Von einer schwäbischen Begegnung in Neuburg an der Donau
Der Hangar war zu einer Festhalle umfunktioniert. Weißblaue
Tischdecken bedeckten die im Halboval vor der geräumigen Bühne angeordneten
Tische. Die Silhouette Neuburgs an der Donau gab im regenbogenfarbigen
Scheinwerferlicht ein imposantes Bühnenbild ab. Langsam belebten sich die
Tischreihen: vorne die Generäle und Offiziere a.D. und die Mitglieder des
Kommandostabes mit ihren Damen sowie die Ehrengäste; im Hintergrund – aber nur
räumlich – die vielen ehemaligen und jetzigen Aktiven des Jagdgeschwaders. Das
11. Mölders-Treffen konnte beginnen.
Ich saß im Orchester ohne große Erwartungen. Was folgen wird, ist immer
das Gleiche: Begrüßungen und Ansprachen, hoffentlich nicht allzu lange. Der Kommodore
stieg in die zum Rednerpult umgebaute Cockpitklappe. Er begrüßte und begrüßte
und … ich hatte plötzlich einen Halt, an dem ich mich geistig emporziehen
konnte. Das schleichende Dösen war wie weggeblasen. Ich beobachtete – eher
instinktiv, vorerst ohne konkreten Hintergedanken – den Mann, den der
Geschwaderführer eben herzlich willkommen geheißen hatte, den Oberbürgermeister
der Stadt Neuburg a. d. Donau, Hans-Günter
Huniar.Hans-Günter Huniar
Foto: haju (NEUBURGER RUNDSCHAU)
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Der Mann im mittleren Alter, mit hoher Stirn und Brille
unterhielt sich mit seinen Tischnachbarn. Schon bald sah ich ihn an einem
anderen Platz. Dann verschwand er irgendwo zwischen den Tischreihen, tauchte
wieder auf, schüttelte Hände, lachte, redete, hörte zu. Mein Gott, schoß es mir
durch den Kopf, der wird doch nicht mit jedem einzelnen in dieser jetzt
übervollen Halle ein Gespräch führen wollen. Meine anfangs teilnahmslosen
Beobachtungen schlugen in Neugierde um, wusste ich doch, dass die Eltern des
Neuburger Oberbürgermeisters Banater Schwaben sind. Wie wäre es, sich mit
diesem Menschen mal zu unterhalten? Aber wie spricht man einen OB an, ohne ein
zwingendes Problem zu haben? Hier schien das noch schwieriger als im Rathaus zu
sein, denn hier war dieser Mann anscheinend viel mehr ein gewöhnlicher Bürger –
oder wollte es sein – und nicht vordergründig OB. Er war ständig von Freunden
und Bekannten oder auch von Interessenjägern umgeben.
Das Fest nahm seinen Lauf und die Uhrzeiger nahmen keine
Rücksicht auf mein Zögern. Dann, es war schon nach 22 Uhr; der OB stand in
einem Männerkreis an der Bar. Ich näherte mich unentschlossen, noch immer nach einem
Ansprechgrund suchend. Der OB lachte, die Runde strahlte Heiterkeit aus. Dann
sah er mich an. Reiner Zufall. Ich nutzte die Gelegenheit.
„Grüß Gott, Herr Oberbürgermeister. Mein Name ist Potche,
ein Banater Schwabe aus Ingolstadt.“
„Ach ja, Grüß Gott, Huniar.“
Ein Händedruck, dann eine kurze Wende zu der geselligen
Gruppe, um sich zu entschuldigen, und schon durfte ich staunen.
„Aber toll, do e Schwob zu treffe. Na des werr ich glei
meiner Frau verzehle. Waaßt, ich sin jo do gebor, awwer ich kann schwowisch vun
meine Eltre. Mei Vatter is aus Mariafeld un mei Mutter aus Albrechtsflor.“
Und das vernahm ich im reinsten „Schwowisch“, so als ob
dieser Mann den größten Teil seines Lebens im Banat – dem Landstrich im fernen
Südosteuropa, dem er sich verbunden fühlt, ohne ihn je betreten zu haben –
verbracht hätte.
