene Heimatbuch Jahrmarkt im Banat – Das Dorf rings um den "Großen Brunnen".
Franz Frombach alias Gerwer Franz |
Frombachs
Lebensweg war gerade wie die Jahrmarkter Neue Gasse, durch die er
jahrein, jahraus morgens zum Bahnhof eilte und abends wieder
heimkehrte. Dazwischen lagen unzählige Arbeitstage in der Temeswarer
Chemiefabrik Detergenți. Um diesen Daseinskern,
der eine gesunde Familienexistenz (Gattin
und zwei Töchter)
sicherte, reifte bereits in den
Jugendjahren eine pralle, mit schöpferischen
Säften gefüllte
Frucht.
Wir
treffen Franz Frombach in der im ganzen Banat bekannten
Jahrmarkter Großfeldhandballmannschaft an und begegnen ihm später
in den Chören der zwei ortseigenen Musikkapellen. Mens sana in
corpore sano. In Franz Frombachs stets aktivem Körper wohnte
ein gesunder Geist.
In
seinem Geburtsjahr steht zweimal die Zahl 9, in seinem Sterbetag
erscheint sie viermal. Sie ist die letzte in der Reihe der Einer,
ohne uns allerdings wohlwollend klare Einblicke in die Reihe der
folgenden Zehnerkette zu gewähren; eine Zahl, die uns die
Zeitenwende ankündigt. In Franz Frombachs Abschiedstag hat sie einen
wahren Reigen veranstaltet, einen Totenreigen um die sterbende 1,
aber auch um „Unser Schwowisch – For uns is se wie die Sunn“,
wie der Dichter aus Liebe zu seiner und unserer Mundart in den
Phingstnägelcher aus ‘m Banat in den edelsten
Liebestönen schwelgt, um dann vorahnungsvoll zu verkünden, daß sie
„wärmt, wann se am Himmel steht, / A wann mer des erscht ingsiehn
hun, / Jetz, wu se schun bal unnergeht.“
Für
uns Noch-Träger dieser Mundart werden Franz Frombachs
„Phingstnägelcher“ (Flieder, der an seinem Sterbetag schon
wieder blühte) noch lange ihren Frühlingsduft verbreiten und uns –
hoffentlich – vor der Schmach des Vergessens unserer eigenen
„Mottersproch“ bewahren.
Anton Potche
aus BANATER POST, München, 20.Mai 1999
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