Montag, 17. Juni 2013

Ostdeutsche Gedenktage 1991

Wertvolle Erinnerungen an den deutschen Osten
Die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen bringt seit 1982 die "Ostdeutschen Gedenktage" heraus. Im Vorwort zu der Ausgabe 1991 heißt es: "Die Ostdeutschen Gedenktage 1991 vereinen in ihrem ersten Teil 63 Lebensbilder von Persönlichkeiten, die durch Herkunft oder Wirken dem deutschsprachigen Osten verbunden gewesen sind. Die Lebensbilder sind wissenschaftlich fundiert, richten sich aber an das breite Publikum... Die Beiträge sind ganz unterschiedlich konzipiert, mal in der freien Form des Essays, mal strenger lexikographisch, wie es dem jeweiligen Bearbeiter angemessen erschien."
Das klingt vielversprechend und der geschichtsbewußte Leser blättert erst mal hastig, nach dem ihm vertrauten Kulturkreis suchend. Dabei eröffnet sich ihm ein schier unendlicher Horizont an ostdeutscher Siedlungs-, Kultur- und Literaturgeschichte. Biographien von Rittern, einem Kaiser, Generälen und Marschällen, Politikern, Wissenschaftlern, Schriftstellern und Dichtern, Historikern, Architekten, Malern und Musikern gewähren Einblick in geschichtliche und kulturelle Ereignisse aus sechs Jahrhunderten. Dem suchenden Banater Schwaben werden einige Namen vertraut sein, und wenn er es nicht als zu schwärmerisch empfindet, das in der Geschichte immer relevante "Was wäre, wenn..." in seine Gedanken einfließen zu lassen, wird er mit Faszination bei der einen oder anderen Persönlichkeit verweilen; so zum Beispiel bei den Männern, die mit ihrem strategischen Denken und Lenken die Schlacht bei Königgrätz (1866) wesentlich beeinflußt haben. Was wäre, wenn die Österreicher als Sieger das Schlachtfeld verlassen hätten? Wir Banater Schwaben wären damals wohl nicht endgültig von unserem Mutterland durch einen der vielen Friedensversträge, die in jenen von Bruderkämpfen überschatteten Zeiten abgeschlossen wurden - durch den Ausschluß Österreichs aus dem Deutschen Bunde - getrennt worden. Was wäre, wenn...?
Der Beitrag von Dr. Horst Fassel vom Institut für Donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen zum 100. Geburtstag des in Karansebesch geborenen Kulturhistorikers und Schriftstellers Rene Fülöp-Miller vermittelt auch ein wenig multinationale Kulturatmosphäre aus dem Südosten Europas während der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts. Rene Fülöp-Miller schrieb seine Werke in deutscher, ungarischer, rumänischer und englischer Sprache.
Hans Damas Beitrag über den in Stuhlweißenburg (Ungarn) geborenen Architekten Nikolaus Ybl, Monika Radeckis biographische Aufzeichnungen über den Kronstädter Schriftsteller, Publizisten, Herausgeber und Mäzen Erik-Ernst Schwabach (Pseudonym: Ernst Sylvester) sowie der von Ernst Wagner verfaßte Lebenslauf des 1911 in Kronstadt geborenen und zur Zeit in München lebenden Buchhändlers und Verlegers Hans Meschendörfer spannen den Informationsbogen vom Pannonischen Raum bis jenseits der Karpaten. "850 Jahre seit der Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen" hat Michael Kroner seinen Aufsatz betitelt. Zwei weitere Arbeiten von Konrad Gündisch befassen sich mit dem "Leopoldinischen Diplom für Siebenbürgen" und mit der St--Ladislaus-Probstei in Herrmannstadt.
So kann man am Ende feststellen, daß südosteuropäische Persönlichkeiten und Ereignisse ihre verdiente Würdigung in der Reihe der "Ostdeutschen Gedenktage 1991" erfahren haben. Daß man in dem Buch Namen wie Claudius Florimund Graf Mercy (325. Geburtstag), Franz Josef I. (75. Geburtstag), stellvertretend für weitere erwähnenswertre Persönlichkeiten, vermißt, wird eher an dem Mangel an Mitarbeitern als an den Redakteuren dieser Ausgabe, Matthias Pape und Silke Spieler, liegen.
Ostdeutsche Gedenktage 1991 ist unter der Nummer ISBN 3-88557-083-1 auch über den Buchhandel bestellbar.
Anton Potche
aus BANATER POST, München, 5. September 1991

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