„An Phingste fahr ich mit meim Cousin ins Banat“, erzählte
er mir begeistert, ohne es allerdings wahr werden zu lassen, wie ich später
erfuhr.
Die Pflicht, sie rief. Sie lässt einen engagierten Politiker
wie Hans-Günter Huniar eben nicht
nach dessen Lust und Laune reisen. Seit 1984 ist der gewesene Richter am
Amtsgericht Neuburg Oberbürgermeister dieser Stadt mit ihren faszinierenden
Renaissance-Giebeln. Und er regiert hier ohne Parteihausmacht. Die Neuburger
Bürger scheinen ihr Vertrauen allerdings nicht ohne stichfeste Begründungen
einem „Unabhängigen“ zu geben.
Wenn eine Zeitung in einer Zeit, in der Politiker- und
Beamtenschelten Hochkonjunktur haben, mit den Schlagzeilen „Note eins für freundliche
Behörde“ einen ausführlichen Bericht überschreibt, dann kann sie damit sogar Verdrossene
aufrütteln. Wer wiederum den freundlichen Hans-Günter
Huniar – der hot halt vun seim Vatter, unsrem schwowische Rentenfachmann Hans Huniar, e gutes Gemiet – kennt,
wird sich nicht unbedingt gewundert haben, als er den Artikel zu lesen begann:
„Das Personal der Neuburger Stadtverwaltung ist stets freundlich und fachlich
versiert. Darauf zumindest lässt das Ergebnis einer Publikumsbefragung
schließen.“ (DONAUKURIER, Nr. 178, Freitag, 4. August 1995)
„So wie de Herr es Gscherr.“ In Neuburg an der Donau sind
beide eine sehr angenehme Erscheinung: „de Herr“, ein parteiunabhängiger Politiker
von Format, mit Charme und Kampfgeist, der das Persönliche stets hinter die
Interessen seiner Bürger stellt; „es Gscherr“, eine architektonisch bezaubernde
Stadt an der Donau, mit heimatverbundenen und zu Fremden stets aufgeschlossenen
Bürgern.
Hans-Günter Huniar
will weiter für die Neuburger Bürger im Amt bleiben. Er muss heuer gegen fünf
Mitbewerber seinen OB-Sessel – den er bei seinem Temperament in den
zurückliegenden zwölf Amtsjahren bestimmt nicht überstrapaziert hat –
verteidigen. So will es unsere Demokratie. Und es ist gut so, denn Politik, wie
wir sie im Banat erleben mussten, würde dem Bayer mit banatschwäbischen Wurzeln
bestimmt nicht zum Guten gereichen.
Wenn unsere in Neuburg a. d. Donau wahlberechtigten Banater
Schwaben ihr Kreuzchen hinter den Namen Hans-Günter
Huniar setzen, dann werden sie bestimmt vielen ihrer Mitbürger und auch der
in Neuburg aktiven Bürgergruppe DU (Die Unabhängigen / Freien Wähler Neuburg)
aus dem Herzen sprechen. Letztere führt ihren Wahlkampf nämlich mit dem Aufruf
„Weiter mit OB Huniar“.
Hans-Günter Huniar
führt auch die Stadtratsliste und die Kreistagsliste (Landkreis
Neuburg-Schrobenhausen) der DU an. Auf den Stimmzetteln für diese Gremien kann
man seinem bevorzugten Kandidaten bis zu drei Stimmen geben. Somit können nicht
nur unsere Landsleute aus Neuburg a. d. Donau Hans-Günter Huniar wählen, sondern auch jene aus dem Landkreis
Neuburg-Schrobenhausen.
Leider kann ich Hans-Günter
Huniar nicht auf einem der Stimmzettel begegnen. Auch diese Begegnung hätte
mir bestimmt Freude bereitet. Die Banater Schwaben aus Neuburg und Umgebung
haben diese Gelegenheit. Ich beneide sie dafür.
Anton Potche
aus BANATER
POST, München, 20. Februar 1996
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