Ein bemerkenswertes Konzert in Würzburg
Die rege Vereinstätigkeit findet
auch in unzähligen Blasmusikkonzerten, die jahrein, jahraus in deutschen Landen
veranstaltet werden, ihren Niederschlag. Sehr erfreulich. Das gilt nicht nur für
die Initiative an sich, sondern auch für die oft lobenswerte Qualität der
Darbietungen. Nur beim Repertoire, da versteht man oft die Welt nicht mehr.
Märsche von Sousa, Gershwin-Melodien, südamerikanische Rhythmen, spanische
Tänze, irgendwelche Beatles- und ABBA-Medleys sowie vieles andere mehr vom
Globusrund sind schön; aber so schön, daß ihnen zuliebe Werke deutscher
Komponisten viel zu wenig berücksichtigt werden, auch wiederum nicht. Und
trotzdem hält dieser unerfreuliche Trend an.
Umso erfreulicher ist es, wenn
Banater Musiker eigene, originelle Akzente setzen. Daß die Schwerpunkte eines
Blasmusikkonzertes auch anders gelagert werden können und mit welchen Mitteln
man eine adäquate, publikumsbezogene und allgemeinbildende Programmgestaltung
erreicht, zeigten bei den 8. Kultur- und Heimattagen der Banater Schwaben
in Würzburg am 8. Juli 36 aus dem rumänischen Teil des Banats stammende
Musiker/innen in einem Konzert mit vielen künstlerischen Höhepunkten. Das von
Mathias Loris dirigierte Blasorchester bot der Zuhörerschaft einen
aufschlußreichen Streifzug durch die banater Blasmusikliteratur.
Der Eingangsmarsch Fanfare
militaire von Josef Ascher (1829 -1869) kann als Hommage an die
Militärmusik verstanden werden. Diese hatte sich nach der Jahrhundertwende
positiv auf das Gedeihen der banater Dorfkapellen ausgewirkt.
Klassische Werke mit dominanten
Bläsersätzen eignen sich besonders für Blasorchester. Allerdings sollte dieses
dann auch auf einem hohen interpretativen Niveau stehen. Das Blasorchester der
banater Musiker war ein solch homogener Klangkörper, obwohl es nur eine
dreistündige Probe absolviert hatte. Das Orchester klang im lyrischen Teil der
Ouvertüre zum Operetteneinakter Leichte Kavallerie von Franz von Suppé
(1819 - 1895) einem mit Streichern bestückten symphonischen Orchester sehr
ähnlich. Mitreißen konnte dann das bekannte Schlußthema in Marschform. Hier
hätte eine stärkere (rein zahlenmäßig) Flügelhorn- und Trompetenbesetzung
bestimmt gutgetan.
Ein Einstieg in die authentische
banater Blasmusikliteratur schaffte das Orchester bravourös mit Richard Bartzers
(*1926) Konzertmarsch Zum Königstein. Mathias Loris, der für die
Programmgestaltung zeichnete, dirigierte dann seine eigene Blasorchesterfassung
des rumänischen Liedes Lino, Leano von Nicolae Ursu (1905 - 1969).
Die eigenartige Harmonie dieses Werkes klang trotz einer nicht abzustreitenden
Fremdheit dank der Blasorchesterbearbeitung irgendwie vertraut. Man wurde
spontan an die großen "fanfare populare", wie sie im Ardeal und in der Moldau
anzutreffen sind, erinnert. So und nicht anders vermittelt man Kultur über
Grenzen hinweg. Als Bereicherung und nicht als Dominanz muß man Kulturgut
anderer Landstriche präsentieren. Wie gut aber auch das deutsche Melodiegefühl
in der banater Blasmusik zum Tragen kam, konnte man anschließend dem
Konzertwalzer Du mein Banaterland von Nikolaus Maser (1920 - 1984)
entnehmen. Daß Loris hier seine Erfahrung in die Partitur einbrachte,
ohne allerdings die Themen des Werkes zu mißbrauchen, hat das Stück sicherlich
aufgewertet. Der Leistungsnachweis des Komponisten wurde dadurch in keiner Weise
geschmälert.
Deutsche Blasmusik erklingt nur
noch selten in den banater Dörfern. Aber die "bleckmusic" wird von den Rumänen
weiter gepflegt, wenn auch nicht mit der ethnologischen Bedeutung, die die
Banater Schwaben ihrer Blasmusik beimaßen. Hier in Deutschland lebt die
Blasmusik des Banaterlandes aber vor allem dank einiger Komponisten der
mittleren Generation weiter. Franz Watz (*1949), Günther Friedmann
(*1952) und Mathias Loris (*1951) sind nur drei Beispiele für die
künstlerisch äußerst kreative Musikergeneration, die in den vergangenen zwei
Jahrzehnten aus dem Banat in die Bundesrepublik kam. Walzer und Polkas, aber
auch ein Konzertstück (La Donna divina von Franz Watz) kamen von
diesen Tondichtern zur Aufführung. Der böhmische Einfluß ist in ihren Werken
nicht zu verkennen. Loris steht mit seinem Marsch Die Jahrmarkter
Musikanten in der Tradition der K.u.k.-Militärmärsche.
Die Gesamtdarbietung dieses
Konzertes war von der natürlichen Musikalität des Orchesters geprägt. Diese
entsprang dem ungezwungenen Verhältnis, das die Musikerinnen und Musiker mit
banater Vergangenheit, heute Musiklehrer, Bläser in Polizei- und
Symphonieorchester oder Laien mit Musikausbildung und reger Musiktätigkeit, zur
Blasmusik haben. Der Versuch, von Gagen verwöhnte Musiker zu einem
altruistischen Engagement aus purer "Liebe zur Blasmusik" zu gewinnen, ist
gelungen. Warum auch nicht? Chöre bereichern unser Leben schon seit
Menschengedenken mit selbstloser Hingabe für die Kunst der Stimmeneintracht. Die
banater Musiker haben einen neuen Weg in der Perzeption ihres
Musikverständnisses beschritten. Wenn die organisatorischen Mängel dieses
Konzertes, die die professionelle Einstellung der meisten Protagonisten zwar
nicht beeinträchtigten, darum aber trotzdem nicht minimalisiert werden sollten,
abgestellt werden können, dürfte es nicht bei dieser herrlich summenden
Eintagsfliege bleiben.
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