Der Vorstand des Münchner Kreisverbandes absolvierte einen zweckmäßigen Stadtbesuch in Neuburg an der Donau
Was kann man an einem verregneten Samstag, von denen uns
dieses Jahr einige beschert hat, unternehmen? Ein erfahrener Reisender wie Franz Andor, der Vorsitzende des
Kreisverbandes München unserer Landsmannschaft, weiß da Bescheid. Man
veranstaltet einen Stadtbesuch. Und wenn sich dann noch die Gelegenheit bietet,
eine Stadt zu besuchen, die einen den Banater Schwaben durch seine Abstammung
wohlgesinnten Bürgermeister hat, dann darf man sich sogar auf einen Empfang im
Rathaus freuen.
Genau so geschah es am – natürlich verregneten und saukalten
– Samstag, dem 14. September 1996. Franz
Andor machte sich per Bahn – Wochenendtarife muß man bei der DB einfach
nutzen – mit den Vorstandsmitgliedern des Münchner Kreisverbandes und deren
Gattinnen auf den Weg nach Neuburg a.d. Donau. Auch Hilde Seitz und Traudl
Mehringer vom Patenverein Waldfrieden Großhadern gehörten zu der
Reisegruppe.
Durch die breit angelegte, mit anmutigen Villen gesäumte
Bahnhofstraße gelangten die Münchner in die Altstadt und über einen imposanten
Treppenüberbau ins Rathaus, wo Oberbürgermeister Hans-Günter Huniar sie begrüßte. Wo sonst die Neuburger Ratsherren
(Stadträte) die Geschicke ihrer Stadt lenken, saßen nun die Banater Schwaben
aus München und lauschten den Erläuterungen des OB, der mit einem ansprechenden
Auftakt – „Mer sin doch Landsleit!“ – erst gar keine Befangenheit aufkommen
ließ.
Natürlich hat auch Hans-Günter
Huniar, wie wohl alle seine Amtskollegen in diesem Land, seine Sorgen. Und
die gelten in erster Reihe den arbeitslosen Menschen. Neuburg a.d. Donau hat
30.000 Einwohner und ist dank einiger Industrieniederlassungen und eines
tüchtigen Mittelstandes nicht überproportional von der Arbeitslosigkeit
betroffen. Die Nähe von Audi in Ingolstadt wirkt sich auch positiv auf den
Arbeitsmarkt aus. Trotzdem liegt jeder Arbeitsuchende dem OB besonders am Herzen,
weswegen ihm neue Investoren schon recht wären.
Neuberg a.d. Donau ist eine „Große Kreisstadt“, die Zuständigkeiten
im Fischerei- und Baurecht, dem Bereich Volks- und Realschulen und in anderen
Verwaltungsangelegenheiten wahrnimmt. Und der Oberbürgermeister? Ja, an diesem
Titel scheint der lebensfrohe und in so manchen politischen Schlachten (leider
auch wegen etlichen Abwehrgefechten gegen unfaire und schmutzige Angriffe von
unpolitischen Interessenverfechtern geprägt) erprobte Hans-Günter Huniar seine Freude zu haben, denn er nennt ihn ein Relikt
aus der Zeit, als Neuburg a.d. Donau noch eine „Kreisfreie Stadt“ war. Bei der
letzten Gebietsreform 1972 hat Neuburg seine „Freiheit“ zugunsten des
oberbayerischen Landkreises Neuburg-Schrobenhausen eingebüßt. Der OB-Titel ist
aber geblieben, obwohl er eigentlich nur von Stadtoberhäuptern kreisfreier
Städte getragen wird. Ein besonderer OB ist Hans-Günter Huniar also allemal. Daß er stets auch bestrebt ist,
Besonderes für die Lebensqualität seiner Stadt zu tun, zeigen nicht zu guter
Letzt die ca. 300 Neubürger, die sich jährlich hier niederlassen.
Hans-Günter Huniar
nannte seine Stadt einen Geheimtipp für städtebauliche Beschaulichkeit. Wer mit
offenen Augen durch die historische Oberstadt – früher hieß es: „Wer was ist
und wer was hat, wohnt in der Oberstadt.“ – und die von architektonischer
Modernität aufgewertete „Untere Stadt“ geht, wird sehr viele angenehme
Eindrücke aus dieser Donaustadt, in der jährlich eine aus Ulm kommende Ulmer
Schachtel auf ihrer Reise nach Wien, Budapest oder bis zum Schwarzen Meer
anlegt, mit nach Hause nehmen.
Die Münchner spürten, daß sie einen Mann vor sich hatten,
der sein Amt nicht nur mit Sachverstand, sondern vor allem mit viel Herz
ausfüllt. Als er ihnen dann noch erzählte, dass er sich am nächsten Tag auf den
Weg ins Banat machen würde, um endlich die Orte der Herkunft seiner Eltern
(Vater aus Marienfeld, Mutter aus Albrechtsflor) kennenzulernen, waren sie sich
sicher, daß ihr bis dahin nicht ausgesprochenes Vorhaben richtig war.
Weil Franz Andor es schon
immer verstand, das Schöne mit dem Nützlichen zu verknüpfen, lud er den
Oberbürgermeister der Stadt Neuburg a.d. Donau, Hans-Günter Huniar, als Schirmherr und Festredner zum „Großen
Schwabenball, der am 11. Januar 1997 im Münchner Pschorrkeller über die Bühne
geht, ein. Bekräftigt wurde diese Einladung mit einem Päckchen Banater
Bratwurst – vielleicht hat der OB diese gleich als Stärkung mit auf seine
Banatreise genommen – und einem Bierglas, gestiftet vom Patenverein Waldfrieden.
„Banater Brotworscht und bayerisches Bier han schun immer zammgepasst.“
Über die Geschichte seiner Stadt hat Hans-Günter Huniar seinen Gästen nichts erzählt; das hat er einer
charmanten und sehr gut informierten Stadtführerin überlassen. Margot von Heßling hat sich der Gruppe
aus München angenommen und den wißbegierigen Banater Schwaben die Historie
Neuburgs a.d. Donau, der Stadt der Renaissance und des Barock, in lebhaften,
von Prinzen und Prinzessinnen, Grafen und Gräfinnen, mit all ihren Stärken und
– oft zum Schmunzeln anregenden – Schwächen beherrschten Bildern näher
gebracht. Spätestens als die Banater Schwaben im imposanten Schloßhof erfuhren,
daß die umliegenden Gemächer wahrscheinlich vorübergehend auch von Elisabeth Amalie von Hessen-Darmstadt,
der zweiten Frau des Pfalzgrafen und Kurfürsten Philipp Wilhelm (1615 bis 1690), bewohnt wurden, spürten sie den
Atem der Geschichte, der im 18. Jahrhundert auch die Geburt ihres Volksstammes
ermöglicht hat. Die Gräfin schenkte nämlich 17 Kindern das Leben. Der als
Schwiegervater Europas bekannte Vater hat diesen reichen Segen voll zugunsten
seiner politischen Ziele wirken lassen. So wurde einer der Töchter, Eleonora von Pfalz-Neuburg, durch ihre
Ehe mit Kaiser Leopold I. zur
Großmutter Maria Theresias.
Nach einem kräftigen Mittagessen in einer gutbürgerlichen
Wirtschaft ließen die Münchner ihren Ausflug nach Neuburg a.d. Donau mit einem
Besuch des über die Donaustadt hinaus bekannten Töpfermarktes ausklingen.
Anton Potche
aus BANATER POST, München, 20.
Oktober 1996
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