Dienstag, 22. November 2016

Erfolgreich bei "Jugend musiziert"

Elke Loris und Siegfried Jung aus Jahrmarkt überzeugten mit Können
"Die Wettbewerbe Jugend musiziert sind längst zu einem festen Bestandteil des Musiklebens in Deutschland geworden. Umfragen belegen, daß Musikhören die beliebteste Freizeitbeschäftigung junger Menschen ist. Jeder Dritte im schulpflichtigen Alter - so haben Erhebungen des Deutschen Musikrats ergeben - musiziert selbst. Wichtig sind insbesondere die Anschlußförderungen für die Preisträger. Angesichts der vielfältigen Wirkungen des Musizierens sollten solche Anschlußförderungen schon bei den Regionalwettbewerben eingerichtet werden. Gerade hier werden künftig noch verstärkt Anreize und Anstrengungen benötigt, um die Basis der Wettbewerbe zu sichern." Diese Feststellungen Claudia Noltes, der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, im Programmheft des 32. Bundeswettbewerbs 1995 Jugend musiziert unterstreichen den hohen Stellenwert, den die musikalische Bildung unserer Jugend für die Politik hat. Die große Teilnehmerzahl bei den Wettbewerbsstufen (regional, Landesebene, Bundesebene - letztere mit heuer 1150 Teilnehmern) steht für die Akzeptanz, die die natürliche Musik (ohne Elektronik) bei der Jugend findet.
Daß Klassikliebhaber im zarten Jugendalter aber auch Eurodance, Rave, Crossover, Rap usw. mögen, ist verständlich. Für Blasmusik scheinen sich allerdings nur wenige der im Rahmen des Forschungsprojektes Wirkungsanalyse Jugend musiziert befragten Jungmusiker/innen zu interessieren. Die Gründe für dieses schlechte Ansehen der Blasmusik bei jungen, meist angehenden Berufsmusikern sind bestimmt auch im Zeitgeist und ewigen Generationskonflikt zu suchen. Der heurige Bundeswettbewerb Jugend musiziert konnte allerdings wesentlich dazu beitragen, die Vorurteile, die man in "Klassikerkreisen" den "klassischen Blasmusikinstrumenten" entgegenbringt, abzubauen. Bariton-, Tenorhorn- und Flügelhornisten bot dieser Wettbewerb ebenso die Chance, ihr Können unter Beweis zu stellen, wie dies die in symphonischen Orchestern längst etablierten Trompetisten und Posaunisten schon seit Jahrhunderten tun.
Die Tuba scheint es im Chor der Blechbläser besonders schwer zu haben. Wegen ihres mächtigen Tonumfangs ist sie selbst in großen Symphonieorchestern stets nur als Einzelgänger anzutreffen. Auch in Blaskapellen bleibt sie zahlenmäßig immer hinter den anderen Instrumenten. Als Soloinstrument kommt die Tuba äußerst selten zur Geltung. Umso erfreulicher ist es, daß heuer gleich 13 Tubisten aus drei Altersgruppen den Bundeswettbewerb (1. bis 8. Juni in Erlangen, Fürth und Nürnberg ) erreichten. Unter ihnen war auch der aus Jahrmarkt stammende Siegfried Jung.
Elke Loris & Siegfried Jung
Er spielte zusammen mit Elke Loris am Klavier - die ihre ersten Kindheitsjahre auch in Jahrmarkt erlebte - ein sehr anspruchsvolles Programm. Schon die Auswahl der Stücke macht es den Tubisten und ihren Lehrern nicht einfach. Da bietet das Mozart-Œvre einiges, aber ein Tubawerk gehört nicht dazu. Es ist schon bemerkenswert, was sich die Lehrer für ihre Schüler alles einfallen lassen und was die einschlägige Literatur so alles an Transkriptionen bietet. Mathias Loris, bei dem Sigi Jung seine ersten musikalischen Gehversuche machte, und Oswald Windrich, sein jetziger Tubalehrer (beide aus Jahrmarkt kommend), wählten für ihre Schützlinge einen für Tuba und Klavier bearbeiteten Satz aus Wolfgang Amadeus Mozarts (1756 - 1791) Konzert in Es-dur für Horn und Orchester. Da durfte man natürlich gespannt sein, wie ein 16-jähriger Tubist die sehr viel Feingefühl beanspruchende Horn-Stimme der Romanze bläst und wie die 17-jährige Pianistin den Orchestersatz dieses Larghetto-Mittelteils des unter Nr. 3 KV 447 geführten Horn-Konzertts bewältigen wird. Die Horn-Konzerte Mozarts sind ja für ihre Melodik bekannt, auch wenn man den Eindruck gewinnt, daß sie sich trotz ihrer stilistischen Unterschiede (im Konzert in Es-Ddur KV 447 werden im Orchester schon Klarinetten und Fagotten eingesetzt - Entstehungszeit um 1788, also lange vor dem Entstehen der ersten Ventilhörner) alle ähneln. Eben in der leicht ansprechenden Melodie, die der Zuhörer unbewußt speichert und noch nach langer Zeit nachsummen kann, liegt die Gefahr für die Interpreten. Instrumentalisten, und Bläser besonders, können schnell Opfer ihrer eigenen Spielbegeisterung werden, was besonders in elegischen Stellen in unschöne Vibratos ausarten kann. Siegfried Jung und Elke Loris hatten ihre Gefühle voll im Griff. Mozarts Verspieltheit kam voll zur Geltung. Das Duo Jung & Loris spielte partiturgetreu ohne gefühlsmäßige Überbetonung.
Das Zuhören steigerte sich zu einem wahren Musikgenuß. Auch Frank Bencriscuttos (*1928) Concertino und die Toccata von Girolamo Frescobaldi (1583 - 1643) kamen gut an. Die Preisrichter verliehen Elke Loris und Siegfried Jung je einen zweiten Preis für ihre insgesamt sehr ausgewogene Darbietung der drei Werke aus drei verschiedenen Stilepochen: Renaissance, Klassik und Musik des 20. Jahrhunderts. Wie wertvoll die Preise von Jugend musiziert wirklich sind, kann eine Gesamtbewertung des Jury-Vorsitzenden Reinhart von Gutzeit wohl am deutlichsten zur Geltung bringen: "Insgesamt waren die Leistungen der jungen Musiker durch ein großes Maß an Ernsthaftigkeit, Unverkrampftheit und ein hohes Qualitätsniveau gekennzeichnet."
Wenn man bedenkt, daß die Blasmusik sowohl für Siegfried Jung als auch für Elke Loris (Piccolo-Flöte) eine wichtige Stufe auf dem Weg zur konzertanten Musik waren - beide pflegen auch die Blasmusik im Kirchenmusikverein Osthofen -, so kann man trotz des Imageverlustes der Blasmusik bei jungen, werdenden Musikakademikern mit Fug und Recht behaupten, daß diese auf jeden Fall der klassischen Musik näher steht als die modeabhängige E-Musik . Auch der 32. Bundeswettbewerb Jugend musiziert hat dies bewiesen. 
Mark Jahr

aus DER DONAUSCHWABE, Aalen, 15. Oktober 1995

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