Nachtrag zu Gedanken nach einem hochklassigen Konzertabend
(BANATER POST, 20.5.1998)
Die
Musik ist jene Kunst, die durch die Komplexität ihrer
Vermittlungsfähigkeit das menschliche Gemüt wie keine andere
Kunstart zu erregen vermag, sowohl im positiven als auch im negativen
Sinn. Wir nehmen sie nicht nur mit unserem Gehörsinn wahr, sondern
rezipieren sie auch mit unserem Sehsinn. Der Konzertbesucher befindet
sich in der überaus anregenden Situation, dem Entstehungsprozeß des
Kunstwerkes beizuwohnen, was bei der Literatur und bildenden Kunst
nicht möglich ist.
Während der Maler, Bildhauer, Graphiker, Photograph sein Werk dem Publikum und der Kritik in vollendeter Form vorstellt, ist der Komponist auf die Mittlerrolle des Musikers angewiesen. Aus dieser Konstellation erwächst dem Musiker eine doppelte Verantwortung. Er muß dem Zuhörer die geistige Botschaft des Komponisten übermitteln und er soll und will in der Ausführung dieses Auftrages mit seinen künstlerischen Fähigkeiten auch brillieren. Hier dürfen rein künstlerischer und menschlicher Ehrgeiz bereits fröhliche Urstände feiern, denn bei allen Verpflichtungen gegenüber dem Tondichter oder Arrangeur bleiben für den Interpreten große gestalterische Freiheiten erhalten. Der Jazz im Allgemeinen und der Free Jazz im Besonderen beruhen sogar auf der uneingeschränkten Phantasie des künstlerischen Augenblicks.
Nun ist es aber so, daß Musik im Unterschied zu anderen Künsten eine unendliche Genesis darstellt. Ein Bild von Stefan Jäger ist morgen noch immer das gleiche Bild wie heute. Ein Lied, meinetwegen von Emmerich Bartzer, entsteht vom ersten bis zum letzten Ton immer wieder aufs neue, wenn ein Chor es vorträgt, und keiner der Liedvorträge wird mit einer der vorausgegangenen Aufführungen in Rhythmus und Dynamik hundertprozentig identisch sein. Sergiu Celibidache hat diese Besonderheit der Kunst „Musik“ in ganz besonderer Weise gepflegt, und die CHICAGO SUN TIMES schrieb vor neun Jahren Folgendes dazu: „Die Absicht Celibidaches beim Musizieren ist eine völlig andere als die sehr häufig übliche. Nicht (subjektive) 'Interpretation', Glanz, Effekt, Tempo, Spannung als Selbstzweck, technische Perfektion, modernistische Glätte und Ähnliches sind für ihn von Bedeutung, sondern das Entstehenlassen von Musik aus den Bedingungen des Komponisten.“
In diese Darstellung scheint nur die (subjektive) „Interpretation“ nicht recht hineinzupassen, denn der Kunstgenuß eines Musikstückes hängt sehr stark von der Darbietungsweise des Orchesters und der Solisten ab, was die Musizierenden letztendlich auf die gleiche Stufe mit den Kunstschöpfern (Literaten, bildende Künstler, Kompositeure) stellt und sie gleichzeitig zu darstellenden Künstlern (Schauspieler, Ballerini) werden lässt. Der Musiker erlebt die Rezeption seiner Kunst so viel intensiver als die Künstler anderer Bereiche, spürt er doch während seines ganzen Schaffens den Atem des Publikums. Sein Ehrgeiz, allen Anforderungen gerecht zu werden, ist dadurch legitimiert und … führt manchmal zu Übertreibungen.
Eine dieser Übertreibungen – man darf sie getrost als falschen Ehrgeiz apostrophieren – ist der Mißbrauch technischer Hilfsmittel in der Musik schlechthin. Natürlich wäre es völlig falsch, wenn Musiker sich dem technischen Fortschritt in ihrer Sparte verschließen würden. Welcher Musikliebhaber wird heute schon etwas gegen eine Verstärkeranlage haben (solange man mit ihrer Lautstärke kein Schindluder treibt) oder gegen ein Keyboard (sofern es nicht zu einem Kassettenabspuler degradiert wird)? Auch wenn Sänger und Instrumentalsolisten heute dem Rationalisierungsgeist unserer Zeit Tribut zahlen und immer häufiger mit einer Backgroundkassette im Gepäck als in Begleitung eines Orchesters durch die Lande reisen, geht das noch in Ordnung, denn ändern müssen wir uns alle, und zwar immer schneller.
