Gaby Gerstenmajer ist Torschützenkönig der laufenden
Saison
Dinamo Bukarest gehörte schon immer zu den Spitzenteams des rumänischen Fußballs
der Nachkriegszeit. Auch nach dem Abgang vieler Stars in den Westen und nach
einer tiefen Krise im rumänischen Fußball bleibt diese Mannschaft oben. Wer
schießt jetzt für sie die Tore? "Selbstverständlich Gerstenmajer" heißt
es in der rumänischen Zeitschrift FOTBAL. Dinamo hat den Torschützenkönig der
Saison 91/92 in ihrem Sturm. Die Dinamo-Sturmspitze hat es auf 21 Tore gebracht.
Allerdings ist Gaby Gerstenmajer kein spektakulärer Fußballimport aus
einem deutschsprachigen Land. Die Transferlinie in diesem Geschäft verläuft auch
weiterhin durch eine Einbahnstraße von Osten nach Westen.
Gaby Gerstenmajer ist der Sohn einer deutschen (zumindest zum
Teil) Familie aus Sathmar/Satu Mare. Der Vater war selbst Fußballer bei
Unio Satu Mare und zeichnete dem 1967 geborenen Gaby den Weg zum
Leistungssport vor. Nach der Herkunft seines Namens befragt, erzählte
der erfolgreiche Dinamo-Stürmer dem Sportredakteur Ioan Chirilă
eine nicht gerade erfreuliche Geschichte, deren Quelle wohl im Kampf um
die Bewahrung der ethnischen Identität der Deutschen in Rumänien - der
bei den Sathmarschwaben ja von besonderer Tragik gekennzeichnet war -
und in den daraus entstandenen Generationskonflikten zu suchen ist.
"Meine Großeltern sind Deutsche. Ich habe sie nicht gekannt. Sie sind
schon lange nach Deutschland ausgewandert. Jahrelang haben wir auf einen
Brief gehofft. Aber der ließ auf sich warten. Viel später haben wir dann
einen bekommen, aber aus Amerika. Vater hat zwar mehr als einen Brief
erwartet - er hatte vier Kinder -, aber es kam nichts mehr. Ich weiß
überhaupt nicht wo sie sind."
Während der Exodus
der Deutschen aus Rumänien sich seinem Ende zuneigt, bekennt sich ein
aufstrebender Fußballstar dieses Landes unverblümt zu seiner deutschen
Vergangenheit. Ob er der deutschen Sprache überhaupt mächtig ist, wird nicht
berichtet. Ob mit ihr oder ohne sie, es ist ihm auf jeden Fall gelungen, die
Präsenz von deutschen Namen im rumänischen Fußball wie Tänzer, Ritter,
Wetzer, Steiner, Bürger, Schwarz, Vogl,
Steinbach, Marksteiner, Leretter, Klein, Duckadam,
Weissenbacher u. v. a. erfolgreich zu ergänzen und so eine 70-jährige
Tradition aufrechtzuerhalten.
Mark Jahr
aus DER
DONAUSCHWABE,
Aalen,
13. September 1992
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