Zum Artikel Beim Weg
zur Ost-West-Einigung verliert der PEN Federn und Ansehen vom 27./28. Juli
1996:
Jetzt wird es aber langsam Zeit, dass einige Damen und
Herren Schriftsteller in Deutschland sich auf das Wesentliche ihrer
Spartenzugehörigkeit, nämlich das Schreiben von literarischen Werken, besinnen.
Das trifft besonders auf jene zu, die sich durch ihre öffentlichkeitswirksamen
Wortmeldungen und Rücktrittserklärungen aus dem West-PEN in den Kulturseiten
der Zeitungen wohl gerne mal wiederfinden.
Wie schwer es war, in Ländern, in denen die Zensur fröhliche
Urstände feierte, überhaupt zu veröffentlichen, müsste doch mittlerweile
bekannt sein. Literaten wollen nun mal ihre Werke gedruckt sehen. Daß sie dabei
auch ab und zu einem bestimmt nicht von allen Ost-PEN-Mitgliedern geliebten
Staatssystem kleinere oder größere Zugeständnisse machten und sogar einer
Stasimitarbeit verfielen, muß im Bereich der menschlichen Schwächen gesucht
werden. Darum kann man doch nicht eine totale Verweigerung der
Ost-West-Vereinigung des PEN proklamieren, die einer pauschalen und daher
bestimmt einigen – selbst wenn es nur wenige wären – Ost-PEN-Mitgliedern
ungerecht widerfahrenen Verurteilung gleichkommt.
Haben Herta Müller
und Richard Wagner vergessen, dass
sie für ihr literarisches Schaffen den Preis des Zentralkomitees (ZK) des
Verbandes der Kommunistischen Jugend (VKJ) in Rumänien – Wagner 1973, Müller
1983 – entgegengenommen haben? Eine Ablehnung dieses Preises wäre doch eine
heroische Tat gewesen. Damals freuten sie sich aber über ihre Erfolge, denn im
Rachen des Ungeheuers verhält man sich anscheinend sehr menschlich. Daran
sollten Herta Müller und Richard Wagner besonders jetzt denken,
wenn sie in einem demokratischen Land Literaturpolitik betreiben, anstatt
Literatur zu schreiben.
Anton Potche
aus DONAUKURIER, Ingolstadt, 2.
August 1996
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