Stellen Sänger/innen und Instrumentalisten sich aber auf eine Bühne und täuschen dem Publikum Gesang und Spiel hinter abgeschalteten Mikrophonen vor, dann ist das schlicht und einfach Betrug, Betrug am Publikum, Betrug am Komponisten, Betrug an der eigenen Stimme oder dem Instrument und nicht zuletzt Betrug (oder Zweifel?) an den eigenen künstlerischen Fähigkeiten. Allerdings sind oft äußere, wettbewerbsbedingte Faktoren die Initialzünder solch peinlicher Playbackdarbietungen, aber die Entscheidung, daran teilzunehmen oder nicht, liegt letztendlich immer noch beim Künstler und wird dadurch zur Charaktersache.
Ein verpatzter Einsatz, eine Rhythmusschwankung, eine schlechte Akustik und vieles mehr sind, selbst wenn sie im ungünstigsten Fall alle zusammentreffen, weit weniger anstößig als ein sich hinter einem toten Mikrophon verbiegender, „hoch eingeschätzter“ Musiker, der bei diesen Verrenkungskunststücken keinen einzigen Ton in sein Instrument bläst, zumindest für das Publikum nicht hörbar, weil sein Solopart vom Band kommt. Daß der gute Mann die aus den Lautsprechern kommenden Töne in einem Studio selbst eingespielt hat, mindert die Lächerlichkeit eines solchen Auftritts in keiner Weise. Man muß nämlich ganz klar zwischen Konzertaufführungen und Studioaufnahmen unterscheiden. Wer ab und zu einen Blick in die Feuilletonblätter unserer großen Zeitungen und Zeitschriften (DER SPIEGEL, DIE ZEIT, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, FAZ u. a.) wirft, wird schnell erkennen, daß die Kritik sich in diesen Fällen nach grundverschiedenen Wertkriterien richtet.
Man stelle sich vor, solche „Künstler“, die ohne jedwede Scheu in der Öffentlichkeit zum totalen Playback greifen, sind in der Ausübung ihres Berufes oder nebenberuflich auch noch Pädagogen, also Musikerzieher, die durch ihr persönliches Beispiel ihren Schülern diese verheerende, selbstverachtende Erfolgsphilosophie vermitteln. In diesem Stadium bekommt das Playbacksyndrom bereits katastrophale Auswirkungen auf die Kunsterziehung unserer Kinder.
Playback ist zu allen nur denkbaren Unterhaltungszwecken von der Mini-Playback-Show (sofern sie nichts mit dem Ehrgeiz geltungssüchtiger Eltern zu tun hat) bis zur Faschingsgaudi einsetzbar. Wer dieses Verfahren aber zum Vortäuschen von musikalischen Vorträgen mißbraucht, macht sich als Musiker unglaubwürdig.
Vielleicht gibt gerade die Jugend den Weg vor, den die Musiker (auch schon etablierte) in Zukunft beschreiten sollten, um in ihrer Erfolgsgeilheit ihre von Gott geschenkte Kunstseele vor dem Technikteufel zu retten. Der Musikszenekritiker Karl Leitner schrieb zur Veröffentlichung eines Live-Albums der Ingolstädter Rock‘n-Roll-Band Lazy Bones: „Klar ist wie so oft, daß keine Tonaufnahme eine Bühnenshow ersetzen kann. […] Die Band brachte sogar den Mut auf, nachträglich auf Korrekturen zu verzichten, kleine Unzulänglichkeiten bewußt nicht wegzuretuschieren. Womit man also einen unverfälschten Blick auf die Bühnenqualitäten der Band werfen kann.“ Bedenkt man, daß Suzanne Vega in Karlsruhe 25.000 Menschen nur mit ihrer phantastischen Stimme, ohne jegliche Musikbegleitung – ihre Band hatte die Bühne schon verlassen -, zu gänsehautfördernden A-cappella-Gesängen mitriß, dann steht plötzlich sogar die Müßigkeit des Themas Playback im Raum. Daß es manchmal aber doch einen Sinn hat, über unsinniges Verhalten nachzudenken, mag seine Begründung in einem Satz Stefan Heyms finden: „Ich glaube, daß nichts so bleibt, wie es ist, und daß wir über die Richtung, in die sich das Ganze bewegt, mitentscheiden.“ So ähnlich wird auch der Philosoph und Musiker Theodor W. Adorno gedacht haben, als er in einer „Stellung zur Ästhetik der Neuen Musik“ die auch zu unserem Emotionen schürenden Playback so passenden Feststellungen machte: „Selbst unter denen, welche die Neue Musik einmal führten, war mehr als einer nicht ganz dem eigenen Avantgardismus gewachsen, lebte geistig gewissermaßen über seine Verhältnisse. Die Naivität des Fachmusikers, der sein Metier besorgt, ohne an der Bewegung des objektiven Geistes recht teilzuhaben, ist dafür mitverantwortlich. […] Ihre musikalische Erfahrung ist nicht frei vom Moment der Ungleichzeitigkeit. Sobald sie (die Fachmusiker) einmal von dem Unerreichten der vergangenen Musik betroffen werden, kapitulieren insbesondere die, welche dem Neuen unbedenklich sich überließen, weil sie vom Alten zu wenig wußten.“ Harte, aber bestimmt nachdenkenswerte Worte.
