Banater Thematik im "Musikthema" der
Deutschen Welle
Schon hatte ich die "Deutsche Welle"
vergessen. Wie ungerecht. Waren es nicht ihre im Vier-Stunden-Turnus
ausgestrahlten Sendungen, die unsere von Stacheldraht und Maschinengewehren
"gesicherte" Isolation unwirksam machten? Die meisten Banater Schwaben betraten
als informierte Bürger deutschen Boden. Sie verdanken ihren in der "Epoche des
Lichts" nicht eingebüßten Weitblick in großem Maße den Sendungen der "Deutschen
Welle."
Wer von uns Banater Schwaben sucht hier in
Deutschland noch nach einem Kurzwellensender auf der Skala seines Radios? Wohl
die Wenigsten. Und doch sollten wir es tun, zumindest dann, wenn eine Zeitung
wie z. B. die BANATER POST oder auch eine Programmzeitschrift uns einen guten
Tipp gibt. Brachte die "Deutsche Welle" die Nachrichten der freien Welt bis 1989
unzensiert hinter den Eisernen Vorhang, so berichtet sie nämlich jetzt der
freien Welt über die kulturellen Hinterlassenschaften der ausgesiedelten Banater
Schwaben. So geschehen auch am 27. Januar 1994: Franz Metz, Chorleiter
und Organist, dem besten Kenner der Banater Orgel- und Kirchenmusikgeschichte,
wurde für eine halbe Stunde das Mikrophon überlassen.
Orgel der katholischen
Pfarrkirche
zu Jahrmarkt
Foto: Siegfried
Schreier
|
Was bei kulturinteressierten Zuhörern von
Australien bis Zypern einen Aha-Effekt ausgelöst haben könnte, hat in uns
wehmütigen Erinnerungen wiedermal freie Bahn geschaffen. Verstaubte Archive. War
es den Bauern, Taglöhnern, Handwerkern und ihren Frauen, als sie an Sonn- und
Feiertagen in den katholischen und evangelischen Kirchen in den Chören die
Messen mitgestalteten, je bewußt, daß sie einen wertvollen Kulturakt vollziehen?
Alte Orgeln. Ihre Klänge erzählen vom Werden und Sterben einer deutschen
Volksgemeinschaft.
Franz Metz hat die Botschaft von der
"Endzeit eines Volksstammes" (Buchtitel von Franz Marschang) in seiner
angestammter Heimat nicht nur in Worten der Welt kundgetan, er spielte auch
Improvisationen und Werke von Bach und Grünberger auf den Orgeln
von Maria Radna, Guttenbrunn und Temeswar. War da nicht der Widerhall
menschenleerer Kirchenschiffe mitzuhören? Die beste Tontechnik kann die Realität
nicht tarnen.
Foto: http://www.kulturraum-banat.de |
Franz Metz
(Foto) arbeitet im Auftrag des
Bundesinnenministeriums im Banat. Das Ziel seines Auftrages ist - laut
"Deutscher Welle" - die "Erhaltung der zahlreichen Musikarchive", aber auch die
"Restaurierung wertvoller Orgeln" und die "Dokumentation des kulturellen Lebens
im Banat". Da die Zeit für ein Fazit seiner Tätigkeit im Banat wohl noch nicht
reif ist, nahm Franz Metz am Ende der Sendung Stellung zu einem
Grundsatzproblem, das uns, wenn auch nur indirekt, alle betrifft: "Das
wichtigste ist, die rumänische einheimische Bevölkerung einzuweisen in unser
kulturelles Erbe, damit man daraus auch etwas lernen kann."
Diese Worte sprechen Bände. Verlassen heißt
nicht, aufgeben, resignieren, in nostalgischen Betrachtungen unumkehrbarer
Ereignisse verharren. Franz Metz zeigt den Weg: Man kann, man soll, man
muß, wenn die Umstände es ermöglichen, Heimat in Würde verlassen. Die Geschichte
hat den Banater Schwaben diese Möglichkeit nachträglich eingeräumt. Durch die
bewußte Übergabe eines kulturellen Erbes an eine "gutgesinnte"
Gemeinschaft eines anderen Kulturkreises, können geistige Werte einer
vertriebenen Volksgruppe die Erblasser lange überleben. Bodenloser Idealismus?
Wenn Franz Metz und die Träger des zur Zeit laufenden Projekts die "gute
Gesinnung" im Banat erkannt haben, kann ihr Unterfangen Erfolg haben. Ein
geistiges Denkmal dieser Art wird unseren Ahnen allemal gerecht.
Anton Potche
aus BANATER POST, München,
5. März 1994
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