Über
gelungene Autobiographien liest man gelegentlich in Rezensionen oder
Klappentexten, sie wären ein beispielhaftes „document humain“.
Gemeint ist damit eine Schrift, in der sich der Lebensweg des
Autobiographen mit Biographien anderer meist berühmter
Persönlichkeiten aus den Bereichen des Theaters, Films, der
Literatur, bildenden Kunst, Musik, des Sports, der Wissenschaft und
Politik kreuzt und dadurch ein lebendiges, zeitgeschichtliches
Literaturgemälde entsteht. Als Beispiel für diese gewöhnlich sehr
anregenden Lektüren könnte man Géza von Cziffras (*1900,
Arad - †1989, Dießen)
Erinnerungen an Götter und Halbgötter – Kauf dir einen
bunten Luftballon (Herbig, 1975) anführen. Darin promenieren
so namhafte Gestalten wie Bertolt Brecht, Ödön von
Horváth, Albert Einstein, Marlene Dietrich, Hans
Albers, Max Liebermann, Arnold Schönberg u.v.a.
Aber auch Erinnerungen ohne gehobene literarische Ansprüche, die uns weniger berühmte Menschen vor Augen führen, können einen durchaus interessanten Lesestoff hergeben. Sammelt man solche Texte, ergänzt sie mit vielen Fotos und läßt sie in Buchform binden, dann hat man auch ein „ducument humain“ geschaffen, das als „Heimatbuch“ eine gewisse Zielgruppe erreichen soll, was ihm in der Regel auch gelingt. Nach diesem Grundsatz hat wahrscheinlich auch Franziska Graf (*1933, Schag) gehandelt, als sie Fratelia – 6. Bezirk der Banater Metropole Temeschburg – Eine Erinnerung an Neu-Kischoda und Besenyö-Telep in Druck gehen ließ.
Aber auch Erinnerungen ohne gehobene literarische Ansprüche, die uns weniger berühmte Menschen vor Augen führen, können einen durchaus interessanten Lesestoff hergeben. Sammelt man solche Texte, ergänzt sie mit vielen Fotos und läßt sie in Buchform binden, dann hat man auch ein „ducument humain“ geschaffen, das als „Heimatbuch“ eine gewisse Zielgruppe erreichen soll, was ihm in der Regel auch gelingt. Nach diesem Grundsatz hat wahrscheinlich auch Franziska Graf (*1933, Schag) gehandelt, als sie Fratelia – 6. Bezirk der Banater Metropole Temeschburg – Eine Erinnerung an Neu-Kischoda und Besenyö-Telep in Druck gehen ließ.
Natürlich
begegnen wir auch in diesem Buch vielen Menschen, und wir stellen
dabei fest, daß ihnen die gleiche, also zeitgeschichtliche Akzente
setzende Berühmtheit anhaftet wie den Gestalten Géza von
Cziffras, nur halt auf einen engeren geographischen Raum bezogen,
nämlich auf unser von der Geschichte (nicht ganz ohne unser Zutun)
in die Erinnerung verbanntes Banat. Wer in diesem Buch Frateliaer
Persönlichkeiten wie Anni Hann, Hans Maly,
Grete Sottrel, Dr. med. Helene Aubermann-Venturini
u.a. antrifft, wird nicht umhin können, seinen Erinnerungen
nachzuhängen, „denn von all dem Schönen ist nichts mehr
erhalten“, wie Franziska Graf im Klappentext betont.
Ist
es nicht gewagt, ein Heimatbuch zu einem Drittel aus
Erlebnisberichten zu verfassen, wo wir Banater Schwaben doch schon so
viele Heimatbücher haben – unter ihnen auch wissenschaftlich
fundierte Ortsmonographien , was
eventuelle neutrale Leser (also keine Frateliaer) sehr leicht zu
Vergleichen anregen könnte? Nein. Und dieses Nein darf um so
entschiedener klingen, als es sich auf Fratelia bezieht, sind doch
erst 95 Jahre vergangen, seit die einstige Ziegelei-Siedlung vor den
Toren Temeswars parzelliert wurde und allmählich Dorfgepräge
annahm. An eben diese Zeit des
Reifens gesellschaftlicher und kultureller Strukturen in Fratelia
erinnern sich noch genug Menschen, um die für ein solches Buch
üblichen geschichtlichen Beiträge, Dokumente und Tabellen zu einem
stattlichen 456-Seiten-Heimatbuch heranreifen zu lassen.
Wieviel
Herzensgüte Franziska
Graf in die Erstellung
dieses in Leinen gebundene und mit auch für ältere Menschen leicht
lesbaren Lettern geschriebene Werk einfließen ließ, kann man nur
erahnen. Daß sie aber zu jedem der Autoren eine persönliche,
menschlich warme Beziehung aufgebaut hat, läßt sich anhand der
Konzessionen, die sie als Redakteurin den Textverfassern zugestanden
hat, leicht erkennen. Die
dadurch vorkommenden Wiederholungen sollten den Leser aber nicht
irritieren. Schon der nächste Abschnitt kann für eine angenehme
Überraschung oder eine liebe Erinnerung sorgen.
Zum
Schluß dieser Buchbetrachtung noch einige Worte an die Jüngeren –
heute auch schon Mütter und Väter – der Banater
Aussiedlergeneration: Erinnert Ihr Euch noch, wo wir uns gerne
trafen, als in so manchem „deutschen“ Dorf die Lichter der
Kulturheime längst erloschen waren? Freilich: beim „Blank“ in
Fratelia! Und was lesen wir jetzt in diesem Buch? Blank war ein
Gastwirt, der sich in Amerika als Detektiv verdungen hatte und mit
dem so verdienten Geld diese Gaststätte
in Fratelia bauen ließ. Daß
die Kirchweihfeste und Tanzabende der deutschen Jugend in diesem Haus
wahrscheinlich bis in die späten achtziger Jahre von Securitateaugen
detektivisch beobachtet wurden, konnte damals bestimmt selbst der
Detektiv Blank
kaum ahnen. Fünf der
zahlreichen Fotos dieses Buches erinnern uns auch an Veranstaltungen
im Kulturheim „Blank“.
Anton
Potche
aus BANATER POST, München, 5. Januar 1999
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