Was für die überwiegende Mehrheit unserer aus dem Banat stammenden Musiker und besonders Musikpädagogen kennzeichnend bleibt, ist ihre Standhaftigkeit und ihre Treue zur Wiedergabe und Vermittlung der wahren, unverfälschten Musik. Nachdem ich mal in einer Konzertbesprechung das Wort „Musikepoche“ gebrauchte (DONAUKURIER, 3. Juli 1998), klärte mich prompt einer dieser von mir sehr geschätzten Banater Musiklehrer auf, daß der Terminus „Musikstil“ aus Definitionsgründen an der betreffenden Textstelle angebrachter wäre; hervorragende Stichworte, die mir zur Niederschrift meiner Hoffnung verhelfen, daß ein mieser Playbackstil sich nie und nimmer zum Markenzeichen einer ganzen Musikepoche entwickeln wird.
Den Totalplaybackvirtuosen aller Musikrichtungen sei zum Schluß noch folgender Rat des Jazz-Essayisten Joachim Ernst Berendt mit auf den Weg gegeben: „Wichtiger als das Reden und Schreiben über Jazz ist das Hören von Jazz (und wiederum wichtiger als dieses ist das Jazz-Spielen!)“
Während der Maler, Bildhauer, Graphiker, Photograph sein Werk dem Publikum und der Kritik in vollendeter Form vorstellt, ist der Komponist auf die Mittlerrolle des Musikers angewiesen. Aus dieser Konstellation erwächst dem Musiker eine doppelte Verantwortung. Er muß dem Zuhörer die geistige Botschaft des Komponisten übermitteln und er soll und will in der Ausführung dieses Auftrages mit seinen künstlerischen Fähigkeiten auch brillieren. Hier dürfen rein künstlerischer und menschlicher Ehrgeiz bereits fröhliche Urstände feiern, denn bei allen Verpflichtungen gegenüber dem Tondichter oder Arrangeur bleiben für den Interpreten große gestalterische Freiheiten erhalten. Der Jazz im Allgemeinen und der Free Jazz im Besonderen beruhen sogar auf der uneingeschränkten Phantasie des künstlerischen Augenblicks.
