Dienstag, 9. August 2016

Wenn die Tuba und das Klavier ...

In Jahrmarkt geborene Jugendliche erfolgreich bei "Jugend musiziert"
Mit welchen Erwartungen geht man eigentlich zu einer Tuba-Klavier-Darbietung? Ich gestehe, keine besondere Vorfreude auf einen musikalischen Genuß empfunden zu haben. Da überwogen doch deutlich Vorurteile, scheint das größte und weitläufig nur als Rhythmusbestimmer eingesetzte Blechblasinstrument doch völlig ungeeignet als Soloinstrument. Ein Ausflug in die Blasmusikgefilde sei ihm in einem Solopart dann doch mal gestattet. Aber in Begleitung eines Klaviers, der Königin der Instrumente schlechthin, die doch eher selbst brilliert, als da einem schwerfälligen Bombardon die Einsamkeit zu vertreiben, das erweckte in mir nicht mehr als Neugierde.
Meine Skepsis purzelte dann regelrecht, und das bereits nach den ersten Tönen. Da entwickelte sich in Frank Bencriscuttos (*1928) Concertino ein melodiereicher Dialog zwischen der Tuba und dem Klavier. In einem ergreifenden Andante religioso zeigte sich, wie einfühlsam eine Tuba klingen kann und wie zurückhaltend ein Klavier ein vergeistigtes Tuba-Thema zu einem metaphysisch angehauchten Höhepunkt - eigentlich als mitfühlende Partnerin - begleiten muß. Natürlich verschwand diese melancholische Stimmung alsbald und ging in ein beschwingtes Allegro über. Hier zeigte sich dann, was ein "Guter" aus der oft als träge verschmähten Tuba herausnehmen kann. Da folgte einem bemerkenswert lange anhaltenden, in Crescendo-Decrescendo-Modifikation bravourös gespielten Triller eine fulminante Triolenpassage, die nach einer kurzen Beruhigung in ein heroisches Finale mündete, das im Subcontra Es seine Krönung fand. Man spürte, daß dieses Stück der Tuba auf den Leib geschnitten ist. Ein Blick in die Partitur bestätigt dann auch diesen Einruck. Frank Bencriscutto ließ sich sechs Jahre Zeit (1963 bis 1969), um dieses einem ihm nahestehenden Tubisten gewidmete Werk zu vollenden. Um diesen Eindruck allerdings erwecken zu können, mußten der Solist und seine Begleiterin - welch ungerecht sprachliche Zuordnung - eine von jedweden sentimentalen (im Pianissimo) oder überexaltierten (im Fortissimo) Gefühlsduseleien entschlackte Spielweise finden, die dem Zuhörer mehr als Melodie und Gegenmelodie vermittelte. 
Quelle: BANATER POST, München
Trotz ihrer Jugend haben die beiden Gestalter dieses musikalischen Erlebnisses, Elke Loris (Klavier) und Siegfried Jung (Tuba), diese Spielweise gefunden. Daß sie diesen sehr lockeren, ja fast noch kindlich verspielten Stil auch unter Wettbewerbsdruck beim 32. Bundeswettbewerb "Jugend musiziert" beibehalten konnten, zeugt von der soliden musikalischen Ausbildung und pädagogischen Betreuung, die den zwei "Kids" zuteil wurde.

Siegfried Jung, Jahrgang 1979, wurde in Jahrmarkt geboren. Seine Kindheit durfte er schon in Osthofen verbringen. Als Achtjähriger versuchte er sich, wie viele seiner Altersgenossen, am Keyboard. Der Jahrmarkter / Osthofener Musiklehrer Mathias Loris brachte ihm die Grundkenntnisse der Tonkunst bei. Dem Beispiel seines Lehrers, aber auch dem seines Vaters, der auch einmal Trompete blies, folgend, griff der junge Jung zur Trompete. Nach drei Jahren Trompetenunterricht hatte er davon die Nase voll, langte nach der gewichtigen Tuba und hatte anscheinend sein Lieblingsinstrument gefunden. Der als Blasmusikfachmann bekannte Mathias Loris lenkte den begeisterten Jungen in die Richtung des professionellen Musizierens. Dazu gehört auch der Privatunterricht beim ebenfalls aus Jahrmarkt stammenden Musiklehrer und Tubisten Oswald Windrich. Siegfried Jungs Weg ins Junge Blechbläserensemble Mannheim und ins Sinfonische Jugendblasorchester Mannheim führte über den Kirchenmusikverein Osthofen und das Landesjugendorchester Rheinland-Pfalz. Der Schüler des Moll-Musikgymnasiums Mannheim ist auch bereits Mitglied im Deutschen Tubaforum e.V. Trotz dieser vielen Betätigungsfelder fruchtete auch die auf eine Solistenlaufbahn hinzielende Zusammenarbeit mit Elke Loris, der Tochter seines ersten Musiklehrers.
Elke Loris, Schülerin des Wormser Eleonoren-Gymnasiums , erlebte ihre ersten Kinderjahre in Jahrmarkt. Mit neun Jahren wurde sie vom Vater zum ersten Mal mit Begriffen wie Noten auf den Linien, Noten zwischen den Linien, Violinschlüssel, Baßschlüssel usw. vertraut gemacht. In der Musikschule Worms (Lehrerin: Frau Spitzreich) lernte sie dann die Herausforderungen und Reize des Klaviers kennen. Gewissermaßen in der Tradition ihrer Familie stehend, pflegt sie auch die Blasmusik. Im Kirchenmusikverein Osthofen, den ihr Vater seit zehn Jahren leitet, spielt sie Pikkoloflöte. Und weil Ungereimtheiten zur Faszination der Jugend gehören, sei eine solche auch aus dem musikalischen Werdegang der 17jährigen Elke Loris erwähnt: Sie hat sich nämlich noch nicht endgültig für die Musik als Berufsziel festgelegt.
Die sechs Juroren im Großen Saal der Stadthalle Fürth waren am 5. Juni von der künstlerischen Darbietung des jungen Duos überzeugt. Die beiden spielten auch eine Toccata von Girolamo Frescobaldi (1583 bis 1643) und die Romanze aus Wolfgang Amadeus Mozarts (1756 bis 1791) Konzert in Es-Dur für Horn und Orchester K.V. 447. Für dieses sehr anspruchsvolle Programm wurden in einer für jedes Instrument einzeln vorgenommenen Bewertung sowohl Elke Loris als auch Siegfried Jung mit je einem hervorragenden zweiten Preis ausgezeichnet. Der Weg für weitere Erfolge ist somit beschritten. 
Anton Potche
aus BANATER POST, München, 10. Juli 1995

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