Donnerstag, 23. Mai 2013

Quelle nostalgischer Erinnerungen

1. Bundestreffen der Banater Blaskapellen und Volksmusikorchester

Ingolstadt, 29. Juni 1991, 10 Uhr. Die Original Donauschwaben unter der Leitung von Jakob Konschitzky eröffneten mit Jakob Parzellers Walzer "Erinnerung an Herkulesbad" die zweite musikalische Veranstaltung der Kultur- und Heimattage der Banater Schwaben in Bayern. Ließen am Vorabend der Schubertchor und das Banater Kammerorchester die Spitze der deutschen Musikpyramide des Banats in ihrem vollen Glanz erstrahlen, so sollte dieses Bundestreffen der Blaskapellen und Volksmusikorchester den Beweis erbringen, daß die Solidität der Pyramidenbasis, die - wie überall in der Welt - auch im Banat von der Volks- und volkstümlichen Musik getragen wurde, nichts von ihrer Schöpfer- und Wiedergabekraft eingebüßt hat.
Zwei Blaskapellen und vier Volksmusikorchester haben durch ihr hervorragendes Musizieren die Erwartungen der Organisatoren und der zahlreichen Zuschauer im Festsaal des Stadttheaters weit übertroffen. Zusammen mit den zum Auftakt blasenden Original Donauschwaben entfachten die Original Banater Schwabenkapelle (Leitung Mathias Mittler), die Original Temeschtaler Musikanten (Richard Dobner), die Enztäler Musikanten (Franz Hoffner), die Rosenkavaliere (Anton Hollich) und die Original Jahrmarkter Musikanten (Sepp Tritz) ein wahres Feuerwerk altbekannter und neuer Melodien.
Die Jury, die eigentlich neben ihrer beratenden Rolle auch einen Preisträger dieser Veranstaltung ermitteln sollte, konnte sich nach langwieriger Diskussion nicht dazu durchringen, einen "Sieger" zu küren. Die letztendlich gefundene Lösung, den Original Jahrmarkter Musikanten, stellvertretend für alle beteiligten Kapellen, eine Belobigungsurkunde auszuhändigen und Anton Hollichs Rosenkavalieren den Preis des Kulturreferats der Landsmannschaft zu überreichen, während alle Mitwirkenden gleichmäßig an dem materiellen Preis beteiligt wurden, zeugt von dem großen Verantwortungsgefühl, das die Juroren in diese Entscheidung mit eingebracht haben. Die bekannten Banater Komponisten Josef Schmalz und Franz Watz, der im In- und Ausland ein sehr gefragter Fachmann für Musikwettbewerbe ist, sowie der Vorsitzende des Kreises Banater Musiker, Dirigent des Banater Kammerorchesters und allseits anerkannte Organist Franz Metz haben durch die Wahrnehmung ihrer Aufgabe als Jurymitglieder bewiesen, daß dem Wirken unserer aus dem Banat ausgewanderten Musikanten höchste Anerkennung gebührt. Der Kulturreferent der Landsmannschaft, Manfred Engelmann, stand den Juroren bei deren Entschlußfassung mit Rat und Tat zur Seite.
Das Interesse des anwesenden Reporters vom Bayerischen Rundfunk für diese Veranstaltung im allgemeinen und für die Rosenkavaliere im besonderen erbringt einen weiteren Beweis für die Qualität der aus dem Banat stammenden Blas- und Volksmusikorchester.
Angenehm viele der zu Gehör gebrachten Kompositionen und Arrangements stammen aus der Feder Banater Musiker. Während Namen wie Josef Schmalz und Franz Watz in diesem Zusammenhang bereits als selbstverständlich empfunden werden, ist es umso  erfreulicher, daß junge Landsleute ihre musikalische Kreativität in Partituren und Auftritte umsetzen. Namen wie Mathias Mittler, Jakob Konschitzky, Richard Dobner, Franz Hoffner, Norbert Weber, Franz Ihm, Horst Schuster, Anton Hollich und Sepp Tritz zeigen, daß in vielen Kapellen die Weichen für die Zukunft richtig gestellt sind.
Was sich vor den Augen und Ohren der Zuschauer abspielte, war für Herz und Seele labender Balsam und oft auch Quelle nostalgischer Erinnerungen. Was sich aber hinter den Kulissen tat, war das grandiose Spektakel des Wiedersehens von Menschen, die viele Stunden, Tage und Nächte auf den Bühnen ihrer Banater Dörfer und Städte verbracht haben, um ihren Landsleuten das Leben zu verschönern, und heute verstreut über ganz Deutschland durch ihr mitgebrachtes musikalisches Können neue Freundschaften knüpfen. Das Konkurrenzdenken ist eine Qualität fördernde Notwendigkeit des Musikgeschäfts, mit für Außenstehende oft schwer verständlichen oder auch kaum wahrnehmbaren positiven und auch negativen Begleiterscheinungen. Die einmal geknüpften Freundschaftsbande sind um so inniger und bewegender. In den Kulissen des Ingolstädter Stadttheaters verloren diese Grundsätze des Musikbetriebes ihre Konturen. Sie verwischten sich gegenseitig. Das Sich-Treffen ließ nur mehr den schönen Erinnerungen Raum.
Original Jahrmarkter Musikanten
Ltg.: Sepp Tritz (rechts kniend)
Sechs Kapellen waren die Botschafter des Musiklebens vieler Banater Dörfer. Ihre Mitglieder stammen aus Blumenthal, Bakowa, Betschkerek, Glogowatz, Jahrmarkt, Johannisfeld, Königshof, Lowrin, Neupetsch, Schanderhaas und Wetschhausen. Aber auch Musikanten aus Siebenbürgen, Baden-Württemberg und Bayern waren mit von der Partie.
"Musik kennt keine Grenzen." Der Ausspruch ist zwar sehr strapaziert, bewährt sich aber immer wieder und ließ auch bei dieser Veranstaltung drohende Wolken am heiteren Himmel der Töne gewitterlos vorbeiziehen. Pannen? Wie könnten sie bei einer Veranstaltung solcher Ausmaße fehlen? Die Original Jahrmarkter Musikanten standen kurz vor ihrem Auftritt und ihr Schlagzeuger stand irgendwo im Stau auf der A 9. Trotzdem keine Hektik, denn der Schlagzeuger der Enztäler Musikanten stand schon Gewehr (Trommel) bei Fuß, nicht nur, weil er in Jahrmarkt sein Musikhandwerk erlernt hat.
Es sind schon wackere Kerle, diese Musikanten. Die Disziplin, die sie an den Tag legten, war beeindruckend. Bühne rauf, Bühne runter, Standkonzerte, Aufmarsch, Kundgebung, Gottesdienst und dazu noch eine abendfüllende Tanz- und Musikdarbietung. Und immer wieder musikalische Höchstleistungen. Sie haben durch ihren bestechenden Teamgeist, ihre Offenheit und ihre bemerkenswerte Flexibilität das 1. Bundestreffen der Banater Blaskapellen und Volksmusikorchester zu einem wahren Musikfest gemacht und haben so einen wesentlichen Beitrag zum guten gelingen der Kultur- und Heimattage der Banater Schwaben in Bayern geleistet. Dafür gebührt ihnen allen höchste Anerkennung und der besondere Dank der Landsmannschaft der Banater Schwaben.
In den folgenden Ausgaben unserer Zeitung werden wir alle teilnehmenden Kapellen dieser Veranstaltung in der Reihenfolge ihres Auftrittes vorstellen.
Anton Potche
aus BANATER POST, München, 5. August 1991

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen