Dienstag, 25. August 2020

Im Zeichen der Traditionspflege

Kirchweihfest der Banater Schwaben in Ingolstadt
Der 13. September war einer der wenigen bewölkten Tage des ausklingenden Sommers 1997. Das hatte zur Folge, daß kurz nach Mittag jenes Samstags bei Hedwig Schüpfer in Ingolstadt das Telefon nicht mehr zur Ruhe kam. „Wird aah dorch die Stadt gang, wann‘s reent?“ …
Bei den Banater Schwaben in Ingolstadt war nämlich Kirchweih, und wer an solchen Tagen die Hauptlast der Organisation trägt, der muß auch wissen, wie man mit dem Wetter zurechtkommt. Hedwig Schüpfer hat die Nerven behalten und der Herrgott seinen Regen, so daß 26 Erwachsenen- und 17 Kinderpaare in banatschwäbischen Kirchweihtrachten und vier Paare in banatschwäbischen Sonntagstrachten zusammen mit den Trachtenträgern des Patenvereins Enzian um 16 Uhr in die bereits vollbesetzte Moritzkirche einziehen konnten.
Heimatpfarrer Peter Zillich, der zusammen mit Pfarrer Leo Pröll die Festmesse zelebrierte, sprach vom Durchhaltevermögen der Banater Schwaben in ihrem Streben nach neuer Heimatfindung und gleichzeitigem Bemühen, mitgebrachtes Sitten- und Trachtengut so lange wie möglich zu bewahren. Das „Durchhalten“ wurde den Banater Schwaben in Ingolstadt durch das Entgegenkommen der Stadtväter, großer Teile der Bevölkerung und vor allem durch die Patenschaft des Enzian-Vereins nicht allzu schwer gemacht. Das gemeinsame Pflegen der jeweils eigenen Traditionen hat auch viel mit dem Wissen um die eigene Vergangenheit zu tun. Pfarrer Zillich: „Wer seine eigene Vergangenheit vergißt, hat das Fundament für die Gegenwart verloren und kann nichts für die Zukunft aufbauen.“ Gerade die Kirche sei der richtige Ort, um ungestört zurückblicken zu können. In seinem mit Akkordeonbegleitung vorgetragenen Lied sprach er vielen Landsleuten, besonders der älteren Generation, aus dem Herzen: „Wenn die Kirchenglocken klingen, / Dann träume ich vom Heimatland.“

Kirchweihgesellschaft vor dem Stadttheater Ingolstadt
FotoQuelle: BANATER POST
Nach dem Gottesdienst zog der stattliche Kirchweihzug unter den Marschklängen der Jugendblaskapelle Zuchering (Leitung Nikolaus Kreidl / Blumenthal und Walter Rosner / Jahrmarkt) vors Rathaus, um die Ehrengäste abzuholen, und anschließend durch die Fußgängerzone ins Stadttheater. Angeführt wurden die Kirchweihpaare von Astrid Schmidt und Robert Schüpfer (1. Geldherrenpaar) sowie von Renate Schüpfer und Arnold Martin (2. Geldherrenpaar). 
Der traditionelle Kirchweihteil begann mit einem von dem fünfjährigen Roland Balint herzhaft vorgetragenen Begrüßungsspruch. Danach überreichten Verene Schmidt und Klaus Schicht mit freundlichen Worten in bewährter Manier den kleinen Kirchweihstrauß dem Enzian-Verein. Den ernsten, aber angenehmen Part der „Straußverlitzeteerung“ spielte in Solistenmanier Kirchweihvater Franz Mlynarzek. Arnold Geiß ersteigerte den schönen Strauß für Sieglinde Hartmann. Somit steht schon das 1. Geldherrenpaar für 1998 fest. Das Los entschied über weitere glückliche Gewinner: Tuch – Anni Wille, Hut – Heidi Szabo, Kirchweihflasche – Katharina Kohn. Damit war das mit zwei „Kerweihsprich“ von beiden Geldherren eingeleitete Kirchweihzeremoniell der „großen“ Kirchweihpaare auch schon beendet. 
Die Reihe der Festredner eröffnete OB Peter Schnell. „Die Banater Schwaben bereichern mit ihrer Kultur unsere Stadt. […] Nur wer seine eigene Kultur pflegt, kann andere Kulturen respektiere.“ Solche Worte machen Mut und kamen auch dementsprechend gut bei den zahlreichen Kirchweihgästen an. 
Hermann Regensburger (CSU), Mitglied des Bayerischen Landtags, Staatssekretär im Bayerischen Innenministerium und Stadtrat in Ingolstadt beglückwünschte die Banater Schwaben zu ihrem 10. Kirchweihfest mit der launigen Bemerkung: „Uns schwerfälligen Bayern tut‘s gut, daß mal frisches Blut nach Ingolstadt gekommen ist.“ 
Als Vorsitzender des Hilfswerks der Banater Schwaben bedankte Helmut Schneider sich bei den Ingolstädter Stadtratsfraktionen der CSU, SPD und Grünen für die bereits erfahrene Unterstützung bei der Verwirklichung des hier geplanten Seniorenzentrums. 
Der Vorsitzende des Landesverbandes Bayern der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Peter Krier, erinnerte daran, daß dieses Fest eigentlich an drei Jubiläen erinnern soll: jeweils 10 Jahre Patenschaft der Stadt Ingolstadt für die Banater Schwaben in Bayern, Stiftung und Weihe der Vereinsfahne der Banater Schwaben in Ingolstadt, verbunden mit der Patenschaft durch den Enzian-Verein und Feier des Kirchweihfestes. 
Johann Metzger, Vorsitzender der Vereinigung der Banater Schwaben in Ingolstadt, bedankte sich bei allen Mitwirkenden und besonders bei den vielen Namenlosen hinter den Kulissen, ohne die so ein Kirchweihfest nicht veranstaltet werden könnte. Damit war die Tanzfläche für alle Tanzlustigen freigegeben und Erwin Hansinger konnte mit seinen Romanticas den Ton angeben. 
Von der Anspannung der letzten Wochen befreit – viele mußten zum Mitmachen erst mal überzeugt werden, Hutputz mußte ausreichend her, Aufmärsche mußten geprobt werden, Kinderauftritte wurden einstudiert -, meinte Hedwig Schüpfer: „Manchmal ist es schon zum Verzweifeln. […] Aber dann geht‘s doch irgendwie weiter.“

Anton Potche

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