Nun ist es aber so, daß Musik im Unterschied zu anderen Künsten eine unendliche Genesis darstellt. Ein Bild von Stefan Jäger ist morgen noch immer das gleiche Bild wie heute. Ein Lied, meinetwegen von Emmerich Bartzer, entsteht vom ersten bis zum letzten Ton immer wieder aufs neue, wenn ein Chor es vorträgt, und keiner der Liedvorträge wird mit einer der vorausgegangenen Aufführungen in Rhythmus und Dynamik hundertprozentig identisch sein. Sergiu Celibidache hat diese Besonderheit der Kunst „Musik“ in ganz besonderer Weise gepflegt, und die CHICAGO SUN TIMES schrieb vor neun Jahren Folgendes dazu: „Die Absicht Celibidaches beim Musizieren ist eine völlig andere als die sehr häufig übliche. Nicht (subjektive) 'Interpretation', Glanz, Effekt, Tempo, Spannung als Selbstzweck, technische Perfektion, modernistische Glätte und Ähnliches sind für ihn von Bedeutung, sondern das Entstehenlassen von Musik aus den Bedingungen des Komponisten.“
In diese Darstellung scheint nur die (subjektive) „Interpretation“ nicht recht hineinzupassen, denn der Kunstgenuß eines Musikstückes hängt sehr stark von der Darbietungsweise des Orchesters und der Solisten ab, was die Musizierenden letztendlich auf die gleiche Stufe mit den Kunstschöpfern (Literaten, bildende Künstler, Kompositeure) stellt und sie gleichzeitig zu darstellenden Künstlern (Schauspieler, Ballerini) werden lässt. Der Musiker erlebt die Rezeption seiner Kunst so viel intensiver als die Künstler anderer Bereiche, spürt er doch während seines ganzen Schaffens den Atem des Publikums. Sein Ehrgeiz, allen Anforderungen gerecht zu werden, ist dadurch legitimiert und … führt manchmal zu Übertreibungen.
Eine dieser Übertreibungen – man darf sie getrost als falschen Ehrgeiz apostrophieren – ist der Mißbrauch technischer Hilfsmittel in der Musik schlechthin. Natürlich wäre es völlig falsch, wenn Musiker sich dem technischen Fortschritt in ihrer Sparte verschließen würden. Welcher Musikliebhaber wird heute schon etwas gegen eine Verstärkeranlage haben (solange man mit ihrer Lautstärke kein Schindluder treibt) oder gegen ein Keyboard (sofern es nicht zu einem Kassettenabspuler degradiert wird)? Auch wenn Sänger und Instrumentalsolisten heute dem Rationalisierungsgeist unserer Zeit Tribut zahlen und immer häufiger mit einer Backgroundkassette im Gepäck als in Begleitung eines Orchesters durch die Lande reisen, geht das noch in Ordnung, denn ändern müssen wir uns alle, und zwar immer schneller.
Stellen Sänger/innen und Instrumentalisten sich aber auf eine Bühne und täuschen dem Publikum Gesang und Spiel hinter abgeschalteten Mikrophonen vor, dann ist das schlicht und einfach Betrug, Betrug am Publikum, Betrug am Komponisten, Betrug an der eigenen Stimme oder dem Instrument und nicht zuletzt Betrug (oder Zweifel?) an den eigenen künstlerischen Fähigkeiten. Allerdings sind oft äußere, wettbewerbsbedingte Faktoren die Initialzünder solch peinlicher Playbackdarbietungen, aber die Entscheidung, daran teilzunehmen oder nicht, liegt letztendlich immer noch beim Künstler und wird dadurch zur Charaktersache.
Ein verpatzter Einsatz, eine Rhythmusschwankung, eine schlechte Akustik und vieles mehr sind, selbst wenn sie im ungünstigsten Fall alle zusammentreffen, weit weniger anstößig als ein sich hinter einem toten Mikrophon verbiegender, „hoch eingeschätzter“ Musiker, der bei diesen Verrenkungskunststücken keinen einzigen Ton in sein Instrument bläst, zumindest für das Publikum nicht hörbar, weil sein Solopart vom Band kommt. Daß der gute Mann die aus den Lautsprechern kommenden Töne in einem Studio selbst eingespielt hat, mindert die Lächerlichkeit eines solchen Auftritts in keiner Weise. Man muß nämlich ganz klar zwischen Konzertaufführungen und Studioaufnahmen unterscheiden. Wer ab und zu einen Blick in die Feuilletonblätter unserer großen Zeitungen und Zeitschriften (DER SPIEGEL, DIE ZEIT, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, FAZ u. a.) wirft, wird schnell erkennen, daß die Kritik sich in diesen Fällen nach grundverschiedenen Wertkriterien richtet.
Man stelle sich vor, solche „Künstler“, die ohne jedwede Scheu in der Öffentlichkeit zum totalen Playback greifen, sind in der Ausübung ihres Berufes oder nebenberuflich auch noch Pädagogen, also Musikerzieher, die durch ihr persönliches Beispiel ihren Schülern diese verheerende, selbstverachtende Erfolgsphilosophie vermitteln. In diesem Stadium bekommt das Playbacksyndrom bereits katastrophale Auswirkungen auf die Kunsterziehung unserer Kinder.
