Wer die nach 1989 in der deutschen Presselandschaft
reichlich erschienenen Artikel und Kommentare über Rumänien – bedingt durch den
Sturz Ceaușescus und die folgende
Aussiedlerwelle - gelesen hat, mußte immer wieder über die meist geographischen
Verwechslungen staunen. Da lag schon mal Kronstadt (Brașov) in Westrumänien
oder war Temeswar (Timișoara) sogar die Hauptstadt Siebenbürgens.
Der Teufel steckt halt immer im Detail und verleitet dann
auch schnell zum Kochen eines rumäniendeutschen Minderheitenbreis. Der Autor
des DONAUKURIER-Artikels hat sich da sprachlich clever aus der Affäre gezogen
und durch seine Formulierung verständlich gemacht, dass die Oberwischauer keine
Gruppe der Sathmarer Schwaben sind, wie das fälschlicherweise oft angenommen
wird.
Nach dem Zerfall der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn
(1918) entstand Großrumänien durch die Einverleibung des Banats, Siebenbürgens,
des Buchenlandes (Bukowina) und Bessarabiens (heute Teil Moldawiens und der
Ukraine) in das von einem Regenten aus dem Hause Hohenzollern-Sigmaringen
regierte Königreich Rumänien. In diesem Großrumänien – 1940 gingen Bessarabien
und die Nordbukowina wieder an die Sowjetunion – lebten sage und schreibe neun
deutsche Volksgruppen, die sich durch ihre völlig unterschiedlichen
Siedlungszeiträume und die jeweils vorgefundenen andersartigen landschaftlichen
und sozialpolitischen Umfelder ethnisch und sprachlich unabhängig und
grundverschieden voneinander entwickelt haben. Ein Banater Schwabe kann einen
Dialekt sprechenden Siebenbürger Sachsen nur mit Mühe verstehen und umgekehrt.
Während die Bessarabien-, Buchenland- und
Dobrudschadeutschen gänzlich aus ihren Siedlungsgebieten verschwunden sind
(Umsiedlung ins Deutsche Reich, 1940, ca. 130.000 Menschen), leben in den
heutigen Staatsgrenzen Rumäniens noch kleine Zellen der Banater Schwaben,
Berglanddeutschen (auch Deutschböhmen genannt), Landler, Oberwischauer (die
sich zur Volksgruppe der Zipser bekennen), Sathmarer Schwaben und Siebenbürger
Sachsen.
Anton Potche
aus DONAUKURIER, Ingolstadt, 4. Juni 1996
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