Dienstag, 17. März 2015

Musik knüpft Erinnerungsbande

Finsternis. Unheimlich traurig klingen die tiefen Töne. Allmählich gesellen sich aber optimistischere Tenorhorn-, Trompeten- und Klarinettentöne zu dem metaphysischen Tief-Dunkel der Bässe. Auch die Bühnenbeleuchtung erwacht zum Leben und gewährt den Blicken die Chance, den Ursprung dieser ungewöhnlichen Blasmusikklänge visuell zu erkennen. In diesen ersten Takten von Richard Strauss' "Also sprach Zarathustra" liegt nicht nur eine nietzschenhafte Tragik, sondern auch eine Ernsthaftigkeit, die deutlich machen soll, daß Blasmusik sehr anspruchsvoll werden kann, wenn ihre konzertanten Möglichkeiten erkannt und ausgeschöpft werden.
Musikdirektor Adolf Daeschler ist einer jener begabten Musiker, die es verstehen, eine Blaskapelle in ein Blasorchester umzuwandeln. Er stellte dies am 24. April 1994 im Dinkelsbühler Schrannensaal klar unter Beweis. Das traditionelle Frühlingskonzert der Stadtkapelle Dinkelsbühl - heuer auch das 25-jährige Jubiläumskonzert, sowohl für die Kapelle als auch für ihren Dirigenten - steigerte sich während seines Verlaufs zu einem wahren Leckerbissen für Blasmusikliebhaber. Das Verdienst des Dirigenten ist besonders hoch einzuschätzen, gelang es ihm doch in einem musikalisch besonders anspruchsvollen ersten Konzertteil, den Nachteil der zahlenmäßigen Diskrepanz zwischen Holz- und Blechbläsern (Verhältnis 5:18) durch eine bemerkenswerte Dynamik wettzumachen.
Im Zweiten Konzertteil kam die leichtere Muse zu ihrem Recht und spätestens in der "Schlager Revue 1969" von Ernst Tuschla war klar erkennbar, daß diese Musiker in den verschiedensten kleineren Besetzungen auch Tanzmusik spielen oder einst spielten. Die Routine, mit der sie hier zu Werke gingen, barg schon etwas Professionelles in sich. Auch der Dirigent hatte die Zügel etwas gelockert, so daß ab und zu ein gekonnter Ad-libitum-Soloeinsatz durchaus zum Ohrenschmaus wurde.
Auch in dieser Kapelle musizieren, wie in vielen deutschen Blaskapellen, Musikanten, die ihre musikalische Grundausbildung in banater und siebenbürger Dörfern und Städten erhalten haben. Von den fünf Klarinettisten der Stadtkapelle Dinkelsbühl kommen zwei aus Siebenbürgen (Mathias und Bernhard Huber - Vater und Sohn; Foto: 4. u. 5. v.r.) und zwei aus dem Banat. Die Brüder Franz und Peter Tasch (Foto: 3. u. 2. v.r) erlernten das Klarinette- und Saxaphonspiel in Jahrmarkt. Unter den Kapellmeistern Hans Kaszner sen. und jun. spielten sie Blas- und Tanzmusik.  Franz war auch als Sänger in der Tanzkapelle aktiv. Beide spielen auch in der Werkskapelle AMP (Filiale eines amerikanischen Industriekonzerns in Wört), mit der sie bereits eine erfolgreiche Spanientournee absolviert haben, und in der Blaskapelle Jillenschwang.
Die Jahrmarkter-Dinkelsbühler Brüder Franz und Peter Tasch knüpfen durch die Musik Bande zu neuen Freunden, aber ab und zu auch Erinnerungsbande an die alte Heimat, wenn mal ein Stück im Repertoire auftaucht, von dem es dann heißt: "Des hun mer schun in Johrmark gspillt."
Anton Potche   

aus BANATER POST, München, 11. Juli 1994

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