Playback ist zu allen nur denkbaren Unterhaltungszwecken von der Mini-Playback-Show (sofern sie nichts mit dem Ehrgeiz geltungssüchtiger Eltern zu tun hat) bis zur Faschingsgaudi einsetzbar. Wer dieses Verfahren aber zum Vortäuschen von musikalischen Vorträgen mißbraucht, macht sich als Musiker unglaubwürdig.
Vielleicht gibt gerade die Jugend den Weg vor, den die Musiker (auch schon etablierte) in Zukunft beschreiten sollten, um in ihrer Erfolgsgeilheit ihre von Gott geschenkte Kunstseele vor dem Technikteufel zu retten. Der Musikszenekritiker Karl Leitner schrieb zur Veröffentlichung eines Live-Albums der Ingolstädter Rock‘n-Roll-Band Lazy Bones: „Klar ist wie so oft, daß keine Tonaufnahme eine Bühnenshow ersetzen kann. […] Die Band brachte sogar den Mut auf, nachträglich auf Korrekturen zu verzichten, kleine Unzulänglichkeiten bewußt nicht wegzuretuschieren. Womit man also einen unverfälschten Blick auf die Bühnenqualitäten der Band werfen kann.“ Bedenkt man, daß Suzanne Vega in Karlsruhe 25.000 Menschen nur mit ihrer phantastischen Stimme, ohne jegliche Musikbegleitung – ihre Band hatte die Bühne schon verlassen -, zu gänsehautfördernden A-cappella-Gesängen mitriß, dann steht plötzlich sogar die Müßigkeit des Themas Playback im Raum. Daß es manchmal aber doch einen Sinn hat, über unsinniges Verhalten nachzudenken, mag seine Begründung in einem Satz Stefan Heyms finden: „Ich glaube, daß nichts so bleibt, wie es ist, und daß wir über die Richtung, in die sich das Ganze bewegt, mitentscheiden.“ So ähnlich wird auch der Philosoph und Musiker Theodor W. Adorno gedacht haben, als er in einer „Stellung zur Ästhetik der Neuen Musik“ die auch zu unserem Emotionen schürenden Playback so passenden Feststellungen machte: „Selbst unter denen, welche die Neue Musik einmal führten, war mehr als einer nicht ganz dem eigenen Avantgardismus gewachsen, lebte geistig gewissermaßen über seine Verhältnisse. Die Naivität des Fachmusikers, der sein Metier besorgt, ohne an der Bewegung des objektiven Geistes recht teilzuhaben, ist dafür mitverantwortlich. […] Ihre musikalische Erfahrung ist nicht frei vom Moment der Ungleichzeitigkeit. Sobald sie (die Fachmusiker) einmal von dem Unerreichten der vergangenen Musik betroffen werden, kapitulieren insbesondere die, welche dem Neuen unbedenklich sich überließen, weil sie vom Alten zu wenig wußten.“ Harte, aber bestimmt nachdenkenswerte Worte.
Was für die überwiegende Mehrheit unserer aus dem Banat stammenden Musiker und besonders Musikpädagogen kennzeichnend bleibt, ist ihre Standhaftigkeit und ihre Treue zur Wiedergabe und Vermittlung der wahren, unverfälschten Musik. Nachdem ich mal in einer Konzertbesprechung das Wort „Musikepoche“ gebrauchte (DONAUKURIER, 3. Juli 1998), klärte mich prompt einer dieser von mir sehr geschätzten Banater Musiklehrer auf, daß der Terminus „Musikstil“ aus Definitionsgründen an der betreffenden Textstelle angebrachter wäre; hervorragende Stichworte, die mir zur Niederschrift meiner Hoffnung verhelfen, daß ein mieser Playbackstil sich nie und nimmer zum Markenzeichen einer ganzen Musikepoche entwickeln wird.
Den Totalplaybackvirtuosen aller Musikrichtungen sei zum Schluß noch folgender Rat des Jazz-Essayisten Joachim Ernst Berendt mit auf den Weg gegeben: „Wichtiger als das Reden und Schreiben über Jazz ist das Hören von Jazz (und wiederum wichtiger als dieses ist das Jazz-Spielen!)“
Anton Potche, Ingolstadt
aus BANATER POST, 20.August 1998
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