Lockere, anspruchsvolle Plaudereien mit einem Schuß Nostalgie
Hans Matthias Just: Von Las Vegas
nach las Begas – Geschichten rund um den Rudolfsplatz. Mirton
Verlag, Temeswar, 1996. 343 Seiten. ISBN 973-578-188-3.
Dieses 1996 im Temeswarer Mirton
Verlag erschienene Buch von Hans Matthias Just ist erst mal
schwer einzuordnen. Es will zu keinem der belletristischen Genres so
richtig passen. Was sich da auf 327 Buchseiten angesammelt hat, sind
weder Essays, noch Erzählungen, noch Kommentare. Dabei sagt uns doch
schon der Titel des Buches, was uns erwartet: Geschichten rund um
den Rudolfsplatz. Also Geschichten; Vorfälle, eine Reihe von
Begebenheiten wären das, lehrt uns das Deutsche Wörterbuch, wenn
wir, wie angemerkt, zu dem Hinweis „Erzählung“ bewußt Abstand
bewahren wollen. „Aus dem Nähkistchen geplaudert“ würde am
besten zu diesen in der deutschen Umgangssprache Temeswars verfaßten
Texte passen. Dabei geht der Autor mit dem Jargon so freizügig um,
daß er sich knapp am Rande sprachlicher Dürftigkeit bewegt. Einfach
lockere, anspruchslose Plaudereien wurden hier mit Hilfe der
Druckerschwärze verewigt.
In Anlehnung an Gregor von
Rezzori könnte man sagen, wir haben es mit einer maghrebinischen
Darstellungsweise der Temeswarer Verhältnisse nach 1989 zu tun. Das
Buch vermittelt vor allem Atmosphäre, für Nichteingeweihte durchaus
erkundungswertes Neuland und für Temeswarer einen gesunden Schuß
Nostalgie. Von den 59 Geschichten lassen sich einige leicht und
fließend lesen, während andere unter einem etwas langen Atem im
Aufbau leiden. Man wird oft den Eindruck nicht los, daß der Autor
seine Leser um jeden Preis zum Lachen oder Schmunzeln bringen will,
und gerade da leidet dann die angestrebte Authentizität der zu
vermittelnden Stimmung.
Daß Hans Matthias Just nicht
nur schreiben kann, sondern auch ganz hervorragend fotografiert,
beweisen 18 Fotos, die den Wert dieses Buches erheblich steigern.
Lichtbilder wie Das Gesicht des Alterns und Der Lebensfaden
könnten in jeder Galerie vor den kritischen Blicken des
Kunstpublikums bestehen.
Der 1931 in Temeswar geborene Hans
Matthias Just weist sich als guter Kenner des Temeswarer
Stadtmilieus aus, der in diesem Buch sowohl seine journalistischen
als auch seine kunstfotografischen Stärken einsetzt. Schade, dass
dieser Mann so lange schweigen mußte. 1970 wurde er von den
rumänischen Behörden mit einem Veröffentlichungsverbot beglückt.
Mark Jahr
aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 8. November 1998
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