Dienstag, 17. Mai 2022

„Aller Anfang ist schwer“

 Preisträger des Landesfestivals

Die Sonne neigte sich über Jahrmarkt an jenem warmen Septembertag, als ein großer LKW vor dem Kulturheim anhielt. Die Instrumente der DDR-Blaskapelle aus dem Bezirk Gera, die hier am Abend spielen sollte, waren da. Auch die Musikanten waren eingetroffen, man unterhielt sich nach gutem altem Brauch, im Gemeinderat mit den Gästen. Auch Martin Schütt, der Leiter der Jahrmarkter Blaskapelle war dabei. Man besprach auch eine kleine organisatorische Frage. Die Gäste wollten etwas aus dem Banat spielen. Professor Hans Fritz, der seit zwei Jahren, viele Titel aus dem Repertoire der Martin-Schütt-Kapelle arrangiert hat, fand sofort die Lösung. Die Gäste könnten, allerdings nach einer kurzen Probe unter seiner Leitung, das Lied Banater Land spielen. Gesagt, getan. Kapellmeister Otto Weber, der sein sehr homogen spielendes Orchester im Konzert geleitet hatte, übergab den Taktstock Prof. Hans Fritz. Die Banater Volksliedbearbeitung klang sehr schön und erfreute die zahlreiche Zuhörerschaft, auch die Jahrmarkter Bläser, die die Feinheiten der Interpretation ihrer DDR-Kollegen zu schätzen wußten.
Die Pause war für uns die beste Gelegenheit, mit Martin Schütt und einigen Jahrmarkter Sängern Bekanntschaft zu machen.
Martin Schütt & Schütt-Kapelle
mit Fans
FotoQuelle: VOLK UND KULTUR
Der 1960 in Jahrmarkt geborene Martin Schütt fand den Weg zur Musik durch seinen Paten, der Kapellmeister war. Noch bevor Martin nach Temeswar fuhr, um das Elektrotechnik-Lyzeum zu besuchen, legte der Pate dem Zwölfjährigen das Akkordeon in die Arme. Martin Schütt fand Gefallen daran und wollte auch andere Instrumente erlernen. Bis er das Lyzeum absolvierte (1976), beherrschte er ein breites Volkslied- und Schlagerrepertoire. Der seit 1978 in Temeswar als Dreher in einer Fabrik für Bewäßerungsanlagen arbeitende Schütt heiratete. Seine Frau Eva ist Schneiderin und auch eine der Sängerinnen, die in den Programmen der Jahrmarkter auftritt. Eines Tages entschloss er sich, auch Posaune zu spielen. Der Klang dieses Instrumentes, faszinierte ihn und obwohl schon sechs Posaunisten in Jahrmarkt waren, blies auch Martin Schütt Posaune, nämlich 1979, beim Musikantenball! Als drittes Instrument lernte er Baßflügelhorn. Ob ihm das Erlernen dieser Instrumente schwerfiel? „Aller Anfang ist schwer“, meint Martin Schütt, „aber die Freude nachher umso größer. Als ich zum ersten Male Akkordeon auf einer Hochzeit spielte, war Lob und Tadel von den älteren Musikanten zu hören. Ich ließ mich nicht einschüchtern, machte fleißig und mit Freude weiter und es war gut so.“
Seit 1982 leitet Martin Schütt die gewesene Kaszner-Kapelle. Und weil er jung war und neue junge Musikanten in die Kapelle aufgenommen wurden, weil man durch Funk, Platte, Recorder mit der neuen Tanzmusik am Laufenden war und alle tanzen wollten, spielte die Martin-Schütt-Blaskapelle auch einige Hits. Diese kamen sehr gut an, man merkte, daß die Jugend der Gemeinde sie sogar bevorzugte und so beschlossen die Jahrmarkter Musikanten und ihr Leiter Martin Schütt, „auf dieser Welle zu reiten“. Sie wandten sich an Professor Hans Fritz aus Temeswar, der ihnen viele Titel setzte, Noten beschaffte und überhaupt mit Herz und Seele bei den Jahrmarktern war, ihnen sogar bei der Organisation der Ausfahrten half. Das alles gilt selbstverständlich auch für die Gegenwart. Dieses Gespann funktioniert sehr gut, auf Freundschaftsbasis.
Die heutige Besetzung der Kapelle (18 Mitglieder) umfaßt auch zwei elektrische Gitarren und Schlagzeug, so daß Titel wie Am weißen Strand von St. Angelo, Santa Lucia, Dort wo die Blumen blühen, Heidemarie, Wo alle Brünnlein fließen im selben Programm stehen. Ein großer Teil des Erfolgs ist auch den Sängern zuzuschreiben. Juliane Eichinger, Hans Maté, Peter Corcoșa
Richard Kilzer und Eva und Martin Schütt (denn auch der Leiter singt) bereichern, jeder in seiner Art, die etwa 30 Konzerte, die in einem Jahr geboten werden.
Das ist also die Blaskapelle und das Unterhaltungsmusikorchester von Jahrmarkt, beide unter der Leitung von Martin Schütt, die bei dieser Auflage des Landesfestivals Cîntarea României preisgekrönt wurden.
Für alle, von Martin Schütt, eine Einladung zum Kathreinenball in Jahrmarkt!

Waltraut Lenz


aus VOLK UND KULTUR, Bukarest, Oktober 1985





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