Dienstag, 18. März 2014

Meister auf Mähdrescher und Flügelhorn

MICHAEL RÜCKERT seit 27 Jahren Traktorfahrer

"Wenn wir hier zehn solcher Männer hätten...", sagt uns nachdenklich Dipl.-Ing. Nicu Ion, während wir an einem sonnigen Maimorgen übers Stoppelfeld in der Nähe Jahrmarkts stapfen. Am Horizont ein Mähdrescher. Vor uns ein unendliches, goldgelbes Rapsfeld.
Der Mann kletterte vom Fahrersitz: Michael Rückert, Jahrmarkter, seit 27 Jahren in der hiesigen SML tätig. Der Mittvierziger hat hier 1950 als Traktorist angefangen. "... und bin bis heute geblieben." Sein Leben ist mit seinem Arbeitsplatz und seiner Heimatgemeinde eng verbunden. "Den Traktor habe ich immer gemocht, insbesondere wenn ich mit ihm allein die Felder ackerte und seine Kraft spürte." Heute sitzt Michael Rückert am Steuer eines Mähdreschers. Eine Bauernwirtschaft ohne Maschinen kann er sich kaum noch vorstellen. Auf seine Kombine E 280 ist er stolz wie früher ein Bauer auf sein Paradepferd. "Das Ding kommt aus der DDR und funktioniert wie eine Uhr. Was aber nicht bedeutet, dass ich nicht mal den Schlüssel ansetzen muss. Hauptsache ist, ich weiß wo. Wer sein Fahrzeug nicht kennt, sollte auch nicht fahren dürfen." Und lächelnd fügt er hinzu: "Mein Mähdrescher muss so in Ordnung sein wie mein Flügelhorn."
Und damit ist das Stichwort für Michael Rückert gefallen: das Flügelhorn. Seit 30 Jahren stellt er seinen Mann in der bekannten Jahrmarkter Loris-Kapelle. Das Flügelhorn gehört zur Familiengeschichte. Schon der Urgroßvater und der Onkel hatten zeit ihres Lebens nur eine Leidenschaft: das Flügelhorn. Dem jungen Michael ging es nicht anders. Von den zahlreichen Erfolgen der Loris-Kapelle weiß er besonders den ersten Preis zu schätzen, den man dieser in Bukarest 1972 im Rahmen des Landesfestivals "Cîntarea României" zusprach. "Die kürzlich abgeschlossene Siebenbürgentournee war für uns alle ein besonderes Erlebnis. Eine schöne Erinnerung. Am besten hatte es mir in Neppendorf gefallen. Die Leute dort haben eine Kapelle, die sich sehen und hören lassen kann. Viele Neppendörfer sind jetzt unsere Freunde. Sie könnten doch auch mal zu uns kommen. Das wäre herrlich. Musikanten müssten sich von Zeit zu Zeit treffen."
Musik hat zwar den Vorrang in der Freizeit Rückerts, aber: "Zurzeit helfe ich meinem Vater am Haus, denn Sie wissen ja, der Schwabe, fühlt sich nicht wohl, wenn er nicht ein bißchen an seinem Haus herumbastelt..."
Rückerts Frau ist im Haushalt beschäftigt. Beide Söhne sind schon erwachsen. Martin (24) ist als Matrizenschlosser in Jahrmarkt tätig. Josef besucht die neunte Klasse des Temeswarer Industrielyzeums Nr. 8. "Der Josef möchte am liebsten den ganzen Tag auf dem Mähdrescher sitzen."
Michael Rückert gehört in der SML Jahrmarkt zu den Besten. Bereits 1956 bekam er den Titel eines Bestarbeiters zugesprochen. Ja, wenn es doch mehr dieser Männer hier gäbe...
Balthasar Waitz

(Die Fotos stammen aus dem Film "Gruß aus Jahrmarkt")

aus NEUE BANATER ZEITUNG, Temeswar, 12. Mai 1979

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