Dienstag, 26. November 2013

Ein ungewöhnliches Geburtstagsgeschenk

Der Ingolstädter Kaufmann i. R. Hans Maltry bekam zu seinem 70. Geburtstag Franz von Suppés Ouvertüre "Dichter und Bauer" geschenkt. Ein gewiß nicht alltägliches Geschenk, handelte es sich doch um eine Live-Darbietung des Audi-Werkorchesters unter der Stabführung seines Sohnes Bernd Maltry, Dozent am Richard-Strauss-Konservatorium in München.
Der Vater war "Balwerer" in Jahrmarkt, und als Zwölfjähriger durfte Sohn Hans beim "Insafe" der Kunden behilflich sein. So wuchs er in seinen zukünftigen Beruf hinein.
Die Zeiten waren aber stürmisch. Hans Maltry wurde 1943 zum rumänischen Militär einberufen, wechselte dann zur deutschen Armee über und überlebte Kriegshandlungen in Schlesien und Finnland. Der amerikanischen Kriegsgefangenschaft folgte ein mehrmonatiger Aufenthalt in einem Flüchtlingslager. Hier begann der heimatlos gewordene Hans Maltry die Suche nach seinen Brüdern. Mathias war dem Heimweh erlegen und hatte sich illegal ins ferne Banat durchgeschlagen, während Michael sich in Ingolstadt niedergelassen hatte. Dorthin begab sich auch Hans Maltry, wo er gleich im Friseurgewerbe tätig wurde. Doch bereits im Jahre 1949 ließ er Figaro Figaro sein und eröffnete mit  seinem Bruder, einem gelernten Kaufmann, das Textileinzelhandelsgeschäft  Gebrüder Maltry.
Hans Maltry 
Als die Zeit der Rückwanderung für die Banater Schwaben angebrochen war, wurde landsmannschaftliches Engagement immer notwendiger. Im November 1973 gehörte Hans Maltry zu den Gründern des Kreisverbandes Ingolstadt der Landsmannschaft der Banater Schwaben. Er übernahm im ersten Vorstand die Aufgaben des Kassiers.
Blickt Hans Maltry heute auf 70 Lebensjahre zurück, dann schwebt über seinem Resümee "erfolgreich" auch immer ein Hauch Nostalgie. Man braucht nur die Wohnzimmerwände des Jubilars zu betrachten, und man wird seine Leidenschaft erahnen. Da hängen, der Vergänglichkeit und dem Vergessen entrissen, ein Tenorhorn mit der Gravur "A. Braun - Erstes u. größtes Musikinstrument-Haus im Banat", ein Flügelhorn der gleichen Marke, ein altes Klappentrombon, eine B-Klarinette und nicht zuletzt die Trompete des Jahrmarkter Kapellmeisters Georg Kern und  die Geige des Gründers der Jahrmarkter Loris-Dynasite, Peter Loris. Nichts erklärt die Ergriffenheit des Jubilars beim  Erklingen der Ouvertüre "Dichter und Bauer" besser, als die Existenz dieser liebevoll konservierten Instrumente. Der Wunsch, Musiker zu werden, ging für Hans Maltry nie in Erfüllung. "Musikante sin Vagabunde", pflegte sein Großvater zu sagen; und das im blasmusikbesessenen Jahrmarkt.
Anton Potche

aus BANATER POST
München, 5. März 1992

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