Elke Loris und Siegfried Jung aus
Jahrmarkt überzeugten mit Können
"Die Wettbewerbe Jugend musiziert sind
längst zu einem festen Bestandteil des Musiklebens in Deutschland geworden.
Umfragen belegen, daß Musikhören die beliebteste Freizeitbeschäftigung junger
Menschen ist. Jeder Dritte im schulpflichtigen Alter - so haben Erhebungen des
Deutschen Musikrats ergeben - musiziert selbst. Wichtig sind insbesondere die
Anschlußförderungen für die Preisträger. Angesichts der vielfältigen Wirkungen
des Musizierens sollten solche Anschlußförderungen schon bei den
Regionalwettbewerben eingerichtet werden. Gerade hier werden künftig noch
verstärkt Anreize und Anstrengungen benötigt, um die Basis der Wettbewerbe zu
sichern." Diese Feststellungen Claudia Noltes, der Bundesministerin für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend, im Programmheft des 32. Bundeswettbewerbs
1995 Jugend musiziert unterstreichen den hohen Stellenwert, den die
musikalische Bildung unserer Jugend für die Politik hat. Die große
Teilnehmerzahl bei den Wettbewerbsstufen (regional, Landesebene, Bundesebene -
letztere mit heuer 1150 Teilnehmern) steht für die Akzeptanz, die die natürliche
Musik (ohne Elektronik) bei der Jugend findet.
Daß Klassikliebhaber im zarten Jugendalter aber
auch Eurodance, Rave, Crossover, Rap usw. mögen, ist verständlich. Für Blasmusik
scheinen sich allerdings nur wenige der im Rahmen des Forschungsprojektes
Wirkungsanalyse Jugend musiziert befragten Jungmusiker/innen zu
interessieren. Die Gründe für dieses schlechte Ansehen der Blasmusik bei jungen,
meist angehenden Berufsmusikern sind bestimmt auch im Zeitgeist und ewigen
Generationskonflikt zu suchen. Der heurige Bundeswettbewerb Jugend musiziert
konnte allerdings wesentlich dazu beitragen, die Vorurteile, die man in
"Klassikerkreisen" den "klassischen Blasmusikinstrumenten" entgegenbringt,
abzubauen. Bariton-, Tenorhorn- und Flügelhornisten bot dieser Wettbewerb ebenso
die Chance, ihr Können unter Beweis zu stellen, wie dies die in symphonischen
Orchestern längst etablierten Trompetisten und Posaunisten schon seit
Jahrhunderten tun.
Die Tuba scheint es im Chor der Blechbläser
besonders schwer zu haben. Wegen ihres mächtigen Tonumfangs ist sie selbst in
großen Symphonieorchestern stets nur als Einzelgänger anzutreffen. Auch in
Blaskapellen bleibt sie zahlenmäßig immer hinter den anderen Instrumenten. Als
Soloinstrument kommt die Tuba äußerst selten zur Geltung. Umso erfreulicher ist
es, daß heuer gleich 13 Tubisten aus drei Altersgruppen den Bundeswettbewerb (1.
bis 8. Juni in Erlangen, Fürth und Nürnberg ) erreichten. Unter ihnen war auch
der aus Jahrmarkt stammende Siegfried Jung.
Elke Loris & Siegfried Jung |
Er spielte zusammen
mit Elke Loris am Klavier - die ihre ersten Kindheitsjahre auch in
Jahrmarkt erlebte - ein sehr anspruchsvolles Programm. Schon die Auswahl der
Stücke macht es den Tubisten und ihren Lehrern nicht einfach. Da bietet das
Mozart-Œvre einiges, aber ein Tubawerk gehört nicht dazu. Es ist schon
bemerkenswert, was sich die Lehrer für ihre Schüler alles einfallen lassen und
was die einschlägige Literatur so alles an Transkriptionen bietet. Mathias
Loris, bei dem Sigi Jung seine ersten musikalischen Gehversuche
machte, und Oswald Windrich, sein jetziger Tubalehrer (beide aus
Jahrmarkt kommend), wählten für ihre Schützlinge einen für Tuba und Klavier
bearbeiteten Satz aus Wolfgang Amadeus Mozarts (1756 - 1791) Konzert
in Es-dur für Horn und Orchester. Da durfte man natürlich gespannt sein, wie
ein 16-jähriger Tubist die sehr viel Feingefühl beanspruchende Horn-Stimme der
Romanze bläst und wie die 17-jährige Pianistin den Orchestersatz dieses
Larghetto-Mittelteils des unter Nr. 3 KV 447 geführten Horn-Konzertts
bewältigen wird. Die Horn-Konzerte Mozarts sind ja für ihre Melodik bekannt,
auch wenn man den Eindruck gewinnt, daß sie sich trotz ihrer stilistischen
Unterschiede (im Konzert in Es-Ddur KV 447 werden im Orchester schon
Klarinetten und Fagotten eingesetzt - Entstehungszeit um 1788, also lange vor
dem Entstehen der ersten Ventilhörner) alle ähneln. Eben in der leicht
ansprechenden Melodie, die der Zuhörer unbewußt speichert und noch nach langer
Zeit nachsummen kann, liegt die Gefahr für die Interpreten. Instrumentalisten,
und Bläser besonders, können schnell Opfer ihrer eigenen Spielbegeisterung
werden, was besonders in elegischen Stellen in unschöne Vibratos ausarten kann.
Siegfried Jung und Elke Loris hatten ihre Gefühle voll im Griff.
Mozarts Verspieltheit kam voll zur Geltung. Das Duo Jung & Loris
spielte partiturgetreu ohne gefühlsmäßige Überbetonung.
Das Zuhören steigerte
sich zu einem wahren Musikgenuß. Auch Frank Bencriscuttos (*1928)
Concertino und die Toccata von Girolamo Frescobaldi (1583 -
1643) kamen gut an. Die Preisrichter verliehen Elke Loris und
Siegfried Jung je einen zweiten Preis für ihre insgesamt sehr ausgewogene
Darbietung der drei Werke aus drei verschiedenen Stilepochen: Renaissance,
Klassik und Musik des 20. Jahrhunderts. Wie wertvoll die Preise von Jugend
musiziert wirklich sind, kann eine Gesamtbewertung des Jury-Vorsitzenden
Reinhart von Gutzeit wohl am deutlichsten zur Geltung bringen: "Insgesamt
waren die Leistungen der jungen Musiker durch ein großes Maß an Ernsthaftigkeit,
Unverkrampftheit und ein hohes Qualitätsniveau gekennzeichnet."
Wenn man bedenkt, daß
die Blasmusik sowohl für Siegfried Jung als auch für Elke Loris
(Piccolo-Flöte) eine wichtige Stufe auf dem Weg zur konzertanten Musik waren -
beide pflegen auch die Blasmusik im Kirchenmusikverein Osthofen -, so kann man
trotz des Imageverlustes der Blasmusik bei jungen, werdenden Musikakademikern
mit Fug und Recht behaupten, daß diese auf jeden Fall der klassischen Musik
näher steht als die modeabhängige E-Musik . Auch der 32. Bundeswettbewerb Jugend
musiziert hat dies bewiesen.
Mark Jahr
aus
DER DONAUSCHWABE, Aalen,
15. Oktober 1995
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