Dienstag, 3. Februar 2015

Heimattage in den Medien

"Wir sind jetzt wieder ein Volk", rief die Präsidentin des Deutschen Bundestages Rita Süssmuth am Pfingstsonntag den im Berliner Reichstagsgebäude versammelten Delegierten der 10. Bundesversammlung zu, die angetreten waren, einen neuen Bundespräsidenten zu wählen. Obwohl diese Wahl die Medienberichte der Pfingstfeiertage beherrschte, hatte man doch den Eindruck, daß die Vertriebenen und Aussiedler auch zu dem endlich geeinten Volk der Deutschen gehören. Trotz des dominierenden innenpolitischen Ereignisses, haben einige Radio- und Fernsehanstalten es nicht versäumt, über die traditionellen Pfingsttreffen der Sudetendeutschen (Nürnberg), Siebenbürger Sachsen (Dinkelsbühl), Bukowinadeutschen (Augsburg) und der Banater Schwaben (Ulm) zu berichten. 
Da diese Veranstaltungen alle im Süden Deutschlands abgehalten werden, wo auch die meisten Mitglieder der betreffenden Landsmannschaften leben, ist es selbstverständlich, daß die bayerischen und süddeutschen Rundfunk- und Fernsehanstalten aus München und Stuttgart die detailliertesten Berichte sowohl in Nachrichten- als auch in Informations- und Musiksendungen brachten. Radiosendungen wie "Auf da bähmischen Grenz", Musikkultur zwischen Bayern und Böhmen (BR 1); "Wos anne richt'ge Schläsierin is", Volksmusiksendung (BR 2); "Ausflug oder Rückkehr? Eine Reise in die toten Egerlanddörfer" (BR 2) - alle am Pfingstsonntag - und "Deutsche Geschichte im Osten Europas" (BR 2) sowie "Pfingsttreffen der Heimatvertriebenen. Brücken von der alten zur neuen Heimat" (BR 2), vom Pfingstmontag, lassen den hohen Stellenwert erkennen, den die Vertriebenen und Spätaussiedler bei den Programmgestaltern des Bayerischen Rundfunks einnehmen.
Besonders in der letzten der aufgezählten Sendungen wurde ausführlich über die Heimattage berichtet. Mit Worten, die versuchten, Einblick in das Seelenleben einer Gemeinschaft zu gewähren, leitete der Sprecher der Sendung zur Reportage über das Treffen der Banater Schwaben über: "Zum Schluß ein Blick nach Ulm zum Heimattag der Banater Schwaben, die häufig als die Stillen im Lande gelten, aber doch dem eher melancholischen Wort anhängen: 'Und geh'n wir noch soweit, verschweigen und verleugnen kann uns keine Zeit.' Nikolai Dutsch hat sich auf dem Heimattag der Banater Schwaben seine Gedanken gemacht." Der Reporter vermittelte durch seine Tonaufnahmen heimatliche Atmosphäre. Weder Blasmusik noch Kurzinterviews mit spontanen Antworten in (uns) vertrautem Dialekt durften da fehlen. Dann kamen die Festredner zu Wort: Ivo Gönner (Oberbürgermeister von Ulm), Bernd Schmidbauer (Staatsminister im Bundeskanzleramt), Prof. Karl Singer (Vorsitzender des Demokratischen Forums der Banater Deutschen) und Jakob Laub (Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben).
Der Berichterstatter hatte als Schwerpunkt seines Sendebeitrages die Problematik "Bleiben oder gehen" der noch im Banat ausharrenden deutschen Menschen gewählt. Eine Antwort konnte keiner der Redner in der Donauhalle geben. Diese Entscheidung muß jeder für sich allein treffen. Während es zur Zeit des Kommunismus relativ einfach war, den Entschluss zum Gehen zu fassen, scheint die Entscheidung heute so manchem, auch angesichts des materiellen und ideellen Engagements der Bundesregierung, einiger deutscher Landesregierungen, vieler deutscher Hilfsorganisationen, zahlreicher Privatpersonen und nicht zuletzt des Hilfswerks der Banater Schwaben, Probleme zu bereiten.
Nikolai Dutsch, der Reporter des Bayerischen Rundfunks, hat anscheinend die Gewissensprobleme der "Noch-Banater" Deutschen erkannt. Er schloß seine Reportage mit der Erkenntnis: "Kaum vorstellbar, daß es einmal eine Zeit gab, da Agenten von Ceauşescus Gnaden von Angehörigen aussiedlungswilliger Banater, in Deutschland Kopfgelder erpreßten. Die Dinge ändern sich eben, auch bei den Banater Schwaben."
Wie schwer es sein kann, zu gehen, zurückzukehren um zu sterben oder um wieder zu gehen, zeigte auch der Fernsehfilm "Fremde liebe Fremde"; BRD 1991; Regie: Jürgen Bretzinger, den das Bayerische Fernsehen am 26. Mai 1994 ausgestrahlt hat. Der Film schildert das Schicksal einer Aussiedlerfamilie aus dem Banat .
Um diese kurze, natürlich bei weitem nicht vollständige Revue der Sendungen, die den Vertriebenen und Aussiedlern an und nach den Pfingsttagen gewidmet waren, mit einer uneingeschränkt positiven Nachricht abzuschließen, sei noch die Meldung des Ulmer Radiosenders S4-Baden-Württemberg vom 25. Mai 1994, 16.30 Uhr, vermerkt. Noch in diesem Herbst soll ein Stiftungsvertrag zur Einrichtung des Donauschwabenmuseums in Ulm zwischen der Stadt Ulm, dem Land Baden-Württemberg und dem Bund abgeschlossen werden. Immerhin geht es dabei nicht nur um ein kulturelles Anliegen aller Deutschen, die Südosteuropa einmal ihre Heimat nannten, oder auch heute noch nennen, sondern auch um stattliche 20 Millionen Mark. Das stete kulturelle Wirken der Landsmannschaften in der deutschen Öffentlichkeit scheint einer neuen Frucht zur Reife zu verhelfen. Ihr Gedeihen legt eine beredtes Zeugnis von unserer steigenden Akzeptanz in der bundesdeutschen Gesellschaft ab. Anträge à la SPD-Bundestagsfraktion (siehe BP, Nr. 9, 5. Mai 1994) scheinen Ausnahmen zu bleiben, die diese Regel bestätigen.                                           
                                                                                                       Anton Potche
aus BANATER POST, München, 20. Juni 1994

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