Dienstag, 15. Februar 2022

Gedichte wider den Krieg

Heims Verse sind schlicht und einprägsam


Ferdinand-Christoph Heim: Stimmen, die zum Himmel schreien. Gedichte. Verlag Rainer E. Wiechert, Wolfsburg, 1994. 168 Seiten, 19,80 DM. ISBN 3-9803609-1-1.

Es war im Sommer 1995, als ich in einer Literaturzeitschrift las, daß Rind & Schlegel, eine Zeitschrift für Poesie (erscheint unregelmäßig in München) Gedichte für eine neue Ausgabe sucht. Prompt schickte ich fünf Gedichte (mit Rückporto) ein, die ich dann ebenso prompt mit dem Vermerk zurückbekam: „Wir geben Ihnen beiliegend alle Texte zu unserer Entlastung zurück, weil die Texte uns nicht gefallen. Wir bitten, vorerst keine weiteren Texte zuzusenden.“ 
Das tat ich natürlich auch nicht und konnte mich sogar über die folgende Ausgabe der Zeitschrift freuen, denn ich fand darin neben vielen guten und schlechten Gedichten auch vier wunderschöne Liebesgedichte von Ferdinand-Christoph Heim. Dazu folgende bio-bibliographische Daten: „Geboren am 27. April 1932 in Temeschburg (Rumänien). Erstes Volksschuljahr 1939/40 in Temeschburg. 1940 Umsiedlung nach Deutschland. Verschiedene Schulen besucht. Nebenbei den Beruf des Schildermalers erlernt. 1947 Rückkehr der Familie nach Rumänien. 1951 mit der ganzen Familie nach Perietz (A.d.V.: Periete/Bărăgan) verschleppt. 1956 Rückkehr nach Temeschburg. Angegriffene Gesundheit. 1957 bis 1962 Besuch des Zirkels für bildende Kunst in Temeschburg. Danach verschiedene Ausstellungsbeteiligungen in verschiedenen Städten Rumäniens. Erste Gedichte bereits während der Schulzeit. Erste Gedichte-Veröffentlichung 1972 in der BANATER ZEITUNG (A.d.V.: NEUE BANATER ZEITUNG) in Temeschburg. Verheiratet, zwei Töchter. Lebt seit 1990 in der Bundesrepublik Deutschland. Eigenes Buch mit Gedichten: 1994 im Verlag edition phillon, Wolfsburg ISBN3-9803609-1-1, Verkehrte Welt."
A
m 28. Juni 1997 hatte ich dann die Gelegenheit, den Dichter beim Zweiten Treffen der Banater Mundartautoren in Ingolstadt persönlich kennenzulernen, denn F. Ch. Heim schreibt auch in Mundart (Stachl-Gsätzle – Epigramme und Fabeln in banatschwäbischer Mundart, Verlag Wilfried Eppe, Bergatreute, 1994, ISBN 3-89089-231-0). Mir stand ein stiller, blitzlichtscheuer Mann gegenüber, der auch in den Gedichten seines letzten Bandes keine Frontalangriffe auf das Böse startet, sondern unermüdlich zu Einsicht und friedlicher Versöhnung mahnt. Heims Stimmen, die zum Himmel schreien sind eine einzige Bewältigungsobsession des Konflikts Krieg & Friede. Dieser Zwangsvorstellung, durch mahnende Worte Kriegsunrecht vermeiden zu können, ist es wahrscheinlich zuzuschreiben, daß am Rande der Banalität angesiedelte Verse poetischen Sprachfeinheiten vorauseilen: „Kriege entstehen / durch Streit oder auch Hetze / und übergehn / dabei alle Gesetze. / Ein halber Krieg / ist kein halber Friede; / ihm fehlt der Sieg / und das End‘ vom Liede.“
Trotz der Tragik und Betroffenheit, die aus sehr vielen Gedichten spricht und die irgendwann dazu führt, daß man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, den einen oder anderen Vers schon mal gelesen zu haben – das wird durch die Omnipräsenz der Wörter Krieg und Friede dem Leser, wahrscheinlich ohne Absicht, suggeriert – gelingt es dem Autor immer wieder, versteckte, das Gedächtnis anregende Pointen in das eine oder andere Gedicht einzuflechten: „Das Geheimnis / der Atomwaffe, / darf nicht erfahren / ein Affe, / denn er handelt / primitiv: / zersprengt die Welt / ohne Motiv. / Das macht ihn / mit seinem Gegaffe / so menschlich / […]. (Atomgeheimnis).
Ein Gedichtband liegt vor uns, der in der Öffentlichkeit nicht unbemerkt blieb. Die VdK-ZEITUNG stellte 1995 das Buch unter der Überschrift „Ferdinand Chr. Heim – Gedichte gegen Krieg und Unterdrückung – Mahnende Stimme für mehr Menschlichkeit“ vor und die SCHWÄBISCHE ZEITUNG schrieb am 13. Mai 1995: „In seinem neuesten Buch Stimmen, die zum Himmel schreien übernimmt Ferdinand Heim die Rolle eines Mahners. […] Seine Verse, mit denen er für eine Welt ohne Gewalt, Massenvernichtungsmittel und Diktatur eintritt, sind schlicht, aber einprägsam.“
Mark Jahr

aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 27. September1998

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